14 Im Nebel

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Sie stürmten in die Eingangshalle der Zentrale. Vier Männer standen dort und sahen sie an. Phil hob seine Pistole.

«Nicht so eilig.»

Runa erstarrte. Sie kannte diese Stimme. Ein fünfter Mann trat hinter den anderen hervor. Ein Lächeln glitt über sein Gesicht. Er hob die Hände.

«Denkt nicht dran uns zu töten, sonst gefährdet ihr Ragnas Leben.»

Runa schluckte. Sie starrte Corvin an. Ihr Gesicht war blass geworden. Was tat er hier? Sie dachte an ihre Flucht, als er sie vor dem Ministerium gewarnt hatte. Er hatte sie beschützt. Doch dann erinnerte sie sich an ihre Verfolger auf den Hypogriffen. Ragna hatte sich immer gefragt, wie sie ihre Fährte gefunden hatten. Runa gefror das Blut in den Adern. Nein das konnte nicht sein. Corvin hatte ihnen geholfen zu fliehen. Er hatte sie vor dem Ministerium gewarnt. Ein Schaudern durchlief Runas Körper, als ihre Gedanken sich überschlugen. Während ihrer Flucht nach Vira hatten die Hypogriffen sie nicht mehr gefunden. Erst in der Nacht, als sie wieder aufgebrochen waren, hatte der Himmel nur so von Schattensoldaten gewimmelt. Zu dieser Zeit war Corvin wieder bei Bewusstsein gewesen als die Wirkung des Opiums nachgelassen hatte. Runa erinnerte sich entsetzt. Wie Schuppen fiel es ihr von den Augen. War er der Grund gewesen, warum sie nichts mehr von Orell und dem Orden gehört hatten? Doch warum sollte er sie gewarnt haben? Plötzlich verstand sie, dass auch ein Schattensoldat verhindern wollte, dass sie dem Ministerium in die Hände fiel. Schliesslich könnte Abbadon ihre Kräfte dann nicht mehr bekommen.

Runa zitterte, doch weniger vor Angst, sondern viel eher vor Wut. Er musste schuld daran sein, dass Ragna gefangen war.

«Wo ist sie? Was habt ihr mit ihr gemacht?»

Corvin lachte.

«Keine Angst sie ist noch am Leben. Du entscheidest, ob es dabei bleibt.»

Runa ballte die Faust und starrte Corvin an. Er trat auf sie zu und reichte ihr zwei Eisenringe.

«Legt sie an.»

Runa zögerte. Sie dachte an die Magier in Abbadons Erinnerung, die hilflos an den Kreuzen gehangen hatten. Diese Ringe verhinderten, dass Runa und Saphira ihre Kräfte verwenden konnten.

«Wo sind die anderen?»

«Ragnas Freunde sind bei ihr, sie sind schon etwas länger dort. Der Igel und der Grüne sind mittlerweile wohl auch in dem Kerker. Überlegt euch also besser, was ihr tut.»

Runa atmete einmal tief ein und aus. Er hatte nichts von den zwei Feen gesagt. Vielleicht waren immerhin sie entkommen. Da dachte sie an Sani, die bei ihnen gewesen war. Sie hatte die Fee in dem Chaos ganz vergessen. Vielleicht hatte sie sich in Phils Tasche versteckt. Runa wagte einen kurzen Blick zu ihrem Freund. Der Stoff seiner Brustasche lag flach an seinem Körper. Sani war nicht da. Runa erschrak. Sie hatten nicht einmal gemerkt, dass die Fee fehlte.

«Legt die Ringe an.»

Saphira blickte Runa fragend an. Runa ignorierte sie und sah noch einmal um sich herum. Gab es eine andere Möglichkeit, ohne, dass sie das Leben von Phil und sich gefährdete? Wenn sie kämpfen und fliehen würden, hätten die Schattensoldaten keinen Zweck mehr für ihre Geiseln. Abbadon würde Befehlen sie zu töten, sobald Runa Corvin nicht mehr gehorchte.

Sie sah zu den hohen Toren am Eingang der Halle. Die Freiheit war so nah gewesen. Sie konnte entkommen und Abbadons wertvollsten Besitz mitnehmen. Runa hatte beinahe erreicht, für was sie gekommen war. Sie konnte Saphira befreien. Doch für welchen Preis? Runa sah kurz zu dem Mädchen neben sich. Sie würde Ragnas Leben nicht für sie aufs Spiel setzen. Doch Runa drehte den Kopf und sah Phil an. Er war ebenfalls hier. Ihn wollte sie nicht in den Fängen dieser Monster sehen.

Runa: Chaos der ErinnerungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt