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Winter, vor einem Jahr
Der Wind heult durch die winzigen Risse im Mauerwerk und peitscht eine Böe aus Kälte durch die Flure. Ich höre den Wind pfeifen und schlinge Mattheos Schal, den er mir damals in Hogsmeade ausgeliehen hatte, enger um meinen Hals, um mich vor der Kälte zu schützen.
Ich sitze mit Fletcher Burke und Cassian Avery an einem Tisch in einem heruntergekommenen Haus. Das ist vorübergehend unser Stützpunkt, solange wir uns in Amerika aufhalten.
Ich habe bereits aufgehört zu zählen, wie viele Spinnen und anderes Ungeziefer ich hier schon ausgemerzt habe, damit dieses Haus wenigstens einigermaßen hygienisch, wenn schon nicht sauber, ist.
Wir besprechen gerade unser weiteres Vorgehen, weil wir nur in Amerika sind, um neue Schwarzmagier zu rekrutieren, damit sich unsere Linien wieder auffüllen.
Ich hasse es, dass ich seit Jahren diese Rolle spielen und vor allem Burke vormachen muss, dass ich vertrauenswürdig bin. Aber mit jeder Woche, die verstreicht, wächst sein Vertrauen in mich. Tatsächlich ist heute der erste Tag, seitdem ich als geheime Aurorin in ihren Kreisen unterwegs bin, an dem ich mit Burke und Avery alleine sein darf, während sie Pläne schmieden.
Ich sollte alles in mich aufsaugen, damit ich einen ausführlichen Bericht an Mr. Robards schicken kann, aber ich merke, wie sich meine Gedanken nach innen richten. Wie in Trance streiche ich über den weichen Stoff des Schals, der leider seit einiger Zeit nicht mehr nach Mattheo riecht. Wie so oft führt mir das vor Augen, wie lange wir uns schon nicht mehr gesehen haben.
Ich vermisse ihn mehr, als ich es je für möglich gehalten hätte. Es gibt Momente, da schmerzt mein Herz so sehr, dass ich mir den Tod wünsche. An solchen Tagen bin ich gereizt und waghalsig, und weil diese Tage ziemlich häufig vorkommen, bin ich schnell in den Rängen der Schwarzmagier aufgestiegen.
Ich habe bisher niemanden getötet, aber es gibt andere Methoden, um in der Gunst der Schwarzmagier aufzusteigen.
Mein Zauberstab vibriert in meiner Manteltasche, als würde er mich versichern wollen, dass der Cruciatus-Fluch ein besseres Schicksal ist, als der Todesfluch. Die Schmerzen sind immerhin nicht so endgültig. Aber mein Gewissen ist dennoch befleckt und ich bezweifle, dass es jemals wieder rein wird.
Es ist pures Glück, dass die Schwarzmagier es nicht als Schwäche sehen, dass ich noch niemanden getötet habe - stattdessen denken sie alle, dass ich besonders grausam bin. Diese Idioten.
,,Wir brauchen den Riddle-Jungen endlich auf unserer Seite, um die Unentschlossenen zur Entscheidung zu zwingen. Nur mit ihm schließen sich die letzten der treuen Todesser uns an", meint Avery gerade und schlägt mit der Faust auf den Tisch. Die Gläser darauf wackeln bedrohlich.
Burke massiert sich seine Schläfen und scheint alles andere als begeistert zu sein, als er knurrt:,,Wir versuchen seit Jahren, ihn auf unsere Seite zu ziehen, aber das Blut seiner Eltern ist offensichtlich nicht viel wert. Er ist verkorkst, es ist sinnlos."
,,Dann müssen wir härtere Maßnahmen ergreifen. Notfalls nehmen wir ihm alles, was er gern hat und lassen es so aussehen, als wäre es das Werk des Ministeriums gewesen."
Burke gluckst kurz und schnalzt missbilligend mit der Zunge. ,,Hast du überhaupt eine Ahnung, was dem Jungen am Herzen liegt, Cass?"
Es nervt mich, dass sie von Mattheo sprechen, als wäre er nur ein Kind - immerhin ist Burke nur ein knappes Jahrzehnt älter.
Avery ist Ende Dreißig, ein echter Kotzbrocken und denkt sowieso, dass er - mit Ausnahme von Burke -, besser ist als jeder andere. Ob das aber an seinem Alter oder einfach an seinem aufgeblasenen Ego liegt, kann ich nicht sagen.
Avery rümpft kurz die Nase und runzelt nachdenklich die Stirn. ,,Mit Ausnahme der Malfoys ist seine ganze Familie tot. Aber die Malfoys sind Unterstützer unserer Sache, wir können sie nicht gegen uns aufbringen oder töten, weil sie zumindest derzeit noch zu nützlich sind."
,,Und wenn wir Mattheo Riddle unter den Imperius-Fluch stellen, mindestens so lange, bis sich uns die letzten Todesser angeschlossen haben?", murmelt Burke leise, mehr zu sich als zu uns.
Ich muss dagegen ankämpfen, ihm die Augen auszukratzen, als sein Blick nachdenklich auf mich fällt. Während er mit den Fingerspitzen auf den Tisch klopft, rattert mein Gehirn verzweifelt auf der Suche, um Mattheo zu beschützen. Ich darf meine Tarnung nicht auffliegen lassen, aber ich kann auch nicht zulassen, dass Mattheo unter dem Imperius-Fluch gefügig gemacht wird.
,,Ihr redet ständig von den 'treuen' Todessern", beginne ich langsam und lehne mich vor, während ich Avery nur kurz von der Seite anschaue - mein Fokus liegt schnell wieder auf Burke. ,,Aber sind sie wirklich so treu und würden unserer Sache als Schwarzmagier dienlich sein, wenn sie nur einen Anführer durch das Blut akzeptieren, statt durch Taten?"
Mein Herz schlägt mir bis zum Hals und auch wenn das vermutlich nicht möglich ist, bin ich froh, dass Mattheos Schal meine Halsschlagader bedeckt - wer weiß, ob Burke nicht doch auf meinen rasenden Herzschlag aufmerksam werden würde. Im Inneren Kreis kann man nie sicher genug sein.
,,Was meinst du damit, Weib?", fragt Avery drohend. Es ist kein Geheimnis, dass er ein Mann der alten Schule ist und die Meinung vertritt, dass Frauen nur für zwei Sachen gut sind: zum vögeln und zur Kindererziehung. Er hält nicht viel davon, dass ich es bisher so weit gebracht habe.
,,Ich meine", schnurre ich und lasse Burke nicht aus den Augen, während ich meine Hand über den Tisch strecke und auf seinen Unterarm lege. Ich merke, wie er mir seine ungeteilte Aufmerksamkeit zukommen lässt und es genießt, dass ich ihn berühre. Das ist eine persönliche Waffe, die ich ihm gegenüber nur in ganz besonderen und seltenen Momenten einsetze, um es nicht zu übertreiben. ,,Ich meine, dass wir bereits einen herausragenden Anführer haben, genau vor unseren Augen. Burke, du bist bereits für unzählige Siege gegen die Auroren und das Ministerium verantwortlich. Du bist derjenige, dem über fünf Dutzend Schwarzmagier folgen. Nicht wegen deines Namens, sondern weil du bereits bewiesen hast, was du kannst. Mit dir könnten wir mehr erreichen, als mit einem Mann, der sich sein Leben lang gewehrt hat, diesen Platz einzunehmen."
Avery schnappt ungläubig nach Luft, als hätte ich ihm geradewegs ins Gesicht gesagt, dass Voldemort und seine Sippschaft nichtsnutzig waren.
Aber Burkes Augen hellen sich auf, das Blau wirbelt, als würde ihm die Vorstellung gefallen, nicht mehr ständig versuchen zu müssen, Mattheo zu überreden. Er sieht aus, als hätte endlich jemand erkannt, zu was er fähig ist.
,,Was wären deine nächsten Schritte, Coco?", fragt Burke neugierig und lehnt sich ebenfalls ein Stück vor.
Er hängt mir an den Lippen, als ich nach kurzem, wohlüberlegten Zögern antworte:,,Ich würde meine Stellung offiziell vor den Schwarzmagiern bekanntgeben, damit es keinerlei Missverständnisse und Verwirrungen gibt. Ich würde meine Energie nicht mehr an Riddle verschwenden."
Es vergehen Sekunden, in denen niemand etwas sagt. Mein eigener Atem kommt mir viel zu laut vor und mein Blut rauscht in den Ohren. Ich spüre, wie meine Handflächen feucht werden, aber ich kann meine Hand nicht wegziehen, also kämpfe ich gegen meine körperlichen Instinkte an und versuche, ruhig zu werden. Nicht zu flüchten. Nicht in Verteidigungshaltung zu gehen.
,,Cassian", sagt Burke plötzlich und bricht unseren Blickkontakt ab, als er sich Avery zuwendet. ,,Informiere alle Schwarzmagier in Großbritannien. Sie sollen sich morgen hier einfinden, weil ich eine wichtige Neuigkeit zu verkünden habe."
Dann dreht er mir wieder den Kopf zu und ein breites, wolfsähnliches Grinsen verzieht seine Züge. Ich muss mich zusammenreißen, um nicht zurück zu zucken, weil die Erinnerungen an Fenrir Greyback mich unvorbereitet treffen. ,,Du hast hervorragende Ideen, meine Schöne. Ich fühle, dass wir es noch weit bringen werden."
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Sin - Mattheo Riddle
FanfictionTROPES: enemies to lovers forced proximity revenge secret love you're mine #1 in 'mattheoriddle' >20.07.2420.10.24< ~ ~ ~ little sneak peak: Kurz herrscht Stille zwischen uns, aber dann gluckst er und lacht gequält. ,,Na, offenbar habe ich es zumi...