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Du drehst deinen Kopf und siehst der langsam wandernden Sonne hinter den Vorhängen zu. Tatsächlich hast du gehofft einschlafen zu können. Wie töricht. Als hat es jemals in der Vergangenheit funktioniert. 

Noch einmal drückst du das Gesicht in das weiche Kissen und die seidigen Laken. Rans ganz spezieller Geruch hängt überall im Zimmer und lässt dich fast vergessen, wie müde du bist. Schließlich stehst du auf, auch wenn du nicht weißt was du mit dir anfangen kannst. Vielleicht suchst du einfach den Motorradschlüssel von jemandem und fährst nach hause um Schlaf nachzuholen. 

Du drehst eine Haarsträhne um deinen Finger, dann tappst du durch das Zimmer. Kleidung hängt ordentlich über einer offenen Kleiderstange, direkt darunter Schuhe und darüber Schals und Handschuhe. Probeweise schlüpfst du in einen hinein und wirst dir schlagartig bewusst wie groß seine Hände doch sind. 

Überlegend greifst du in deinen Nacken, ziehst peinlich berührt den Handschuh wieder aus und ordnest einige Dinge die verstreut auf dem Boden liegen. Du faltest die Bettdecke und streichst alles glatt, dann verlässt du das Zimmer. Fast hoffst du, bereits Stimmen zu hören, doch außer leisem Schnarchen ist nichts weiter zu vernehmen. 

Vorsichtig öffnest du die Badezimmertür und kramst nach etwas Mundspülung und einer Bürste. Ohne erbarmen kämmst du die kleinen Knoten heraus und flechtest sie schließlich zu einem lockeren Zopf, der über deine Schulter hängt. Ran wird es schon verkraften, wenn er du ein Haargummi stibitzt. Oder zwei, drei. Die gehen sowieso so schnell verloren, dass man in regelmäßigen Abständen neue besorgen muss.

Du tänzelst weiter und bleibst hinter der Sofalehne stehen. Das Gummi um dein Handgelenk drehst du nachdenklich. Dein Blick fällt auf Sanzu, der umgeben von seinen hellblonden Haaren in einer merkwürdigen Position vor sich hin schnauft. Es wird dich nicht wundern, wenn er mit heftigen Rückenschmerzen aufwacht bei der ungelenken Akrobatik die er vollführt. Dabei ist eine Hand entspannt in seiner Boxershorts vergraben und du wendest dich mit hochgezogenen Augenbrauen ab.

An der anderen Seite liegt Ran, an die Armlehne gedrückt um dem anderen bloß nicht zu nah zu kommen. Mitleid breitet sich in deinem Inneren aus, dann grinst du diabolisch. Besser er als du. Du nimmst eine seiner Haarsträhnen und begutachtest den abwechselnden Verlauf von schwarz und blond. 

Deine Augen erblicken sein schlafendes Profil. Seine harmonischen Gesichtszüge fesseln dich. Seine geschlossenen Augen verbergen das intensive Violett, doch es hat sich bereits so in deine Gedanken gebrannt, dass du es problemlos unter allen anderen ausmachen könntest. In diesem kleinen Moment sieht er tatsächlich friedlich aus, fast schon süß und unschuldig, wenn man sein hinterhältiges Grinsen nicht kennt.

Langsam hebt und senkt sich die Bettdecke bei jedem Atemzug und ganz unbewusst streicht dein Finger über seine Wange. Nicht mehr wie ein Windhauch, doch er schmatzt wohlig im Tiefschlaf. Dann erstarrst du, drückst deine Hand an die Brust und läufst schnellen Schrittes aus dem Wohnzimmer in die Küche. Wo ist nur deine Beherrschung hin? Vielleicht solltest du zurück gehen und ihm eine verpassen. Einfach so, um dir zu beweisen wie nervig er eigentlich ist mit seiner überheblichen Art.

Du öffnest den Kühlschrank und kennst die gähnende Leere von deinem eigenen. Nachdenklich nimmst du die Eier heraus und suchst in jeder Schublade nach Reis. Mit einem gewaltigen Ohrwurm von gestern, tänzelst du weiter und stockst immer wieder bei der selben Stelle. Vielleicht würde er verschwinden, wenn du den fehlenden Songtext kennst, doch das ist nun ausweglos und die abgehakte Melodie begleitet dich. 

Der Reiskocher erwärmt sich langsam, die Eier schlägst du ungeschickt in eine Schüssel um anschließend mit einem Stäbchen dutzende Schalenreste herauszufischen. Jedenfalls gelingt dir das verquirlen weitestgehend, wenn man all die Spritzer außer acht lässt. 

∘°ෆ 𝑪𝒐𝒍𝒐𝒓𝒇𝒖𝒍 𝒗𝒊𝒐𝒍𝒆𝒏𝒄𝒆  ෆ°∘Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt