Kapitel 22 - Unerwarteter Besuch

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Köperschemastörung (Dysmorphophobie) = Störung der Wahrnehmung des eigenen Körpers. Betroffene sehen sich selbst als viel zu hässlich oder dick bzw. die eigenen Körperteile als deformiert an. Auch, wenn dies objektiv betrachtet nicht der Fall ist.


POV – IZUKU – Eine Stunde zuvor


Aufgeregt schlug sein Herz gegen seine Rippen und unzufrieden sah er in den Spiegel, fuhr sich mit der Bürste durch die Haare, nur um sie eine Sekunde später wieder leicht zu verstrubbeln, damit er nicht wie geleckt aussah und alles natürlich fiel.

Obwohl er sich über den Filmeabend bereits die ganze Woche über freute, kickte seine Körperschemastörung heute extrem und sein eigener Anblick widerte ihn an.

Sein Binder drückte schmerzhaft und trotz des weiten T-shirts hatte er das Gefühl, dass seine Kurven viel zu offensichtlich zu sehen waren, nicht verdeckt werden konnten, egal was er trug.

Warum heute? Katsuki schien doch nun endlich zu verstehen, dass er ein Junge war und dann sah er diesen Anblick im Spiegel? Dabei wollte er heute doch gut aussehen... Izuku wollte weinen und nach seinem Abbild schlagen, alles zerstören, was ihm entgegensah und nicht dem entsprach, was da sein sollte. Warum war er biologisch nicht als Junge zur Welt gekommen? Er hasste alles, was er an sich sah, wenn er den Kopf nach unten neigte und er hatte das Gefühl, nie seinem Ideal näher zu kommen.

Trotz Einnahme des Testosterons traten die Veränderungen nur schleichend langsam auf und momentan hatte er das Gefühl, dass sich überhaupt nichts mehr tat, das er sich keinen Millimeter von der Stelle bewegte.

Vorsichtig fuhr Izuku mit der flachen Hand über seinen Brustkorb hinunter, sah die kleine Wölbung, die dabei unter seinem T-shirt entstand, als er über seinen Binder strich, und ließ den Kopf hängen, blinzelte mehrmals gegen die Tränen an. Warum gingen die Monate nicht schneller um? Er wollte endlich seine Mastektomie haben, den erstickenden Ballast loswerden und sich freier fühlen, richtig aufatmen.

Izuku wollte positiv denken. Sein Therapeut hatte ihm in solchen Momenten, wenn er wieder in alte Muster verfiel und nichts schönes, nichts liebenswertes an sich und seinen Körper erkannte, geraten, objektiv seinen Fortschritt zu betrachten, sich aufzuzeigen, was er bereits alles erreicht hatte und sich nicht darauf konzentrieren, was noch alles vor ihm lag und er im Moment (noch) nicht ändern konnte.

Er dachte an seine erste Therapiestunde zurück und wie aufgeregt er war, weil er den ersten Schritt getan hatte, der viel Mut erforderte und im Nachhinein so viele Glücksgefühle in ihm ausgelöste hatte, der ihm gezeigt hatte, dass er so viel erreichen konnte. Izuku hatte trotz der fehlenden Unterstützung seiner Eltern erreicht, dass er Testosteron verschrieben bekam, an der Uni seine richtige Uniform tragen durfte, als Junge angesprochen wurde. Neulich, als er mit Kirishima Shoto besucht hatte, hatten Fremde seine richtigen Pronomen verwendet und er hatte endlich Freunde gefunden, die ihn akzeptierten, wie er war. Wenn man es objektiv betrachtete, hatte Izuku bereits so viel gemeistert und sollte stolz auf sich sein. Natürlich gab es Tage, an denen auch er das alles sah, aber dann gab es auch wieder Momente wie diese, die ihn einfach aus der Bahn warfen...

Als sein Handy klingelte, schrak der Grünhaarige zusammen, löste den Blick von seinem Spiegelbild und schaltete den gestellten Wecker aus. Er war zwar eine viertel Stunde zu früh, aber Izuku beschloss, dass er bereits jetzt zu Katsuki gehen sollte, bevor ihn der Mut verließ und er sich von seinen eigenen Gedanken so niedermachen ließ, dass er sein Zimmer gar nicht mehr verließ.

Er schnappte sich die Tüte Chips, die er besorgt hatte, sein Handy und ging zur Tür, zog sich Schuhe an. Da Katsukis Zimmer direkt gegenüber seinem eigenen lag, hatte er es nicht weit, atmete aber noch einmal tief durch, bevor er anklopfte und nervös die wenigen Sekunden wartete, bis die Tür geöffnet wurde.

I AM IZUKU! - Bakudeku - TransIzukuWo Geschichten leben. Entdecke jetzt