like a lightning strike

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1266 Wörter

Mattheos POV

In der Großen Halle herrscht eine Lautstärke wie schon lange nicht mehr. Dumbledore hat uns vor dem Essen mitgeteilt, dass Hogwarts eine neue Schülerin bekommt - mitten im Semester. Das ist für jeden Grund genug, im Minutentakt zur Tür zu schauen. Die Schüler werden von der Neuigkeit angelockt wie Fliegen vom Licht. Sie unterhalten sich alle über diese neue Schülerin; was sie so besonders macht, dass sie mitten im Schuljahr hier aufgenommen wird, welches Haus heute wohl neuen Zuwachs bekommt; wie sie heißt und aussieht..

Vor lauter Belanglosigkeiten verliere ich den Appetit und schiebe meinen Teller mit den Fleischbällchen von mir fort.

,,Lernen wir später, Theo?", fragt Draco, der mir gegenüber sitzt.

Ich schnaube abfällig und verenge die Augen, während ich meinen Blick zum Lehrerpodium schweifen lasse und Professor Snape mustere. ,,Ich kann nicht verstehen, wie er uns diese verfluchte Extraaufgabe geben konnte", brumme ich zwischen zusammengebissenen Zähnen.

,,Weil wir absolut scheiße in 'Zaubertränke' sind", antwortet er seufzend und schiebt sich eine beladene Gabel mit Truthahnfleisch in den Mund.

,,Aber du bist doch sein Goldjunge", entgegne ich und verschränke die Arme. Ich würde mich gerne mit dem Rücken irgendwo anlehnen, aber die Schulbänke besitzen keine Lehnen. Das wäre ja auch zu gemütlich.

Draco zuckt mit den Schultern. ,,Das ändert leider nichts an meinen Noten."

Genervt verdrehe ich die Augen und stochere in meinen Fleischbällchen rum. Obwohl die Aufmerksamkeit von den meisten schon den ganzen Abend über auf den Eingang der Großen Halle liegt, bemerke ich hin und wieder die Blicke von ein paar wenigen. Ich bin es inzwischen gewohnt, dass die Stelle zwischen meinen Schulterblättern mehrmals am Tag, sogar mehrmals in der Stunde, vor bohrenden Blicken brennt. Das unangenehme Gefühl lässt sich leider nicht so einfach abschütteln, aber ich habe gelernt, dass es früher oder später von alleine verschwindet.

Ich habe eine Art sechsten Sinn entwickelt, mit dem ich jeden noch so kurzen, vorwurfsvollen Blick förmlich auf meiner Haut spüre. Es fühlt sich manchmal an wie eine Nadel, die mir in die ersten Hautschichten sticht, manchmal wie eine kleine Flamme, die an meiner Haut züngelt. Noch nie hat es sich für mich angenehm angefühlt, wenn mich jemand angeschaut hat.

Nicht einmal Dracos Blick ist völlig frei von Vorurteilen und Hintergedanken, obwohl wir uns noch vor der Einschulung in Hogwarts kennengelernt haben. Und so richtige Freunde sind wir auch nicht. Es ist eher eine Mischung aus Freundschaft und Rivalität.

Ich bin neidisch auf Dracos Abstammung, darauf, dass er noch Eltern besitzt, die ihn - zumindest Narzissa - bedingungslos lieben und unterstützen. Außerdem hat er einen guten Ruf und das Ministerium macht sich nicht die Mühe, ihn zu beschatten. Und Draco hingegen.. Tja, was sein Problem mit mir ist, kann ich selbst nach über 17 Jahren nicht wirklich erahnen, geschweige denn sagen. Denn in meinen Augen hat Draco alles, was ich gerne hätte und ich habe und bin nichts, was für ihn irgendwie erstrebenswert sein könnte. Scheiße, Draco ist sogar Vertrauensschüler von Slytherin.

Sein Vater Lucius ist zwar immer ausgesprochen freundlich und zuvorkommend zu mir, aber das kann doch nicht der einzige Grund sein, der Dracos Augen immer wieder dunkler werden lässt, wenn er mich beobachtet und er denkt, ich würde es nicht beobachten, oder? Hin und wieder habe ich den Eindruck, als würde er auf etwas warten. Auf etwas, das ich tun könnte, das ihm Angst machen würde, aber unvermeidbar ist..

Wie auch immer - ich verstehe den überwiegenden Teil der Zauberergemeinschaft, die in mir ein Monster sieht. Meine Eltern - Voldemort und Bellatrix Lestrange - haben der Zaubererwelt einen so immensen Schaden zugefügt, dass die Wunde auch heute noch nicht verheilt ist. Wenn sie überhaupt jemals heilen kann, was ich ohnehin bezweifle. Nicht einmal mit meinem Tod, wenn die Riddle-Linie erlischt, wird die Welt genesen. Dafür ist der Schaden zu groß, die Anhängerschaft zu radikal.

Plötzlich werden die hölzernen Türen der Großen Halle geöffnet und Professor McGonagall, die irgendwann in den letzten Minuten aufgestanden und die Halle verlassen haben muss, wird von jemandem begleitet.

Das Gelächter und die Gespräche verstummen und nur die Schritte von der Professorin und der jungen Frau an ihrer Seite sind zu hören.

,,Da ist sie ja!", ruft der Sprechende Hut aus und ein erschrockenes Zucken geht durch die Reihen der Schüler, weil ihre ganze Konzentration offensichtlich auf dem Neuzugang liegt.

Doch bevor ich die Neue genauer anschauen kann, fällt mir Dracos Gesichtsausdruck auf. Ein flüchtiger Ausdruck von Interesse huscht über seine Züge, was mich zum Stirnrunzeln bringt. Ich habe selten erlebt, dass Draco seine Emotionen bezüglich einer Person so offen darlegt, auch wenn es unabsichtlich war. Das letzte Mal habe ich es nur bei Harry Potter gesehen, als er seine Freundschaft ausgeschlagen hat. Und danach hin und wieder mal, wenn die beiden sich fast die Köpfe eingeschlagen hätten.

Als mein Blick dann auf die neue Schülerin fällt, entgleisen mir womöglich auch sämtliche Gesichtszüge.

Sie ist klein - sie würde mir vermutlich gerade einmal bis zur Schulter gehen. Ihre braunen Haare sind zu einem geflochtenen Zopf gebunden, der ihr beim Laufen immer wieder gegen den Rücken peitscht und ihr blasses Gesicht wird von ein paar losen Strähnen umrahmt. Auf die Entfernung kann ich ihre Augenfarbe nicht erkennen und unerwarteterweise reizt es mich sehr zu erfahren, welche Farbe sie haben. Ihre roten Lippen scheinen leicht geschminkt zu sein - so eine Farbe kann doch nicht natürlich sein, oder? Ich habe viel zu oft die Mädchen aus Hogwarts dabei beobachtet, wie sie sich irgendein Zeug auf die Lippen schmieren, um sie zu tönen, aber keine von ihnen hat je so einen verführerischen Farbton gehabt.

Ich verspüre den irrationalen Drang ihre Lippen zu kosten, um zu erfahren, ob sie auch eine dieser Frauen ist, die sich bemalen.

Sie scheint sich unwohl zu fühlen - ihre Schultern sind leicht gesenkt und ihr Blick ist starr nach vorn gerichtet. Sie vermeidet jeglichen Blickkontakt und fixiert sich völlig auf den Sprechenden Hut, der auf dem altbekannten Hocker vor dem Lehrerpodium steht.

,,Liebe Schüler, darf ich euch eure neue Mitschülerin vorstellen?", tönt Dumbledores Stimme durch die Halle. ,,Das ist Coco Rhys und in Kürze erfahren wir, welches Haus sie unterstützen wird! Vielleicht ist sie ja die treibende Kraft, damit Slytherin endlich mal den Hauspokal gewinnt?"

Ich bin sicherlich nicht der Einzige, der den spöttischen Unterton in seiner Stimme wahrnimmt. Aber gleichzeitig flattert irgendetwas unter meinem Brustkorb bei dem Gedanken daran, dass ich sie ab sofort öfter in unserem Gemeinschaftsraum sehen werde. Und im Unterricht. Scheiße, ich muss heute unbedingt noch mit Draco lernen.

Verflucht, wo kommt das denn jetzt auf einmal her?!

Dumbledore nimmt den Sprechenden Hut in die Hand und bedeutet Coco, sich auf den Hocker zu setzen. Ein unruhiges Räuspern und das Rascheln von Roben erklingt, als Dumbledore den Sprechenden Hut auf ihren Kopf senkt.

Die Spannung liegt in der Luft. Ich würde es nie freiwillig zugeben, aber ich gehöre nun ebenfalls zu den Schülern, die gebannt die Luft anhalten, um auf eine Antwort zu warten.

Die Sekunden verstreichen..

Ich kann sehen, dass Coco sich auf die volle Unterlippe beißt und die Augen schließt..

,,Slytherin!"

Es fällt mir schwer, den Blick von ihr abzuwenden, aber als Draco seine Haltung verändert und ich Anerkennung in seiner Mimik lesen kann, mahle ich mit den Zähnen.

Eine undefinierbare Mischung aus Herausforderung und Verlangen zieht sich durch meinen Körper und meine Gedanken, während ich Dumbledores Stimme aus weiter Entfernung höre:,,Großartig! Slytherin hat bereits viele talentierte Hexen und Zauberer hervorgebracht. Setzen Sie sich, liebe Ms. Rhys. Der Vertrauensschüler", er wirft einen strengen, typischen Schulleiterblick, zu Draco, ,,wird dir noch heute alles wichtige zeigen. Mr. Malfoy, bitte kümmern Sie sich in den nächsten Tagen um Ms. Rhys."

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Sin - Mattheo Riddle Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt