Kapitel 15

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Pünktlich zum Mittagessen schließe ich die Vertragsdatenbank, lade die letzte Statistik hoch, speichere die Budgettabelle und aktualisiere meinen Posteingang, der endlich leer bleibt. In meinem schwarzen Shirtkleid und Adiletten gehe ich runter zum Restaurant. Meine Brille ist völlig verschmiert, weshalb ich sie noch im Aufzug erfolglos versuche mit meinem Kleid zu säubern. Vor dem Restaurant treffe ich auf Ilkay und Leroy, die völlig verschwitzt vom Training sind. Am Buffet steht bereits Sandro. Ich habe nichts anderes erwartet. Wie im Voraus von mir bestellt gibt es heute Mittag Reis mit veganem Hack, Pak Choi, Paprika und Soja-Hoisinsoße. Schon, als ich das Essen rieche, läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Als Nachtisch lächelt mir schon das fettarme Kokoseis entgegen. Ich freue mich.
Sandro und ich setzten uns wie üblich nebeneinander. Wir essen irgendwie immer zusammen.
Die Jungs haben heute Vormittag das letzte Training vor dem Spiel gegen Dänemark, den Nachmittag haben sie frei. Eigentlich habe ich gehofft, bei der Hitze den Nachmittag am Pool zu verbringen, aber da bereits Joshua und David in Badehosen am Buffet stehen, kann ich mir das wohl sparen. Nie wieder mit den Idioten.
Als ich mir gerade meine zweite Portion Eis hole, werde ich von Toni abgefangen.

„Was machst du heute Nachmittag?", fragt er. Ich zucke mit den Schultern.

„Habe gegen fünfzehn Uhr einen Termin mit Julian, sonst nichts", sage ich. „Und du?"

„Die Jungs wollen alle an den Pool. Hast du nach dem Essen Lust auf eine Runde Tennis?", fragt er.

„Ja!", sage ich und lächle ihn an. Dann mache ich mir eine zusätzliche Kugel Eis in die Schale. Wenn ich gleich eh noch Sport mache, kann ich mir ja gönnen.

„Cool, halb eins am Platz?", fragt er und stellt seinen Teller ab. Er ist offenbar schon fertig.

„Jap, bis gleich." Toni zwinkert mir zu, dann verschwindet er. Als ich zurück zu Sandro gehen will, drehe ich mich um und laufe geradewegs gegen die typische Wand aus Menthol und Limette.
Kai trägt noch seine Trainingssachen, die zwar ziemlich verschwitzt aussehen aber irgendwie nicht stinken, seine Wangen sind noch gerötet und sein Atem geht schnell, als wäre er bis jetzt noch gelaufen. Doch seine Augen wirken trüb und leer. Kurz erwidert er meinen Blickkontakt, dann verdreht er die Augen und lässt mich ohne einen Kommentar stehen. Alles klar.

Sandro und ich essen noch den Nachtisch, dann laufe ich schnell hoch in mein Zimmer, um in meine Sportkleidung und auf Sonnenbrille zu wechseln. Ich werfe mir noch einen Ananas-Kaugummi in den Mund, ziehe meine Laufschuhe an und dann mache ich mich fünf Minuten vor halb Eins auf den Weg zum Tennisplatz. Sobald ich draußen ankomme, höre ich schon die lauten Geräusche vom Pool und aus Neugier beschließe ich, durch den Garten zu gehen. Die üblichen Clowns tummeln sich im Wasser, aber alle Liegen sind ebenso besetzt. Es ist nicht so, als würde ich nach Kai suchen, aber auf Anhieb finde ich ihn am Pool auch nicht.

„Nochmal 'ne Abkühlung, Romi?", ruft Jamal. Ich antworte mit meinem Mittelfinger, Florian lacht.

Kopfschüttelnd verlasse ich den Garten wieder und komme anschließend beinahe pünktlich bei Toni an, der schon die Schläger und Bälle bereit liegen hat und auf mich wartet. Es ist wirklich außergewöhnlich heiß. Trotzdem spielen wir ein paar Sätze, bis auch er wieder geschwitzt ist.

„Sollst du dich überhaupt noch so anstrengen vor dem Spiel?", frage ich.

„Nein. Aber für mich funktioniert Ablenkung so besser", sagt er und macht den Aufschlag.

„Bist du nervös?", frage ich und spiele den Return.

„Eigentlich nicht", sagt er und schlägt den Ball weit nach links, weshalb ich laufe. „Ich denke nur, dass es mein letztes Spiel ist."
Ich komme an den Ball und schlage leicht, dass er direkt hinter dem Netz landet, diesmal rennt Toni.

[Kai Havertz] Wer zuerst fälltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt