Tinte, Torte und Testosteron

Kapitel 26: Vondelpark

Matty

Matty schloss an diesem Tag die Bäckerei schon kurz nach Mittag. Er hatte kein Brot, keine Brötchen, keine Kuchen, Torten oder andere Gebäcke. Die neue Lieferung war noch nicht eingetroffen. Eine Bäckerei ohne Backwaren konnte er genauso gut schließen. Zum Glück hatte Flo nur wenig zu tun und sie verabredeten sich im Vondelpark. Er hatte kurz überlegt, einfach in den nächsten Supermarkt zu gehen und zu kaufen was er brauchte, aber den Gedanken verworfen. Das würde viel zu viel Geld kosten, dass er nicht wieder reinholen würde. Dann nahm er sich lieber den Mittag frei.

Er schloss gerade sein Fahrrad auf, als sein Blick auf sein Vorderrad fiel. ‟Oh nein", sagte er und drückte mit seinem Daumen auf den Reifen. Er war platt. Genervt ging er zurück in die Bäckerei und holte seine Fahrradpumpe. Doch als er wieder bei seinem Fahrrad war sah er, dass auch sein Hinterreifen platt war.

Ein ungutes Gefühl breitete sich in seiner Brust aus. Vorder- und Hinterreifen waren platt? War er durch Scherben gefahren? Er hatte nichts gemerkt. Und in all seinen Jahren in Amsterdam hatte er noch nie einfach so einen Platten gehabt und schon gar nicht Vorne und Hinten. Matty kniete sich hin und untersuchte die Reifen. Dabei fand er in beiden einen großen Riss. Es sah beinahe so aus, als ob sie...aufgeschlitzt worden wären.

Das konnte doch nicht sein. Schon wieder hatte ihm jemand was kaputt gemacht. Wütend gab Matty seinem Fahrrad einen Tritt. So ein Mist. Erst die versaute Bestellung und jetzt das hier. Nach einem erneuten Tritt gegen das Fahrrad machte sich Matty auf dem Weg zur Straßenbahn. Auf seinem Weg zum Park dachte er wieder über sein Missgeschick mit der Bestellung nach.

Wie hatte er sich nur so vertippen können? Er bestellte nie Mehl, bei dem schon Hefe zugesetzt war. Wirklich nie. Bei diesem Mehl wusste er einfach nicht sicher, wie es aufgehen würde. Als Bäcker dosierte er die Hefe lieber selber.

Aber als er gestern in seine Backstube gekommen war, hatte er sofort gesehen, dass etwas nicht stimmte. Alle vorbereiteten Teige waren über die Formen gequollen und manche hatte sich in einer großen Pfütze auf dem Backblech ausgebreitet. Trotzdem hatte er versucht, zu retten was zu retten war und so seinen Ofen fast in Brand gesteckt, weil die Teige darin nochmal aufgegangen waren. Und das, was halbwegs gut aussah, hatte geschmeckt wie säuerlicher Joghurt.

Er hatte sich eingestehen müssen, dass er einen Fehler gemacht hatte. Ein Blick in seine Bestellung bestätigte es. Er hatte das falsche Mehl gekauft. Vielleicht war ich einfach zu müde, dachte er und bog um die letzte Ecke vor dem Park. Schließlich hatte er einen langen Tag gehabt, dann noch das Essen mit Mark und der Sex...ein dummer Fehler, ein Vertippen. Und doch...komisch war es schon, denn er kontrollierte seine Bestellungen bevor er sie abschickte. Immer.

Und dann noch die kaputten Reifen. Ob das in der Nacht passiert war? Matty überlegte, wann er das letzte Mal mit dem Fahrrad gefahren war. Vermutlich an dem Morgen, nachdem er bei Mark übernachtet hatte. Damit hatte er keine Möglichkeit herauszufinden, wann genau die Reifen zerstochen worden waren. Nicht, dass es wirklich etwas ausmachte, aber trotzdem.

Einmal im Park angekommen ging er zur Freilichtbühne, die sich im Herzen des Parks befand. Flo wartete bereits auf ihn, in der Hand zwei Becher mit Eiscreme. Gemeinsam suchten sie sich ein sonniges Plätzchen und setzten sich ins Gras.

„Und alles was du gebacken hast, ist hinüber?" fragte Flo, machte ein Foto von ihrem Zitroneneis, dann ein Selfie, bevor sie das Eis probierte.

„Ja, ich musste alle Teige wegschmeißen." Matty probierte das Stroopwafel Eis, das Flo für ihn ausgesucht hatte. Es war gut. „Der Lieferant schickt morgen schon neues Mehl." Er hatte ihr alles über die vermasselte Bestellung erzählt, aber nichts über sein Fahrrad. Matty wusste selber nicht genau, warum er das für sich behielt. Er wollte es Flo ja erzählen, aber dann würde es so real werden. Flo riss ihn aus seinen Gedanken.