Calisto
Ich rannte, als ob mein Leben davon abhinge. Ja es hing davon ab, denn wenn ich stehenbleiben würde, würde ich geschnappt und bestraft werden. Wahrscheinlich sogar umgebracht werden. Denn als ich vom Schiff gestürmt war, war der Schwindel nur noch schlimmer geworden. Immerhin hatte ich Minuten bevor Frederike mich vergewaltigt hatte wieder das Mittel bekommen. Ein Mittel was mir jede verdammte Stunde gegeben wurde. Mein Vater hatte noch den Befehl gegeben mich wieder einzufangen und das konnte ich nicht zulassen. In ein paar Minuten würden meine Brüder hier sein und mich retten. Und solange musste ich rennen. Ich musste gegen den Schwindel ankämpfen und ich musste vor allem wach bleiben. Meine Platzwunde war in den letzten Tagen nur noch schlimmer geworden. Auch wieder eine Strafe, die mein Vater sich für mich überlegt hatte, in dem er die Platzwunde nicht behandeln ließ. Mit jeder Faser meines Körpers hasste ich meinen Vater mehr. Wegen ihm würde ich noch zum Mörder werden! Als es auch noch in Strömen regnete bog ich gerade in einer kleinen schmalen Seitengasse ein. Als ich das Schiff verlassen hatte, war ich so in Panik gewesen, dass ich anstatt rechts nach links gelaufen bin, denn ich hörte nur wie meine Familie, meine Leute nach mir suchten. Ich erkannte die Stimmen. Würde ich fremde Stimmen hören, hätte ich davon ausgehen können, dass es Bulessi oder seine Männer waren. "Verdammt, wo ist der Kronprinz?! Juan killt uns!" hörte ich Etienne maulen. Er ist ein Verräter! Das würde ich bei Gelegenheit Onkel Gustavo sagen müssen. Doch erstmal sollte ich Bulessi und seine Männer finden. Doch kaum hatte ich einen weiteren Schritt gemacht, verschwamm meine Sicht komplett und ich spürte nur noch wie ich fiel - ins schwarze bodenlose Nichts.
Arturo
Diese verdammte Maschine hatte doch tatsächlich weiter weg landen müssen als geplant. So wurden aus den versprochenen Minuten fast eine Stunde. Zeit, die Calisto nicht hatte, wenn er schon sagte das es ihm nicht gut ginge. Und jetzt musste es auch anfangen in Strömen zu regnen. Das konnte Calisto gar nicht gebrauchen. Er schien krank zu sein und ich malte mir alles mögliche aus. Die spanische Mafia war nicht bekannt für einen Kuschelkurs. Wenn man heiratete, dann wurde gevögelt. Jeden Tag und das mehrmals. Das war bei uns nicht anders. Ich würde mich ja auch nicht über fast zwei Wochen Dauersex beschweren, nur um ein Kind zu zeugen. Aber Calisto war selbst noch so jung. Zu jung für eine Ehe, zu jung für Kinder. Meine Brüder und ich erreichten die Slums, wo wir Calisto gebeten hatten hinzugehen, wenn er die Möglichkeit bekommen würde. Und wir hofften, dass er nicht mehr auf dem Schiff war und dort gefangen gehalten wurde. Ich hatte eine gewaltige Mordlust. Vor allem als man Calisto vor knapp einer Woche entführt hatte. Ich hatte nur vergessen wie gigantisch die Slums in Brasilien waren. In dem strömenden Regen teilten wir uns auf und liefen auf halbem Wege mit den Männern von Belussi zusammen. Man sagte uns, dass die Spanier wieder abgezogen waren, nachdem Bulessis Männer ihnen Feuer unterm Arsch gemacht hatten. Calisto hatten sie aber nicht. Aber um diese Verräter in der spanischen Familie mussten wir uns später kümmern. Es war wichtig Calisto zu finden.
Sollte das Mädchen wirklich schwanger sein, so würde es einfach nicht überleben. Es gab auch noch sowas wie eine Ehre unter den Mafiosis und das hatten die Spanier eindeutig gebrochen.
Bulessi und seinen Männern hatten wir ein Foto von Calisto gezeigt. Als man uns jedoch sagte, dass sie niemanden mit dieser Beschreibung gesehen hatten, wurden meine Brüder und ich blass.
"Verdammt, wo ist er nur?" Ich konnte die Sorge meines Zwillings deutlich hören. Und ich machte mir auch Sorgen. War Calisto vielleicht so durch den Wind gewesen, dass er die falsche Richtung genommen hatte? Oder war das vielleicht Absicht gewesen, damit niemand zu Schaden kam? Egal welche Intuition Calisto gehabt hatte - es ging ihm schlecht. Adriano hatte beteuert, dass Calisto sich am Telefon wirklich miserabel angehört hatte. Ja, ich konnte Aurelio verstehen. Wir gingen davon aus, dass man den jungen Körper mit sämtlichen Scheiß vollgepumpt hatte um Calisto hörig zu machen. Bisher hatten wir jeden Winkel abgesucht. Wir hatten uns zusammen mit Bulessi und seinen Männern in Gruppen aufgeteilt. Wir mussten Calisto finden
"Wir finden ihn, Aurelio" murmelte ich hoffentlich zuversichtlich genug als ich mich umdrehte und in eine kleine Seitengasse blickte. Dort lag jemand. Ein junger Mann mit pechschwarzem Haar. Und auch das Tattoo am linken Handrücken war unverkennbar: Calisto lag bewusstlos in einer gewaltigen Pfütze und war von oben bis unten klatschnass. Er rührte sich nicht und ich stieß meinen Zwilling an, der meinem Blick sofort folgte und rannte gleich los.
"Aurelio hol den Wagen und soviele Decken wie du kannst!" rief ich meinem Zwilling zu und kniete mich vor Calisto in die Pfütze. Der Kleine lag auf der Seite und seine nassen Haare hatten teilweise das Gesicht verdeckt. Ich hatte jedoch keine Zeit zu verlieren und war nicht der einzige, der ein Studium in Medizin gemacht hatte. Mein Zwilling hatte auch ein Studium gemacht. Ja irgendwas mussten wir ja studieren. Und wir bereuten es nicht.
Ich drehte Calisto auf den Rücken. Seine Haut war fahl, seine Lippen blau und ich wusste nicht wie lange er hier schon lag. An seiner Stirn zeichnete sich eine schlecht heilende Platzwunde ab. Sofort legten sich zwei meiner Finger an seinen Hals. Meine Vermutung bestätigte sich: Ich fühlte keinen Puls. Dann überprüfte ich die Atmung die auch nicht vorhanden war und öffnete die Augenlider von Calisto, die mir starr entgegen starrten. Auf den ersten Blick würde ich sagen, dass Calisto aufgrund der Platzwunde eine innere Blutung im Gehirn hatte. Verdammt er musste ins Krankenhaus
"Verdammt, du stirbst nicht, Kleiner!" zischte ich und legte meine Hände, geballt zu Fäusten, auf dessen Brustkorb und begann mit der Reanimation. Das tat ich solange bis der Wagen vorfuhr. Die Türe wurde aufgerissen und ich hob Calisto auf meine Arme und legte ihn auf den Boden der Limousine ab und stieg ein. Aurelio hatte wirklich einiges an Decken besorgt
"Dreh die Heizung auf" wies ich den Fahrer scharf an, während ich mit der Herzdruckmassage fortfuhr. "Schneidet ihm die Sachen auf. Er muss aus den nassen Sachen raus" wies ich meine Brüder an
"Ist er...tot..?" Ich funkelte Alessio wütend an
"Nein! Das erlaube ich nicht. Macht schon. Er muss ins Krankenhaus und das sofort!"
Bis zum Krankenhaus löste mich Adriano mit der Reanimation ab. Es hatte geholfen, Calisto aus den nassen Klamotten zu schälen und ihm die Decken über den Körper zu legen. Die blauen Lippen verschwanden und der Körper wärmte sich auch wieder auf. Und dann endlich setzte die Atmung wieder ein. Gerade als der Wagen zum stehen kam überprüfte ich noch einmal den Puls und sah ihm nochmal in die Augen, die immer noch starr waren und atmete erleichtert auf
"Er ist wieder da" Und hoffentlich blieb er das auch.
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Du gehörst uns [Band 1]
Aksi4 Brüder, Ein Stiefbruder. Eine Mutter, die einen reichen Mafiosi heiratet und ein kleiner 16-Jähriger Bursche der in die Welt der italienischen Mafia eingeführt wird. Zwischen den verwerflichen Methoden der Mafia und der Begierde der Stiefbrüder ve...