22 Roter Sand

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Runa lehnte sich an die Steinwand und schloss die Augen. Ihre Glieder schmerzten. Doch jeder ihrer Sinne waren geschärft. Sie fühlte jeden Luftstoss, roch die Feuchtigkeit und lauschte allen Geräuschen. Draussen hörte sie die Stimmen der Soldaten undeutlich sprechen, während sie sich entfernten. Ein paar Augenblicke war es still, bevor sie wieder Schritte auf sich zukommen hörte.

Zwei Soldaten blieben vor ihrer Zelle stehen. Sie sahen zu ihnen hinein und blendeten sie mit der Taschenlampe. Runa zitterte. War es so weit? Waren sie Schattensoldaten, die verhindern wollten, dass sie noch einmal zu Wort kam?

Sie fixierte ihre Augen und starrte sie an. Die Männer drehten sich um und stellten sich mit dem Rücken zu Zelle hin.

«Das wird eine lange Nacht.»

Der andere nickte.

Runa wartete. Nichts geschah. Sie standen reglos da, die Hände an ihren Pistolen beobachteten sie die Dunkelheit. Manchmal gingen sie ein paar Schritte hin und her. Ab und zu sprachen sie im Flüsterton miteinander.

Nach einiger Zeit hatte sich Runa entspannt und die Augen geschlossen. Offensichtlich bewachten sie die Zelle, um einen erneuten Ausbruch zu verhindern. Runa seufzte leise. Ihre Schultern entspannten sich. Heute würde ihr nichts mehr geschehen. Sie war zu müde, um sich vor der Hinrichtung zu fürchten. Irgendwie würde sie es sicher abwenden können. Sie musste nur klar machen, dass sie Abbadon besiegen konnte. Runa rutschte näher zu Rose. Sie schmiegten sich aneinander und lauschten dem regelmässigen Tropfen eines nassen Felsens.

Jemand schüttelte Runa. Sie öffnete die Augen. Wann war sie eingeschlafen? Es schien ihr vor nicht allzu langer Zeit zu sein. Doch vielleicht täuschte sie sich. Auf ihr Zeitgefühl konnte sie nicht mehr bauen.

Sie stand auf und war hellwach. Jede Muskelfaser war angespannt. Ihr Herz pochte. Die Hinrichtung stand bevor. Sie sollte getötet werden. Runa wusste, dass sie den Knebel loswerden musste. Ihr Mund fühlte sich wie Sandpapier an. Sie würgte, versuchte zu sprechen.

«hhhhhh»

Viel mehr kam nicht aus ihrer Kehle. Der Soldat wurde auf den Knebel aufmerksam und zog ihn ihr aus dem Mund. Runa räusperte sich.

«Danke.»

Der Mann beachtete sie nicht weiter. Sondern stiess sie vor sich aus dem Verliess die Stufen hinauf. Rose wurde von einem zweiten hinauf gezerrt. Runa stolperte über die Stufen. Tief sog sie die Luft in ihre Lungen. Langsam wurde ihr Mund wieder feucht. Ihre Glieder schmerzten.

Sie kamen an Abzweigungen mit breiten Höhlengängen vorbei. Breitgenug, um mit einem Auto hindurchzufahren. Auch ihr Weg war nun eher eine Strasse. Ein Lichtstrahl kam ihr entgegen. Sie hörte Rose leise seufzen. Wie lange war sie schon nicht mehr im Tageslicht gewesen?

Runa trat zum Höhlen Eingang. Ein grosser mit Sand bestreuter Platz lag vor ihr. An seinem Ende fielen die Felsen senkrecht hinunter. Neben ihr stiegen sie steil empor. Eine Strasse schlängelte sich zu ihrer Linken hinab. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, doch der Himmel färbte sich rosa. Vögel sangen leise ihre Lieder. Sie wussten nicht was den Gefangenen bevorstehen sollte.

Runa wurde zur Seite gezerrt, damit ein Wagen sie passieren konnte. Soldaten sprangen von der Ladefläche. Vorne stiegen zwei Herren aus. Die Uniform des Beifahrers war mit unzähligen glänzenden Abzeichen verziert war. Mit ihm musste Runa sprechen. Ihn überzeugen die Hinrichtung abzubrechen.

«Sir, sir», rief sie.

Alle Soldaten starrten sie an.

Der grauhaarige mit Abzeichen geschmückte Herr stand mit dem Rücken zu ihr gewandt. Er drehte sich eine Zigarette und schien nicht gemerkt zu haben, dass sie mit ihm sprach.

Runa: Chaos der ErinnerungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt