Kilian steht auf dem Platz neben mir. Er wirft mir nur einen kurzen Blick zu, wir wissen beide, was abgeht. Er läuft mit dem Ball die Linie entlang, ich laufe geradewegs in den Strafraum. Ich bin viel schneller, als die Verteidiger. Sie sprinten mir hinterher und als sie mich kurz vor dem Tor einholen, bleibe ich stehen, sie laufen weiter. Kilian schlägt die Flanke direkt in den Rücken der Abwehr und so präzise, dass ich nur noch den Fuß hinhalte. Tor!
Wie immer werden wir vom Team umzingelt, wir werfen einen Blick auf die Tribüne, holen uns das Herz von Romina ab, die uns, obwohl sie noch sauer auf mich ist, trotzdem immer unterstützt. Sie trägt heute wieder Kilians Trikot und nicht mehr meins. Und sie lächelt heute nicht, ich vermisse ihre Grübchen.
Das ganze Team jubelt, als der Abpfiff ertönt. Wir haben schon wieder gewonnen! Der Einzige, der sich irgendwie nicht freut, ist Kilian. Dieser schaut erneut zur Tribüne, dorthin, wo Julian und Henrik sitzen und angeregt diskutieren.„Was ist los?", frage ich meinen besten Freund.
„Es geht um meinen Wechsel", sagt er. Henrik ist quasi sein Manager und Julian, ein guter Freund von ihm, berät ihn oft. Ich räuspere mich. Ich will nicht, dass er geht.
„Willst du nicht bleiben?", frage ich. Kilian deutet jedoch auf sein Knie.
„Vielleicht ist das meine letzte Chance", sagt er und seine Stimme bricht.
Romina kommt langsam die Stufen der Tribüne hinab, nachdem sie einen letzten genervten Blick auf Henrik und Julian wirft.
Ich will Kilian irgendwas sagen, ihn aufbauen, ihm die Sorgen nehmen, ihn anflehen zu bleiben, weil ich mir nicht vorstellen kann, jemals ohne ihn zu spielen. Wer spielt mir dann die Bälle zu? Wer kennt meine Laufwege sonst noch auswendig? Wer nimmt jede meiner Flanken mit links?„Ich eh-", sage ich. Ich kann ihn nicht verlieren. Und ich will auch seine Schwester nicht verlieren.
In dem Moment kommt Romina bei uns an. Ihr Ausdruck wirkt noch gequälter, als vorher.„Mama hat angerufen", sagt sie zu Kilian und ignoriert mich. Ich würde sie am liebsten schütteln und an mich reißen.
Dann kommt auch Henrik auf uns zu, Julian geht bereits zum Ausgang, winkt mir von weitem zum Abschied.„Wir müssen los!", sagt Henrik streng, schlägt mir zum Abschied auf die Schulter und schiebt seine beiden jüngeren Geschwister energisch nach draußen. Was ist los bei denen?
Romina ist die Erste, die sich zu mir umdreht. Ihre sonst so strahlenden Augen wirken traurig. Ich öffne meinen Mund, ich will ihr hinterherrufen, dass sie mich mitnehmen sollen, doch es kommt kein Ton heraus.
Und erst kurz bevor sie am Ausgang bei Julian ankommen, dreht sich Kilian zu mir um. Ich halte ihm meine Hand hoch, er erwidert die Geste sofort. Wir schauen uns beide ausdruckslos in die Augen. Als wüssten wir beide, dass irgendwas nicht stimmt.Seine türkisen Augen lösen die größte Unsicherheit in mir aus, die ich seit Jahren spüre.
Er steht dort, sieht mir beim Spiel zu und ich kriege nichts auf die Reihe. Ich komme mir so vor, als wäre das ganze Universum gegen mich. Es schüttet unaufhörlich, wie aus Eimern, ich bin klatschnass, es ist eiskalt, es fühlt sich an, als würde ich sekündlich von Nadeln malträtiert und als sich Kilian und mein Blick kreuzen, donnert es, buchstäblich. Um uns herum erscheinen unzählige Blitze. Jaja, ich verstehe.Zum Glück wird das bisher unglaublich miserable Spiel unterbrochen. Dass wir noch nicht im Rückstand sind, ist einfach nur Zufall. Der Schiedsrichter schickt uns aufgrund dieses verfickten Wetters zurück nach drinnen und ohne die drei auf der Tribüne noch einmal anzusehen, ziehe ich meinen Kopf ein und verschwinde in der Kabine.
Wir setzen uns alle, klatschnass wie wir sind, auf die Bänke.„Zieht euch trockene Sachen an!", befiehlt Sandro. Wenn das so einfach wäre.
Das Trikot auszuziehen geht noch irgendwie, aber meine triefenden Socken und Stutzen kriege ich nicht runter. Ich gebe schnell wieder auf und höre Julian nicht dabei zu, wie er auf uns einredet, uns erklärt, worauf wir bei den Dänen achten sollen, dann sieht er mich an, erzählt mir irgendwas, was ich nicht verstehe, weil ich die ganze Zeit gedanklich abschweife. Ich kann mich nicht konzentrieren.
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[Kai Havertz] Wer zuerst fällt
Фанфик[2024] „Wieso müssen sich ausgerechnet unsere Wege immer wieder kreuzen?" Romina und Kai kennen sich schon länger. Aber Romina und Kai mögen sich nicht. Oder? „Es ist nicht ein einziger Moment, der dein Leben verändert. Es ist die Summe an Momente...