╭──╯𝐊𝐀𝐏𝐈𝐓𝐄𝐋 𝟏𝟒╰──╮

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M     I     N     H     O
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ICH KONNTE ES NICHT GLAUBEN, dass ich mir das nun auch noch antun würde. Als wäre der gesamte Tag heute nicht schon genug im Eimer gewesen, wollte meine Mutter sich heute Abend noch mit mir treffen und zusammen etwas essen.

Wäre es nicht für das Essen – denn ich war verdammt hungrig und was mein Kühlschrank mir hergab, war lächerlich –, dann wäre ich mit Sicherheit nicht hingegangen, da ich schon ahnen konnte, was mich erwartete.

Und trotzdem lief ich nun die dunklen Straßen von Seoul entlang, welche gerade so noch genug mit Straßenlaternen ausgeleuchtet werden konnten. Mein Ziel war das Restaurant, das ich schon damals mit meinen Eltern besucht hatte, als ich noch ein kleines Kind war. Keine Sorgen, keine Vorwürfe, keine Probleme, keine Identitätskrisen. Sich einfach nur den Magen vollschlagen und hoffen, dass Mutter und Vater nicht bald wieder einen Streit anfangen würden. Denn das war meine einzige Sorge mit acht Jahren.

Ehrlich, ich verstand nicht, wieso sie sich so um ihn sorgte und darauf hoffte, dass er eine rettende Behandlung erhalten würde. Dieser Mann hatte ihr mehr Schlechtes getan als mir, und das mag etwas heißen.

Ich bog um die letzte Ecke, die mich zu meinem Ziel bringen würde, und ich wurde schon lange davor von dem strahlenden Gesicht meiner Mutter begrüßt. Okay, sie strahlte nicht wirklich. Sie sah viel mehr danach aus, als hätte sie drei Tage nicht geschlafen, und dies war wahrscheinlich gar nicht mal so weit von der Realität entfernt.

Wir schenkten uns gegenseitig ein Lächeln, um die komische Situation zu überbrücken, die man immer empfand, wenn man auf Jemanden zulief, mit dem man sich traf. Als ich sie dann jedoch erreicht hatte, zog sie mich sofort in ihre Arme. Ein Fehler, wie sich herausstellte, denn ich war heute noch in zahlreichen, nach Zigaretten und anderen Substanzen riechenden Wohnungen gewesen.

Zum Glück war sie so unerfahren auf dem Gebiet, dass sie den Geruch von Gras nicht mal erkennen würde, wenn er unter ihrer Nase wäre. Nun ja, war er ja auch gerade irgendwie.

»Du siehst müde aus, mein Sohn«, sagte sie mit ruhiger, besorgter Stimme, während sie versuchte, meine durcheinander gestrubbelten Haare wieder an passenden Ort und Stelle zu streichen, aber die waren heute ein hoffnungsloser Fall. Ich schmunzelte und erwiderte sofort:»Das musst du gerade sagen. Du siehst auch nicht gerade danach aus, als würdest du genug Schlaf bekommen.«

Sie winkte es sofort ab und zog mich an der Hand hinter ihr her, damit wir das Restaurant betreten konnten. »Mach dir mal bloß keine Sorgen um mich! Du hast auch so schon genug um die Ohren!«

Mehr als sie vielleicht ahnen könnte. Es war echt nicht einfach, noch mehr Kunden ranzukriegen. Zumal ich dazu noch das Doppelte an Kohle herauskriegen musste. Das sind eigentlich zwei Dinge, die auf Dauer nicht funktionieren könnten.

Aber ich wollte jetzt gerade meine Gedanken nicht daran verschwenden, sondern viel mehr erfahren, wie es meiner Mutter gerade ging. Also fragte ich sie genau das, nachdem wir uns einen Tisch ausgesucht und uns hingesetzt hatten. Zuerst zögerte sie, als müsste sie erst überlegen und aufpassen, dass sie nicht zu viel sagen würde. Ich kannte dieses Verhalten ebenfalls von früher und es war immer dann so, wenn mein Vater seine unaufhaltbare Wut an ihr ausließ.

Und auch wenn ich schon ein Mann in seinen Zwanzigern war, behandelte sie mich da immer noch wie den verletzlichen Achtjährigen, der nichts anderes wollte als, dass Mama und Papa sich auf ewig lieben.

𝗙𝗔𝗞𝗘 | 𝖬𝖨𝖭𝖲𝖴𝖭𝖦Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt