Burn For You 2

Kapitel 34

An der Nachforschung und Antwortsuche in den Kreisen der Corvo Nero waren hauptsächlich neun Personen beteiligt: Rage als Leiter des offiziellen Teams zu dem Rebecca, Kyle, X sowie die beiden Prospects Tommy und Hunter zählten, meine Wenigkeit und Reaper und Carlos als Kopf des MC. Die meisten verbleibenden Mitglieder wussten von der Bedrohung durch die italienische Mafia Bescheid, allerdings blieben genaue Informationen und Fortschritte unter Verschluss, um die Sicherheitsstufe der Operation zu gewährleisten.

Der restliche Vorstand hingegen wurde über jeden Schritt informiert - jedoch nicht bis ins kleinste Detail, was darin resultierte, dass Simmer den Namen Inés Morales aus unseren Mündern gehört hatte, aber ähnlich wie wir nichts damit hatte anfangen können. Ihre Fotos wurden den Führungspersonen nicht vorgelegt. Ein großer Fehler wie sich jetzt herausstellte.

Dass der bekennende Romantiker unter den Bikern das bildhübsche, müde wirkende weibliche Wesen auf dem großen Bildschirm in unserer Mitte erkannte, äußerte sich in der Überraschung, die ihm in Großbuchstaben auf die Stirn geschrieben stand. Doch was man erst bei einem zweiten Blick entzifferte, war der verblüffende Umstand, dass er in dieser Frau keine flüchtige Bekanntschaft wiedersah, sondern einen Menschen, der in ihm Schmerz und Glück zugleich erweckte.

Ein Gefühl erblühte in einem entlegenen Winkel meines Kopfes, tief unter Logik vergraben. Es kam der Intuition gleich, die ich in Gefahrensituationen verspürte, da mein Unterbewusstsein Schutzmechanismen entwickelt hatte. Doch es gab einen Unterschied: Das jetzige Gefühl war positiv.

»Du kennst sie?«, reagierte Kyle zuerst und trat zu seinem Bruder.

Dieser sah noch immer gebannt auf das Display, das Papier in seinen Händen, wahrscheinlich Dokumente für den Präs, knitterte leicht. »Kannte.«

Er wusste von ihrem Tod?

»Konzentrier dich, Simmer. Wir brauchen alle Informationen, die du hast.« Rages magere Statur war fest, angespannt, er stand vor Simmer, starrte ihm tief in die Augen. Seine Stimme machte deutlich, dass er den Ernst der Situation zuerst entlarvt hatte und keine Zeit verlor, dieser neuen Spur nachzugehen. Auch wenn seinem Freund anzumerken war, dass die Konfrontation mit Camilla ihn sichtlich verletzte.

Und da erkannte ich die verborgene Intuition in meinem Inneren. Ich wusste Simmer, der Wildfang mit dem bürgerlichen Namen Salem Holden, war das Puzzleteil, dass uns fehlte. Mit ihm würden wir das Rätsel lösen, dass uns alle seit Wochen alptraumhafte Kopfschmerzen bereitete.

Simmer verließ seine gedankliche Welt aus Erinnerungen und kehrte zu uns zurück. »Ihr Name ist Camilla Garcia. Sie müsste jetzt zweiunddreizig sein.«

Neben mir tippte Becca bereits auf ihrem Laptop herum, um die Sachverhalte, die er uns lieferte, aufzufangen. Dabei wurden uns zwei Dinge klar: Camilla Garcia hatten wir bisher nicht in dem Identitätenrepertoire unserer mysteriösen Toten gefunden, was die Hoffnung erweckte, dass es sich dabei endlich um ihren richtigen Namen handeln könnte. Und Simmer wusste nicht von ihrem Tod.

Doch darüber setzte X ihn direkt in Kenntnis.

Schmerzliche Trauer und etwas, dass ich als Schuld identifizierte, verdunkelte die sonst heiteren Augen des Mannes, der im Club für das Talent bekannt war, jegliche Zweiräder allein am Geräusch des Motors erkennen zu können.

Unter meinen Fingernägeln begann pure Neugier zu brennen, das Verlangen zu erfahren, wie die Geschichte zwischen ihm und Camilla verlief. Rage gab ihm nur wenige Augenblicke, um seinen Schmerz zu fühlen, bevor er ihn erneut antrieb uns zu erzählen, was er wusste. Er war kühle Rationalität und Zielstrebigkeit.

Mit sichtlicher Schwere löste Simmer seine glitzernden Augen von dem Bildschirm und sah zu dem Russen. Ein tiefer Atemzug, ein Schlucken, dann begann er: »Ich traf sie das erste Mal vor sechs Jahren. Wochen zuvor war ich erst in die Gegend gekommen und den Haydes als Prospect beigetreten. Nach einer Ausfahrt war ich zu müde und stoppte in einem Motel.«