Kapitel 18: Geister

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Die beiden waren an einer freien Ebene angekommen. Diese war eine der bekanntesten Stätten mit Steinmonumenten in Grand Storm. "Die verdammten Steinkreise", sagte Robert. "Mein Großvater und meine Eltern waren von den Dingern besessen. Mein Großvater war im Krieg in der Neuen Welt, dort hat er wohl Dinge gesehen oder gehört, von einem Schatz." "Was sollte das für ein Schatz sein? Hat er das erwähnt?", fragte Havoc. "Naja, er sagte, er sei wertvoller als Gold und Diamanten. Und es hatte wohl angeblich irgendwas mit diesen Steinviechern zu tun." Robert zuckte die Schultern: "Aber was der Schatz sein soll, weiß ich auch nicht. Hatter nie gesagt. Fragen können wa ihn nicht mehr. Er liegt auf dem Friedhof in Swanlake." "Vielleicht doch. Hat er sicher Spuren hinterlassen", überlegte Havoc,  "sagtest du nicht, deine Mutter hat im Haus Geister gesehen?" Robert nickte. "Vielleicht hat sie das Observatorium benutzt..." "Naja, sie ist verrückt gewesen." "Das eine schließt das andere nicht aus, Robert. Vielleicht konnte sie es nicht kontrolliert nutzen oder nicht ausschalten." Robert wusste nicht so recht, ob er das glauben sollte. "Willst du diese Tür aufstoßen?", fragte sie ihn. "Okay, aber meinst du, mein Observatorium ist gut genug?" "Wir werden sehen", erwiderte sie, "wir beginnen am Anfang." "Okay", antwortete Robert, "und wo soll das sein?" "Was denkst du, wo es sein könnte?" "In der Neuen Welt?" "Nun, es wird wohl etwas schwer, dorthin zu kommen", sagte Havoc und musste ein wenig lachen. "Richtig. Dann... wo ich gewohnt habe?" "Hm", überlegte Havoc, "dort hat auch dein Großvater gewohnt?" "Und mein Eltern", antwortete der Rote. "Das Haus steht noch, soweit ich's weiß." "Ernsthaft?", fragte Havoc, "Wo ist es?" "In Swanlake, am Stadtrand." "Los geht's!", rief Havoc bestimmt. 

"Wie weit ist es bis Swanlake", fragte Robert. "Von hier weiß ich es nicht genau. Und wenn, dann kann ich es dir nur in Laufzeit nennen." "Aber du findest hin?" "Natürlich, ich bin mein ganzes Leben in diesen Wäldern hier gewesen. Keiner kennt sie so gut, wie ich und natürlich meine Familie." "Hm, du gehst echt immer zu Fuß?", feigste Robert, "du weißt schon, dass eine Eisenbahn zwischen Lodea und Swanlake fährt?" "Immer zu Fuß, ich hab noch nie eine Bahn bestiegen." Robert kicherte manchmal über Havocs eigenartige Wortwahl, die so anders war, wie die der Kinder im Whiteground, obwohl sie nur ein paar Jahre älter war als er und viele, die er kannte.  "Wie groß sind die Wälder denn?", fragte Robert. Eine naive Frage. "Wie soll ich das beantworten, Robert?", fragte sie. "Naja, Lodea ist groß...", begann Robert. "Ja, eine große Stadt. Viel Fläche, aber auch teilweise dicht besiedelt. Aber die Wälder im Süden Grand Storms sind viel größer. Wahrschein wie hunderte Lodeas." "Wenn du's sagst", sagte der Rote und merkte, dass Havoc ihn ein wenig sauer anschaute, als hätte er ihr ihre Expertise abgesprochen, obwohl er das gar nicht vorgehabt hatte.  "Ein paar Tage werden wir brauchen", ergänzte sie.

Die Zeit im Wald war so anders im Gegensatz zum Trubel in Lodea. Robert dachte auch noch Monaten im Wald noch öfter an Lodea und natürlich seine Freunde dort. "Es gibt wieder einen Sturm, es wird sehr kalt, wir werden in Swanlake einen Mantel und Decken besorgen." Sie sah, dass Robert bereits sehr froh war. "Dein Aegis reicht noch nicht aus, aber es ist ein gutes Training."

Als die beiden in Swanlake ankamen, war Robert sehr komisch zu Mute. Er war, seitdem er vor Jahren nach Lodea gekommen war, nie wieder hier gewesen. "Wie ist es?", fragte Havoc ihn. Er schaute sich nur um. "Wie geht es dir nun?" "Mir ist kalt", antwortete er. "Schon klar, ich meinte eher mit deinen Gefühlen konfrontiert zu sein", versuchte sie eine Antwort aus ihm zu locken. Sie gingen weiter, die Straßen waren schön, aus dickem Kopfstein gepflastert. Durch die Lage am großen See hatte die Stadt den Charme eines Fischerdorfes gepaart mit Stadt. Aber wenn man Lodea kannte, dann war es sicher eher einem Dorf ähnlich. Viel ruhiger. Die Bauwerke und Straßen und die Kleidung der Menschen wirkten älter. "Ist nicht schön, fühlt sich nicht gut an, Havoc", sagte Robert nun. "Erinnerungen?" "Hier lang", sagte er. Eine ruhige Straße ging in einen Weg über, der zu einem bewaldeten Garten führte. "Cubric Manor?", las Havoc vor. Das stand auf einer Tafel am Eisentor. Man sah durch das Tor einen Weg durch eine ehemalige Gartenanlage, die aber natürlich vollkommen verwildert war, einen alter Springbrunnen in einem runden Teich und schließlich den Eingang des Hauses, mit einem Balkon überdacht. Die vier Ecken des Hausen waren turmartig erhöht und standen ein wenig heraus. Das Haus war zweistöckig. Es war typisch rötlich mit einem ebenfalls rotbraunen Dach. 

"Das ist es"?", fragte Havoc. Robert nickte und schien in Erinnerungen zu sein. "Ist echt schön. Deine Eltern sind verstorben, richtig?" "Naja, mein Vater ist in der Neuen Welt verschollen... aber ja", antwortete Robert. "Wem gehört es dann heute?" "Es gehört mir", sagte er. Havoc schaute überrascht. "Du bist also das einzige Straßenkind in Lodea, das ein gigantisches Haus besitzt?" Das fand Robert zwar witzig, ihm war allerdings nicht zum Lachen zu Mute.

Die beiden liefen durch den verwilderten Garten. Die Haupttür war verschlossen und Robert wusste nicht, wo der Schlüssel war oder ob er noch existierte. Er kletterte auf den Balkon über der Eingangstür. Die alten Eisenstreben knarrten. Er kletterte auf eine der Fensterbänke und drückte mit einigem Kraftaufwand das alte Fenster auf. "Geht es? Kommst du?", fragte er. Aber er kannte ja bereits Havocs Geschicklichkeit. Sie kletterte sehr gekonnt durch Bäume und auch dies war kein Problem für sie. Die beiden hüpften in das Zimmer hinein.

"Los geht's, Robert. Was ist das für ein Zimmer?" Der Rote antwortete ihr nicht auf die Frage, er schaute sich einige Minuten um. "Dort", sagte er und ging aus dem Raum heraus. Havoc folgte ihm. "Was siehst du?" "Einen Geist, wie du gesagt hast." "Solche wie ihm Wald?" "Ja, genau." "Das sind Erinnerungen", erklärte Havoc, "sie sind an diesen Ort gebunden." "Der Junge will uns etwas zeigen", sagte Havoc, "Folge ihm, konzentriere dich auf den Weg, den er nimmt. Er führt uns." "Dort war mein Kinderzimmer", sagte Robert. Der geisterhafte Junge versteckte sich in seinem Kinderzimmer hinter der Tür, sodass er in den großen Flur sehen konnte, von dem die Türen im ersten Stock abgingen. "Bist du der Junge?", fragte Havoc. "Ja, aber ich erinnere mich an diese Situation nicht." "Schau, wie klein du bist..." In dem Moment kam jemand die Treppe herauf. Die geisterhafte Silhouette eines alten Mannes. Er lief auf einen Eckraum zu. Der kleine Robert schaute seinem Großvater nach. Dieser öffnete den Raum in der Ecke und verschwand darin. Das Kind lief ihm nach. Robert und Havoc folgten der Spur der Geister in den Raum. Doch dort war nur noch der Junge. Er schaute sich um und hatte Tränen in den Augen. "Was hat er?", fragte Havoc. "Schau, er sucht seinen Großvater...", sagte Robert. Er schaute sich um. Der Raum war eine Biblothek, eine Art Arbeitszimmer. "Er ist weg", stellte Havoc fest. "Hab ich auch schon gemerkt, aber ich erinnere mich daran nicht..." "Du findest ihn, folge dem Geist deines Großvaters. Robert konzentrierte sich auf sein Observatorium, schob ein Regal zur Seite und dort war eine schmale Tür mit einem alten Schloss. "Du bist ein talentierter Junge, Robert", sagte Havoc. "Ich nehme an, wir suchen nicht nach dem Schlüssel?" Der Rote trat auf die Tür ein, brach dann ein Stück heraus und schlüpfte hindurch. In dem Raum war eine schmale Leiter zum Turm. Dort oben lag ein kleiner Raum versteckt. Der Geist des Großvaters schaute hier in Dokumente. "Wir haben es gefunden. Lass uns schauen, was hier so wichtig war", sagte Havoc. In den Dokumenten des Großvaters fanden sie Symbole. Ein rautenförmiges Symbol schien für den alten Mann eine besondere Bedeutung zu haben. "Was ist das für ein Zeichen?" "Cubric.... wie Cubric Manor", antworte Robert, "Ich weiß, dass das Haus einmal anders hieß, bevor mein Opa es gekauft hatte." "Er hat es sogar nach diesem Symbol benannt?" "Meine Güte", sagte Havoc, "schau dir dies an: das One Piece ist echt. Dazu eine Zeichnung, eine Art Karte der Neuen Welt." "War mein Opa verrückt, Havoc?", fragte Robert. "Das glaube ich nicht. Ich kenne mich mit Karten nicht aus, aber das sieht mir zu gut gemacht aus für jemanden, der Wahnvorstellungen hat. Ich glaube, dein Großvater hat wirklich irgendetwas in der Neuen Welt gefunden, was ihn bis zu seinem Tode nicht losgelassen hat." "Der Schatz, One Piece, Laugh Tale, Nika, er hat viele Namen, blabla", las Robert und wieder, hier bei der Stelle mit dem Schatz, wieder das Zeichen. "Cubric", sagte Havoc.

Zielsicher lief Robert durch die Straßen am Stadtrand Swanlakes. Havoc folgte ihm. "Wohin gehen wir?" Robert zeigte nach einer weiteren Wegbiegung auf einen verwilderten Friedhof. "Oh, willst du deine Familie besuchen?" Robert sprang auf den Zaun und dann aufs Friedhofsgelände. Havoc ging einige Meter zu einem rostigen Eisentor und öffnete es. Sie hinterfragte aber nichts und Witze konnte Robert heute wohl auch nicht gut vertragen. "Früher klemmten die immer", sagte Robert, als beide am Grab standen. "Du warst ein Kind, Robert. Vielleicht warst du einfach zu schwach, sie zu öffnen. Warst du allein bei deinen Großeltern am Grab, nachdem sie verstorben waren?" "Natürlich", antwortete Robert, "ich war immer allein, nachdem sie tot waren. Bis ich von hier abgehauen bin." "Wo war deine Mutter?" Der Rote strich etwas Bewuchs vom Grabstein: James Berhath Kenway und Marie Kathlin Kenway. "Torfmoore. Dort ist sie auch gestorben." "Was ist Torfmoore?" "Hospital für Geisteskranke." Havoc war nun wirklich bestürzt und weinte. Robert weinte nicht. Aber Havoc hatte ihn auch noch nie so ernst und still erlebt. "Sie liegt dort begraben. Anonymes Grab. Ich durfte es dort mal besuchen als Kind." "Wie hieß sie?" "Rosa", murmelte Robert, "Rosalyn Sault. Dann natürlich Rosalyn Kenway. Und jetzt lass uns gehen. Ich werd nur traurig. Tschüss, Opa und Oma."

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