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Anstatt bei den anderen zu bleiben gehst du direkt in Rans Zimmer. Er folgt dir mit einem schelmischen Grinsen bis du dich im Türrahmen umdrehst. ''Ich will nur schlafen'', die Worte kommen schärfer über deine Lippen als beabsichtigt und du tippst ihm versöhnlich gegen die Brust. ''Das war alles ziemlich viel heute und ich hab noch nicht alles verarbeitet. Jedenfalls geht es meiner Nachbarin gut.''

''Willst du alleine sein?'', fragt er nach einer kurzen Pause, heftet seine violetten Augen auf dich, die dir immer wieder den Atem rauben. 

''Weiß nicht, denke schon'', gibst du zu. Abgesehen von den kreisenden Gedanken die so widersprüchlich in deinem Kopf spuken wie ein warmer Sommertag mit Schneegestöber fühlst du dich ausgelaugt. Auch die Verletzungen, obwohl sie einige Tage alt sind, schmerzen immer mehr anstatt abzuflauen. Es ist, als hast du eine Grenze überschritten, Mauern eingerissen die du lieber unberührt gelassen hättest.

Rans Finger streifen flüchtig über deine Wange, senden einen elektrischen Schauer durch deinen Körper der anziehend und beängstigend zugleich ist. ''Mhm, alles was du willst'', er schiebt sich an dir vorbei ins Zimmer, lässt dich mit verwirrt gehobener Augenbraue zurück. 

Gerade als du aufbrausen willst was ihm einfällt, holt er etwas aus dem Schrank. Du benötigst keinen Blick darauf um zu wissen was es ist und dir schießen in Sekunden schnelle die Tränen in die Augen, verschwimmen deine Sicht als du eine zitternde Hand ausstreckst um es an dich zu reißen.

''Das hast du doch gesucht, oder?'', flüstert er und sieht zu wie du das abgegriffene Plüschtier mit den vielen Nähten fest an die Brust drückst. 

Wenn du antwortest wird deine Stimme brechen also nickst du nur langsam und schließt die Augen um das Gefühl über dich schwemmen zu lassen, das dir dieses Kuscheltier schon immer gegeben hat. Ein verwirrendes, von dem du Abhängig bist und nur mit ihm ruhe findest.

''Wusste doch, dass das Ding wichtig ist'', obwohl seine Worte desinteressiert klingen, schwingt Besorgnis im Ton und Neugier die du jetzt nicht stillen kannst und vielleicht nie wirst. ''Ich lass dir etwas Zeit Prinzessin, aber ganz sicher nicht die ganze Nacht. Du kannst nicht erwarten, dass ich nach all dem noch länger von dir getrennt bleibe.''

Du schluckst seine Worte herunter, lässt seine Hände über beide Wangen fahren bevor sie verweilen. Der Druck erhöht sich. Nicht unangenehm, aber so fest dass du spürst wie schwer es ihm fällt auch nur einen Raum entfernt zu bleiben.

Wirst du je wieder einen Schritt alleine machen können? Du weißt ja nicht mal was du willst und ob das alles richtig ist was passiert. Er soll sich nicht binden, obwohl alles in dir danach schreit dich von ihm mitreißen zu lassen.

Als die Tür ins Schloss fällt schlüpfst du in ein anderes Shirt und rollst dich so fest in die Decke, dass du dich fast nicht mehr bewegen kannst. Nur der angenehme Geruch von Ran hilft dir, die Tränen zurückzuhalten als die Anspannung langsam von deinem Körper fällt. Doch etwas fühlt sich falsch an. Etwas, das du nicht bedacht und noch nicht greifen kannst bringt deinen Magen zum rumoren.

Sekunden werden zu Minuten und zu Stunden in denen du bedächtig über das abgegriffene Plüschschaf streichst und an die Wand starrst. Du hast das allein sein gebraucht, jedenfalls für den Moment obwohl sich deine Gedanken nicht sortieren können.

Mit einem langem Seufzen wickelst du die Decke um deine Schultern und tappst zur Tür. Gerade als du die Hand nach der Klinke ausstreckst, öffnet sie sich einen Spalt. ''Jetzt?'', fragt Ran, mustert dich aufmerksam und du fragst dich ob er die nassen Spuren unter deinen Augen sieht. Wenn er es tut, lässt er sich nichts anmerken.

''Mhm'', murmelst du ohne den Mund zu öffnen und er schlüpft für seine Größe beeindruckend grazil durch den Spalt. Ein Vorteil wenn man nicht so bulky wie andere ist.

Du nimmst einige tiefe Atemzüge, lässt seinen frischen Geruch über dich schwemmen und einen fruchtigen direkt dazu. ''Tee?'', du siehst auf die dampfende Teekanne und eine leere Tasse, die er problemlos in einer Hand hält um die andere fest in deinen Nacken zu legen um dich näher zu ziehen.

''Wasser kochen zählt zu meinen Stärken'', seine Stimme strotzt vor Stolz, als hat er gerade das köstlichste Vier-Gang-Menü gezaubert das er dir nun präsentieren kann.

''Scheint deine einzige zu sein'', nuschelst du gegen seine Brust, verkneifst dir ein belustigtes Kichern das rau in deiner Kehle kratzt.

''Glaub mir, ich kann noch viele andere Sachen die du bald kosten kannst'', säuselt er, drückt deinen Nacken mit einer Intensität, die es dir heiß über den Rücken laufen lässt. ''Aber die haben nichts mit Kochen zu tun.''

''Ach?'', du hebst deinen Kopf, deine Stimme rutscht einige Töne tiefer als du verführerisch flüsterst. ''Also du denkst, du kannst mich haben?''

Deine Augen treffen auf seine in denen ein Feuer ausbricht, dass ihn schwer schlucken lässt. ''Oh Fuck'', murmelt er heiser in einen stockenden Atemzug hinein. Seine Finger graben sich in die weiche Haut in deinem Hals, drücken auf die pulsierende Ader darunter.

''Ja oder Nein?'', fragst du weiter, wirst durch seine Reaktion weiter angestachelt. Du reckst dich hoch, deine Lippen nur einen Hauch von seinen entfernt, deine roten Augen fest auf seine violetten gerichtet.

''Ja, alles'', er atmet schwer auf, die Finger fest mit deinen Haaren verworren ohne dich die letzten Millimeter näher zu ziehen.

Und es ist gut so.

Auch wenn du ihn necken willst, ist dir nicht nach mehr. Der kurze Rausch der dein Herz zum rasen bringt reicht dir. Ganz anders sieht es mit der generellen Nähe aus. Du kannst dich kaum selbst zurückhalten nicht in seinen Armen liegen zu wollen und du beißt ein knurren herunter als du dich umdrehst und zum Bett läufst.

Du beißt die Zähne aufeinander als er das Kissen auf den Boden legt, kannst dich jedoch nicht durchringen etwas anderes zu fordern. Stattdessen krallen sich deine Nägel in das weiche Plüsch und du trinkst den Tee schneller als gut für deinen Rachen ist.

''Sag einfach was du willst'', unterbricht er die Stille so abrupt dass du zusammenzuckst. 

Doch du kannst es nicht, lässt dich lieber von der inneren Wut auf dich selbst übermannen anstatt zuzugeben was du im Moment am meisten brauchst. Eine Schulter zum anlehnen, Wärme die nur er dir geben kann und Ruhe

Du bist müde.

Müde vom durchhalten.

Vom weiter machen ohne eine Auszeit zu bekommen.

Von dem ständigen treiben seine wünsche zu erfüllen.

Und dann ist da dieses kleine Gefühl, etwas das so unscheinbar ist wenngleich es dir den verschwommenen Schleier von den Augen reißt. Du hast immer nur dinge getan um ihm gerecht zu werden und jetzt weißt du auch warum es sich mit ran so beängstigend anders anfühlt.

Denn er ist es, der dinge tut um dir zu helfen ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Vielleicht schon etwas, aber das ist auf einer Gefühlsebene und nicht nur Dienstleistungen. Du zitterst, fürchtest dich vor dich selbst was es mit dir machen kann wenn du die macht völlig realisierst die du über ihn besitzt.

Wirst du genauso?

Bevor deine Gedanken weiter in einen dunklen Strudel gezogen werden, schließt der Haitani seine arme um deinen Unterbauch, drückt seinen Kopf so fest in deinen Magen dass es dir die Luft zum atmen nimmt nachdem sie in einem langen keuchen herausgeströmt ist.

Es fühlt sich gut an. Trotz der fehlenden Luft und dem Schmerz den er sie unnachgiebig auf deinen Körper ausübt fühlst du dich endlich im hier und jetzt. Und es ist besser, als die leere Hülle mit der du umher gewandert bist für so lange Zeit auch wenn sie..

Du schließt deine Arme um seinen Kopf. Ziehst ihn noch näher bis deine Organe keinen Platz mehr haben bevor du langsam durch seine langen Haarsträhnen fährst. Dich auf den Wechsel der Farben konzentrierst und Arme die immer noch fest um deinen Körper liegen.

Wenn er dich jetzt zerquetscht, wärst du einverstanden damit. Er kann dich in der Mitte zerbrechen. Solange er das letzte ist was du spürst hast du keine Angst vor dem was kommt.

∘°ෆ 𝑪𝒐𝒍𝒐𝒓𝒇𝒖𝒍 𝒗𝒊𝒐𝒍𝒆𝒏𝒄𝒆  ෆ°∘Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt