Kapitel 12

75 1 0
                                    

Ich klopfte an der Tür und wartete.
"Name und Anliegen?"
"Y/N und das Anliegen weis ich selbst nicht so richtig."
"Komm rein!"

Ich betrat den Raum, schloss die Tür hinter mir und sah Levi, wie typisch auf seinem Stuhl sitzen. Sein Kopf war durch den Papierkram kaum zu erkennen.
Ich blieb regungslos stehen und sah ihn an.
Sein Kopf hob er nun endlich hoch und sah mich verwirrt an.

"Warum kommst du nicht näher und setzt dich hin? Du musst nicht wie gelähmt in der Tür stehen bleiben."

Ich setzte mich, war jedoch immernoch still.

"Du sagtest, du weist nicht, was dein Anliegen ist? Warum bist du dann hier her gekommen?"

Unwohlsein machte sich in meinem Körper breit.

"Y/N, gehts dir gut? Du bist etwas rot geworden?"

'Mist, das wollte ich eigentlich vermeiden. Warum bin ich jetzt überhaupt hier her gekommen?', dachte ich mir. Meine Gedanken machten mich verrückt.

Levi schien meine Unsicherheit zu bemerken und kam auf mich zu.

"Komm mit, ich möchte dir etwas zeigen.", sprach Levi zu mir.

Er nahm meine Hand und führte mich mit nach draußen.
Bei dem Gedanken, dass wir gerade Händchen halten, wurde ich noch roter. Ich sah bestimmt aus, wie eine Tomate. Mein ganzer Körper kribbelte.

Wir gingen eine Weile spazieren, unterhielten uns jedoch nicht. Meine Hand ließ er immernoch nicht los.

An einem kleinen See angekommen, gab er mir das Zeichen, dass ich mich setzen soll. Das tat ich auch und Levi setzte sich neben mich.

Wir genossen die Stille. Ein sanfter warmer Wind zog über das Wasser. Es sah traumhaft schön aus.

Levi legte sich nach hinten und sah die Sterne an. Da sie sich schon so schön im See spiegelten, legte ich mich auch mit auf die Wiese, um in den Himmel zu sehen.

Ich schloss die Augen und träumte vor mich hin.

(In Gedanken)
' "Sieh doch, Y/N, wie wunderschön die Sterne sind. Ich habe sie noch nie gesehen.", sagte eine weibliche Stimme.
"Sie sind genau so wunderschön wie deine Augen", sprach nun eine männliche Stimme.
"Ach, Levi. Bei Y/N, kannst du ja richtig romantisch sein", sagte eine weitere männliche Stimme.
"Hör auf mit dem Blödsinn, Furlan. Und du, Isabel, hör auf so dreckig zu lachen."
"Das war doch nur ein Spaß, Levilein. Musst ja nicht gleich so ernst werden."   '
(Gedanken zu Ende)

Mir standen die Tränen in den Augen.
Als Levi das bemerkte, legte er seine Hand an meine Wange.

"Ich erinnere mich wieder an etwas. Wir saßen damals auf einer Mauer und sahen uns die Sterne an. Das war so schön. Sie funkelten in Isabels Augen. Du und Furlan waren auch dabei. Aber was davor und danach war, weis ich immernoch nicht."

"Das kommt schon noch, mach dir keine Sorgen. Ich bin gerade sehr froh, dass mein Plan aufging. Vielleicht finde ich noch mehr, was bei dir Erinnerungen auslösen kann.
Ich bin so glücklich."

Ich lächelte durch Levi's Worte und sah ihn an. Er lächelte auch. Sowas habe ich bei ihm noch nie gesehen. So herzlich wie eben, war er noch nie. Es lässt ihn also immernoch keine Ruhe, dass ich mich nicht an alles erinnern kann.

"Hey, Y/N, darf ich etwas machen?"

"Ä-ahm... Ja, äh, w-was möchtest du denn machen?", stotterte ich vor mich hin.

"Schließ die Augen"

Auf seine Worte hin, schloss ich also die Augen. Ich vertraute ihm.
Einen Augenblick später merkte ich seine Lippen auf meiner Wange.
Wieder durchzog mich ein kribbeln. Er entfernt sich wieder und die geküsste Stelle wurde sehr kalt. Es fühlte sich gerade zu gut an.
Ich öffnete meine Augen und sah Levi an. Nervös sah er zur Seite.
"T-tut mir leid."

'Hat er gerade gestottert?'

"Das wars wohl schon?", antwortete ich provozierend. Levi sah mich, leicht erschrocken über meine Frage, an.

Ohne zu zögern, nahm er seine Hand, legte sie hinter meinen Kopf und zog mich in einen richtigen Kuss.

Wie lange wir so saßen, wusste keiner. Es war einfach zu schön. Keiner wollte sich von dem Kuss trennen, doch wir mussten uns wieder lösen, da wir langsam Luftnot bekamen.
Traurig, entfernten wir uns voneinander und sahen uns nur noch in die Augen.

"Du bist so wunderschön, Y/N. So viele Jahre habe ich auf diesen Moment gewartet."

Ich lehnte mich an ihn an und wir genossen noch ein wenig die Sterne, die im See glitzerten.
Mir wurde langsam kalt und so beschlossen wir, dass wir wieder rein gehen.
Auf dem Weg zitterte ich und so legte Levi mir seine Jacke um.

Vor meinem Zimmer stehend, guckten wir uns noch einmal an.

"Gute Nacht, Y/N."
"Gute Nacht, Levi. Schlaf gut."
"Du auch."
Und so gab er mir noch einen Kuss auf die Stirn und verschwand in seinem Zimmer.

Ich ging in mein Zimmer, legte mich aufs Bett und roch an seiner Jacke. Hmm... Sie riecht nach frischen Kräutern. Levi liebte seinen Tee...

So schlief ich auch schon ein.

(In Gedanken)
'  "Y/N, rette dich!", rief eine weibliche Stimme zu mir. Doch ich konnte mich nicht von der Stelle bewegen.
Eine weitere, diesmal männliche Stimme war noch zu hören. "Pass auf dich und Levi auf!" '
(Gedanken zu Ende)

Schweißgebadet wachte ich aus dem Traum auf. Mein Kopf tat wieder weh.

Es waren definitiv Isabel und Furlan. Erneut schoss mir diese Erinnerung in den Kopf.

Ich zündete mir eine Kerze an und wackelte in die Küche, um mir einen Tee zu machen. Ich schlich mich durch die Gänge, bis ich angekommen war, machte das Wasser heiß und brühte mir den Tee auf.

"Kannst wohl nicht schlafen?"
"Mensch, Levi, du hast mich erschreckt."
Auf eine Antwort wartend, sah mich Levi an.
"Nein, ich hatte einen Albtraum und Du?"
"Kann ich verstehen. Ich auch. Was hast du denn geträumt?"

Ich erzählte ihm von meinem Traum mit Isabel und Furlan.

"Ich weis einfach nicht mehr weiter. Ich kann mich nur an die Stimmen erinnern und nicht mehr an das, was war."

"Das kommt noch, hab Geduld.", sagte Levi und zog mich in eine Umarmung.

"Ich will aber jetzt wissen, was passiert ist. Wieso sind sie gestorben? Wieso riefen sie mir das zu?" Ich stieß ihn von mir weg, worauf hin er laut ausatmete.

"Na gut. Ich habe mir zwar geschworen, dass ich dir das nie erzählen werde, aber ich denke, es wäre das Beste für dich, dass du die Wahrheit kennst."

Levi erzählte mir vom Anfang im Untergrund, bis hin zu dem Tag, wo die Beiden gestorben sind alles. Wir saßen fast die ganze Nacht in der Küche. Ich weinte so viel. Ich konnte es auch nicht glauben, dass Erwin mich wegen dieser Vergangenheit angelogen hatte.

'Immerhin kenne ich jetzt die Wahrheit.'

"Es tut mir leid. Ich konnte es dir einfach nicht eher sagen. Ich wusste, wie sehr es wehtun würde. Es war so grausam, als ich zu euch gekommen bin. Ich dachte, dass ich euch alle drei verloren hatte. Als ich sah, dass du noch am Leben warst, hatte ich dich so fest umschlungen. Es stand so schlecht um deine Gesundheit. Jeden Tag war ich da und hoffte, dass du mich eines Tages wieder anlächeln würdest. Aber als deine erste Frage -Wer sind Sie und wo bin ich?- war, blieben mir die Worte weg. Es tat so weh, dass du alles vergessen hast. Das du uns vergessen hattest. Ich wusste, dass es nicht deine Schuld war. Ich dachte auch, dass es wahrscheinlich das Beste für dich war, das alles zu vergessen. Daher hab ich es nie übers Herz gebracht, mit dir darüber zu reden."

"Levi..." Mehr konnte ich nicht mehr sagen.

Die Tränen wurden immer weniger und ich wurde immer leiser und müder.
Ich spürte noch ein Wenig, dass ich hochgehoben und weggetragen wurde.
Nach einem Kuss auf die Stirn schlief ich wieder ein.

Fremde Zeit (LevixReader)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt