Prolog

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In einer schwülen Sommernacht ballten sich Gewitterwolken am Himmel. Die Luft war von ungeahnten Kräften geladen. Vielleicht fiel es den Menschen des Nordens nicht auf. Aber tief in den südlichen Bergen war die Welt in einer angespannten Unruhe. Tiere horchten dem gefährlichen Flüstern des Windes und die Bäume raschelten ihre Warnungen. Ihre Äste knarrten wie laute Seufzer.

Der Tod verweilte in den Schatten und huschte durch das Gestrüpp. Er verbarg sich hinter den alten Stämmen und achtete darauf nichts zu berühren. Wenn ein Blatt ihn beim Vorbeigehen streifte, verwelkte es schwarz. Der Ast und schliesslich das ganze Gesträuch verkohlte lautlos. Ein grauer Dampf stieg aus den verkohlenden Pflanzen empor. Er verwandelte sich in weissen Nebel, der verwehte und überall, wo die feinen Tröpfchen den Boden berührten, begann neues Leben aus der Erde zu sprießen. Die Natur glich den Tod mit dem Leben aus. Sie hatte für alles einen Gegenspieler erschaffen, um ihre Gesetze zu erhalten.

Das Gewand des Todes, welches in schwarzen Schleiern über den Boden glitt, raschelte, als er am Rand einer Lichtung stehen blieb. Gerufen von den Schreien verzweifelter Menschen, die aus den lodernden Holzhäusern liefen, um zu fliehen. Immer wieder landete eine brennende Feuerkugel in einem der Dächer und ein neues Haus ging in orangenen Flammen auf. Sie züngelten hungrig an dem Holz und verschlangen es.

Verzweifelt versuchten die Menschen den Flammen zu entkommen und verliefen sich im Rauch, der den Schleiern des Gewandes des Todes glich. Der Rauch war ein gutes Versteck für ihn.

Die vor dem Feuer Fliehenden wurden von Gestalten in dunklen Kutten abgefangen, sie versenkten ihre Messer in den Körpern und der lauernde Tod nahm ihnen den Atem.

Eine der Gestalten blieb stehen und sah in die Richtung, wo der Tod stand, als spürte sie seine Anwesenheit. Er war für die lebenden Menschen unsichtbar und doch spürten sie manchmal, wenn der Tod nahe an ihnen vorbeiging. Der Tod sah jedoch die Gestalt in der schwarzen Kutte. Sie stand noch immer regungslos da. Das Messer in der Hand war rot befleckt. Er sah das Gesicht unter der Kapuze und auch wenn es das Gesicht eines Menschen war, so hatte doch der Blick wenig Menschliches an sich. Die Augen der Gestalt waren ganz schwarz, sowohl die Iris als auch die Augäpfel waren dunkel. Der Tod seufzte, er kannte die Menschen und ganz besonders ihre Seelen und er wusste das die Seele dieser Gestalt verloren war. Er würde sie nicht ins Jenseits bringen. Sie war in der Dunkelheit anderer Mächte gefangen.

Diese Gestalten die unschuldigen Menschen in jener Nacht das Leben raubten, befolgten die Befehle ihres Herrn. Sie sollten eine Prophezeiung verhindern, doch machten sie diese wahr, als sie die Häuser in Brand setzten.

Eine junge Frau lief aus einem brennenden Haus, sie trug ein kleines Kind in ihrem Arm. Sie rannte durch die die Rauchschwaden, doch ein Feuerball traf sie in ihrem Rücken und sie sank zu Boden. Bevor ihre Kräfte sie ganz verliessen, legte sie das Kind vor sich auf die Erde und betrachtete es in ihren letzten Atemzügen.

Es lag da, friedlich als würde es schlafen. Sein Gesicht war von roten Locken umrahmt.

Wie die Mutter betrachtete der Tod das schöne und unglaublich zarte Geschöpf einen Augenblick, als er aus dem Schleier des Rauches auftauchte. Er beugte sich über die Mutter und küsste sie. Er hauchte in die Luft und aus seinen Atemwölkchen entstand ein grauer Falter. Der Nachtfalter setzte sich auf das Gesicht der verstorbenen Seele und erhob sich wieder in die Luft. Die Seele sah hinunter zu dem Mädchen und zögerte. Der Nachtfalter tanzte um sie. Zur Verwunderung des Todes hob sie den Kopf und folgte dem Falter, der sie in die jenseitige Welt führte. Der Tod sah ihr verwundert nach. Sie hätte auf ihre Tochter warten können, dachte er. Denn als er sich umdrehte, stand die Seele des Kindes neben seinem Körper und sah auf sich selbst hinunter. Das Mädchen war ebenfalls bereit diese Welt zu verlassen. Es sah den Tod an und er lächelte.

Die Schreie der Menschen waren verstummt und die Männer in den Kutten versammelten sich am Rand des Dorfes. Der Tod sah zu ihnen hinüber. Er nahm das Kind an die Hand. Kinderseelen führte er persönlich ins Jenseits, wenn er die Zeit dazu fand. Sie verirrten sich leicht auf ihrem Weg, wenn er sie sich selbst überliess.

Bereit zum Gehen, wandte er sich von dem Geschehen im Dorf fort. Doch plötzlich spürte er in seinem ganzen Wesen, dass er nicht mehr ungesehen war.

Eine weiß leuchtende Gestalt war auf der anderen Seite unter den Bäumen hervorgetreten. Es war eine Frau, die ebenfalls die Seele eines Kindes an der Hand führte. Das Herz des Todes verfinsterte sich bei dem Anblick der Frau. Doch ihre Erscheinung war so schön, dass er sich nicht abwenden wollte. Ihre Augen waren Grün und sie schienen zu strahlen. In sanften Wellen fiel ihr hellblondes Haar über ihre Schultern. Ihr weisses Gewand streifte das Gras unter ihren blossen Füssen. Die ganze Erscheinung leuchtete.

Der Tod und die weisse Frau schritten sich entgegen, die beiden Kinder an ihren Händen. Sie blieben nur wenige Meter voneinander entfernt stehen. Beide Kinder beobachteten die leuchtende Gestalt und den Tod. Ihre grossen Augen sogen die Bilder in sich auf.

Das Mädchen mit den roten Locken stand neben dem Tod. Sie streckte die Hand nach der leuchtenden Gestalt aus. Die Frau drehte sich um sich selbst und weisse Federn lösten sich von ihrem Kleid. Eine schwebte auf das Mädchen zu und es versuchte sie aufzufangen. Doch der Tod hauchte die Feder an und sie wurde rabenschwarz. Er lächelte. Die Frau seufzte leise.

Die anderen Federn hatten sich in Schmetterlinge verwandelt und tanzten um die Frau und das Kind an ihrer Hand herum. Es war ebenfalls ein Mädchen. Ein paar der Schmetterlinge setzten sich in ihre schwarz gewellten Haare. Das Mädchen lachte entzückt.

Wenn sich die Schmetterlinge dem Tod zu sehr näherten, fielen sie regungslos zu Boden.

Leise begann die weisse Frau zu sprechen. Ihre Stimme klang so schön, dass es sich beinahe so anhörte, als würde sie singen.

»Das letzte Mal ist lange her. Trotzdem möchte ich dir einen Handel vorschlagen und unsere Kräfte noch einmal vereinen.«

Der Tod nickte und lies die Hand des Mädchens los. Beide Kinder gingen aufeinander zu und blieben voreinander stehen.

Der Tod grinste, es war ein gefährlicher Handel und ein unterhaltsames Spiel und gerade deswegen willigte er in den Handel ein.

Die weisse Frau liess zwei der Federn ihres Kleides zu Silber erstarren. Der Tod fügte beiden Federn einen Tropfen Blut hinzu, den er in einen roten Rubin verwandelte. Die leuchtende Frau und der Tod vereinten ihre Kräfte und verliehen den zwei Mädchen Magie. Sie schenkten ihnen ihre Leben und jedem ein Amulett aus einer silbernen Feder und einem roten Rubin. Die beiden Wesen, die nicht unterschiedlicher hätten sein können, gaben den Menschen im Kampf gegen den Dämon Abbadon eine Waffe.

Nur die Zukunft würde zeigen, was die Menschen mit dieser Waffe anfangen würden. Mit diesem Handel zwischen dem Tod und einem Lichtwesen hatte eine uralte Prophezeiung begonnen.

Der Tod verstand nun, dass die Mutter des rotgelockten Mädchens gespürt haben musste, dass ihre Tochter nicht mit ihr kommen würde. Die Seele hatte deshalb nicht auf ihr Kind gewartet, sondern war ohne es ins Jenseits aufgebrochen. Sie hatte recht gehabt und er hatte sich getäuscht. Das Leben des kleinen Mädchens hatte erst begonnen.

Hallo zusammen:)
Ich freue mich wenn ihr die Geschichte lest und mir feedback gebt. Sagt mir gerne was ihr denkt (gutes und schlechtes, sowie Rechtschreibfehler).

Viel Spass beim lesen!

Runa: Chaos der ErinnerungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt