Kapitel 21

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Zurück im Cerberus Gate war ich Empfängerin ungeteilter Aufmerksamkeit – und nicht mehr aufgrund meines Geburtstages. Mein Anrecht auf einen Platz im Club, geschrieben in tiefem blutrot, würde noch eine Weile das Thema aller Gespräche sein. Kiros Blick fing ich immer wieder auf, woraufhin wir beide lächelten, und ich erfuhr von anderen Personen Details, die sich zu einer Geschichte zusammenfügten, die meine ganz persönliche war. Eine große Lücke davon füllte Mandy.

»Ich kann es Kiro nicht vorhalten, dass er dich nicht früher erkannt hat«, seufzte die Herrin der Zapfhähne und Trinkspiele, »mir fallen Gemeinsamkeiten zwischen dir und Hannah auch jetzt erst auf.«

»Du hast sie ebenfalls gekannt?«

Dass Mandy hier zum alten Eisen gehörte, nicht nur aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters, sondern auch wegen der Jahrzehnte, die sie den Club bereits ihre Heimat nannte, wusste ich. Aber anscheinend wohnte sie noch länger hier, als ich anfangs angenommen hatte.

»Gekannt? Kleine – wir waren wie Schwestern.« Anders als bei meinem Großvater lag in ihrer Stimme eine gehörige Portion Bitterkeit.

Angebissen wie ein ausgehungerter Süßwasserfisch lehnte ich mich über den Tresen, meinen Drink in der Hand und hing an ihren Lippen.

»Eigentlich waren wir wie du und Ash. Ich war die aufgeweckte Hälfte, die gern über die Stränge schlug und deine Mutter der Ruhepol. Meine Stimme der Vernunft. Sie ist hier aufgewachsen und auch wenn ich um einige Jahre älter war als sie, hat uns das nicht daran gehindert, Freunde zu werden. Als ich mit neunzehn hier ankam, weil ich die Ausschreiben für eine Kellnerin gesehen hatte, hat mich diese Samariterin einer Blondine integriert wie kein anderer.«, sprach sie, nun mischte sich doch heiteres Lachen in ihren Ton. »Eigentlich hatte ich nicht vor so eng mit ihr zusammen zuwachsen, aber Hannah war die größte Nervensäge, die ich je getroffen hatte. Sie ließ nicht locker, lief immer um mich herum. Und irgendwann war sie nicht mehr aus meinem Alltag wegzudenken.«

»Bis sie abhaute.«

Das Klirren von Glas auf Metall hallte zwischen uns, ihre Hände wrangen das Handtuch, das zuvor über ihrer Schulter gehangen hatte. »Sie war einfach weg.« Schmerz war alles, was ich hörte. »Lediglich ein Brief an ihre Eltern, aber seit dem habe ich nie wieder etwas von ihr gehört.«

Es war eine Sache einen Ort zu verlassen, an dem man sich nicht zuhause fühlte, aber eine andere, dies unangekündigt zu tun und damit die Menschen, die einen liebten zu hintergehen.

Genau jetzt verspürte ich wieder jenes dumpfe Gefühl in der Brust. Schweres Pech, dass mein reines Gewissen besudelte. Ich war wie sie, wie meine Mutter. Denn auch wenn meine Umstände andere gewesen waren, so war ich dennoch geflohen, abgehauen, ohne meine Familie je darüber in Kenntnis zu setzen, dass ich lebte. Es mir gut ging.

»Ich glaube, ich sollte sie anrufen.«, flüsterte ich leise.

Mandy musterte mich, ehe sie den Kopf schüttelte. »Ein Brief tut es auch, wenn du zu keinem Telefonat bereit bist. Immerhin hing deine Sicherheit davon ab und vielleicht auch ihre.«

Dass meine Eltern oder auch Adam sich bei Elijah erkundigt hatten, wie es mir ging oder warum ich nicht mehr auf einen kurzen Besuch vorbei kam, hatte ich nie in Frage gestellt. Ich wusste lediglich nicht, wie die Antwort meines baldigen Ex-Mannes auf diese Erkundigungen ausgefallen war. Doch, dass er seine wahre grausame Natur auch meiner Familie gegenüber gezeigt haben könnte, das hatte ich nie in Erwägung gezogen.

Besorgnis schäumte in mir auf.

Die emotionalen, fürsorglichen Bande unter den Reyes waren nie tief gewesen und doch hatten mich diese Menschen großgezogen. Mir lag an ihnen.

Burn For You 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt