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Von dichten Bäumen umgeben, dringt die Straßenbeleuchtung nur bedingt durch und wirft noch tiefere Schatten in den Wald hinter ihm. Als der nächste Anrufversuch wieder missglückt, grunzt er genervt. Sein Blick liegt auf deinem geschundenen Körper in seinen Armen, die Schritte bahnen sich einen Weg durch das Unterholz. Wie schlecht kann eine Telefonverbindung sein obwohl sie sich fast im Herzen von Tokyo befinden?

Die versteckte Straße, geschlungen durch den Wald, ist ihm noch nie so lang vorgekommen. Minuten vergehen in denen sich nichts ändert, nicht einmal Autos oder Spaziergänger wagen sich um diese Uhrzeiten an die Ränder von Roppongi.

Er klemmt das Telefon zwischen Schulter und Ohr und versucht unermüdlich jemanden zu erreichen bis endlich die Ansage von einem Freizeichen abgelöst wird. ''Sir-'', setzt er an, wird jedoch von der barschen, dominanten Stimme unterbrochen. Einige Sekunden lässt er das Grollen und Fluchen über sich ergehen, nicht fähig seinem Boss zu widersprechen, doch der schwache Atem lässt ihn seinen Mut fassen. ''Sir- Sir! Ich hab sein Mädchen.''

Stille entsteht am anderen Ende und er denkt, dass der Anruf unterbrochen ist durch die schlechte Verbindung im dichten Wald oder durch die Leitungen der Züge und Schnellbahnen. Dann hört er ein erleichtertes Seufzen, Stimmengewirr und die Order dich auf direktem Weg zurück zu bringen.

Gerade als er den Wohnblock erreicht, hält ein Motorrad mit quietschenden Reifen vor ihm. Der Fahrer springt ab, lässt die Maschine achtlos auf den Boden fallen und schließt die Arme um deinen reglosen Körper. Hinter ihm halten zwei weitere, weniger hektisch aber mit einem ähnlich besorgten Ausdruck im Gesicht.

''Panko'', sagt Rindou und klopft dem Mitglied auf die Schulter, den Blick starr auf deinen reglosen Körper gerichtet bevor er es schafft sich loszureißen. ''Erzähl mir später alles ganz genau, wir müssen los.'' Der angesprochene nickt, schiebt das Bike seines Bosses auf den Platz und das verbeulte hinterher.

Ran streicht beruhigend eine Haarsträhne aus deinem Gesicht. Du liegst weiterhin reglos auf dem Sofa, dick eingewickelt in Decken und den flauschigsten Kissen aus der ganzen Wohnung. Er weicht keinen Zentimeter von deiner Seite, befiehlt Sanzu lediglich dieses oder jenes zu holen damit er deine Wunden versorgen kann. ''Das wird wieder, Prinzessin'', murmelt er leise gegen deine Handknöchel, lässt seine Lippen federleicht auf den Verbänden verweilen. ''Und dann bring ich die Wichser um.''

Sanzu sieht besorgt von deinem schwarzen Haarschopf auf Rans Schoß zu Rindou, der mit verschränkten Händen auf dem Sessel sitzt, die Gedanken tief im nirgendwo verloren. Einzig seine Augenbrauen ziehen sich immer wieder wütend zusammen, spiegeln seine Ungeduld wieder untätig zu bleiben. ''Sanzu-'', setzt der jüngere Haitani an. ''Irgendne Ahnung?'' Außer einem Schulterzucken bleibt das Wohnzimmer still.

Flatternd schlägst du deine geschwollenen Augen auf, siehst nichts außer grelles Licht und kneifst sie wieder zusammen. Schmerz zuckt durch deinen Körper, Kälte lässt ihn plötzlich bibbern. Dann springst du auf. Alles dreht sich, doch deine Hände sind zur Abwehr erhoben als stehst du deinen Entführern erneut gegenüber. Als du die verschwommenen Umrisse erkennst, sammeln sich Tränen in deinen Augen bis sie überlaufen.

Jahrelang hast du alles unterdrückt, alles weggeschoben und verleugnet was dich belastet, was deine Schwächen zeigt. Du scheinst zu explodieren von all den Gefühlen die ungewohnt und beängstigend sind, doch auf eine gewisse Weise füllen sie dich mit Wärme und Zuversicht. Die Order nur zum Wohle der Auftraggeber, zum wohle von ihm zu handeln und dich selbst zu opfern wenn es sein muss, rückt in weite ferne.

''Ran'', presst du hervor. Deine Lippe platzt auf und füllt deinen Mundraum mit dem widerlichen Geschmack nach Eisen. ''I-Ihr seid sicher, ich hatte solche Angst um euch'', dein Kopf fällt nach vorne gegen seine Brust, seine Arme schlingen sich um deinen immer noch kühlen Körper, doch die Schmerzen sind für den Moment vergessen. Deine größte Sorge, das was dich angetrieben hat weiter zu machen, hat sich nicht bestätigt und sie sind sicher.

∘°ෆ 𝑪𝒐𝒍𝒐𝒓𝒇𝒖𝒍 𝒗𝒊𝒐𝒍𝒆𝒏𝒄𝒆  ෆ°∘Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt