Kapitel 32: Freunde?

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Matty

Am nächsten Morgen wachte Matty nicht wie gewohnt in den frühen Morgenstunden auf. Als er auf die Uhr sah, stellte er überrascht fest, dass es schon fast acht Uhr war. Matty schlug die Decke zur Seite und setzte sich auf. Er kam zu spät! Hektisch griff er nach seiner Hose und fiel beinahe von der schmalen Sitzbank. Er konnte sich gerade noch so an dem kleinen Tisch festhalten. Erst da fiel ihm wieder ein, dass es nichts gab, zu dem er zu spät kommen konnte. Seine Bäckerei war voller Rauch, seine Zutaten unbenutzbar.

Entmutigt ließ er sich zurück gegen die Lehne der Sitzbank fallen. Die Ereignisse der letzten Nacht spielten sich vor seinen Augen ab wie ein Film. Der Rauch, das Feuer, die Hitze in der Backstube. Seine Versuche, den Rauch draußen zu halten. Seine Panik, dass das ganze Gebäude abbrennen könnte. Und dann Wolf, der ihn praktisch aus dem Haus gezerrt hatte. Er rieb sich den Nacken.

Ohne Wolf, der ihn gepackt und hinausgeschleift hatte, wäre Matty nicht von alleine hinausgelaufen, das wusste er. Und sein Nachbar hatte auch die Feuerwehr gerufen. Wenn Wolf nicht gewesen wäre, wäre das ganze vermutlich viel schlimmer abgelaufen. Er hatte ihn und seine Bäckerei gerettet. Und dann hatte er ihn auch noch bei sich übernachten lassen. Auf einem Boot! Nie im Leben hätte Matty Wolf für die Sorte Mensch gehalten, der auf einem Wohnboot wohnte. Er hätte sich Wolf eher in einem Loft oder einer kleinen, verqualmten Wohnung vorgestellt.

Matty sah sich um Morgenlicht um. Gestern war er einfach zu fertig gewesen, um seine Umgebung wirklich wahrzunehmen. Das Boot war alt. Die Sitzbank auf der er saß hatte schon bessere Tage gesehen, das karierte Muster war kaum noch zu erkennen. Der kleine Tisch vor ihm hatte unzählige Ringe von Gläsern und musste mal abgeschliffen und neu poliert werden. Die kleine Küchenzeile bestand aus vergilbtem Plastik, aber die Schränke darüber sahen relativ neu aus. Auch wenn alles alt war, so war es doch sauber und irgendwie...gemütlich. Ja, das war das richtige Wort. Gemütlich. Was vielleicht auch daran lag, dass überall auf den Stoffen kleine Blumen oder Karos abgebildet waren. Komischer Geschmack für jemanden wie Wolf. Vielleicht hatte Wolf das Boot so gekauft und noch nicht renoviert?

Ob Wolf schon wach war? Matty lauschte, doch er konnte nichts hören. Langsam stand er auf und spähte zum Schlafzimmer. Das Bett war leer. „Hallo?" rief er und klopfte an die Badezimmertür. Als er keine Antwort bekam, öffnete er sie vorsichtig. Das winzige Badezimmer war auch leer. Er stand einen Augenblick unschlüssig herum, doch dann drang ihm der Geruch nach Rauch in die Nase. Sein T-Shirt und seine Haare stanken danach. Sogar seine Haut roch nach Rauch.

Er nutzte die Zeit, in der Wolf verschwunden war und duschte. Zwar brauchte er ein paar Versuche, bis er das Wasser in Gang bekam, aber dann genoss er die Wärme auf der Haut. Er war noch nie auf einem Hausboot gewesen und auch wenn er alles sehr beengt fand, so war es funktional.

Matty rubbelte sich gerade das Haar trocken, als er von Oben Schritte hörte. Einen Augenblick später kletterte Wolf die Holzstufen herunter. Ihre Blicke trafen sich. Wolf trug eine verwaschene Jeans mit ausgefransten Knien, dazu ein schwarzes Shirt und anstelle seiner Stiefel trug er Converse Sneaker. Seine Tattoos blitzen unter den Ärmeln und am Halsausschnitt hervor. Matty konnte die Muster nicht erkennen, aber sie waren in jedem Fall bunt. Matty senkte den Blick, als er merkte, dass er Wolf anstarrte.

„Morgen", sagte Wolf und hielt eine Tüte in die Höhe. „Ich habe Frühstück besorgt. Die Brötchen sind sicher nicht so gut wie deine, aber naja."

„Danke", sagte Matty. „Das wäre aber nicht nötig gewesen."

„Ich habe nicht oft Gäste", erwiderte Wolf und stellte auch noch zwei Becher To-Go Kaffee auf den kleinen Tisch. „So roste ich wenigstens nicht ein."

Wolf kramte einem Moment in dem kleinen Schrank über der Spüle, dann stellte er ein Glas Marmelade und eine Packung Hagelslag auf den Tisch. Er fuhr sich durch seine Haare und biss sich auf die Unterlippe. „Sorry, mehr habe ich nicht da. Ich frühstücke eigentlich nicht."

Tinte, Torte und TestosteronWo Geschichten leben. Entdecke jetzt