Kapitel 38: Der Übeltäter enttarnt

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Wolf

Er konnte nicht sagen, was ihn geweckt hatte, aber Wolf schreckte mit klopfendem Herzen hoch. Um ihn herum war es dunkel, nur die kleine Lampe auf dem Tresen brannte. Er lauschte, doch das Studio war still. Wolf gähnte und sah auf die Uhr. Es war beinahe ein Uhr nachts.

„Mist", murmelte er und setzte sich auf der Ledercouch auf. Er musste eingeschlafen sein. Sein Skizzenblock fiel auf den Boden und Wolf hob ihn auf. Dabei fiel sein Blick auf die Zeichnung, an der er gearbeitet hatte, bevor er eingeschlafen war. Sie zeigte eine Häuseransicht von Amsterdam, auf der die Grachtenhäuschen detailreich zu sehen waren. Mit einem weiteren Gähnen warf er den Block auf den Tisch und stand auf. Bevor er den Entwurf zum Verkauf anbieten konnte, musste er aber noch die kleine Bäckerei und das Tattoostudio daneben wegretuschieren. Zumindest schien er keine Zeichenblockade mehr zu haben. Im Gegenteil, sein Kopf war voller Ideen, die er zu Papier bringen wollte.

Er schloss das Studio ab und ging zu seinem Motorrad. Er gähnte und überlegte kurz, ob er heute nicht einfach losfahren sollte, anstelle das Bike zuschieben. Er rieb sich seine brennenden Augen. Dann sah er aus dem Augenwinkel etwas aufblitzen.

Er sah genauer hin. Zuerst passierte nichts. Die Straße lag dunkel und still vor ihm. Seit dem Brand bei Matty schaute er jeden Abend, bevor er nach Hause fuhr, ganz genau hin. Wolf lauschte, doch sein Puls pochte in seinen Ohren und übertönte alle anderen Geräusche. Er wartete. Und dann sah er es!

Da war ein Licht in der Bäckerei. Es bewegte sich an der Wand entlang, bevor es verschwand. Es sah aus wie eine Taschenlampe. Ob das Matty war? Aber warum sollte er mit einer Taschenlampe in seinem eigenen Haus herumlaufen? Ob es einen Stromausfall gegeben hatte? Schnell sah er sich um, doch die Straßenlaternen brannten. Wolf schlich zum großen Fenster der Bäckerei. Der Verkaufsraum war dunkel und leer. Auch das Licht war verschwunden. Wolf beobachtete den Raum, doch als er nichts mehr sah, begann er sich zu fragen, ob er sich das Licht nur eingebildet hatte.

Er wollte sich gerade abwenden und den Lichtschein seiner Müdigkeit zuschreiben, als er ihn wieder sah. Sein Herz pochte heftig als er das Gesicht gegen die Scheibe drückte. Ja! Da war ganz eindeutig ein Lichtschein zu sehen, der unter der Tür zur Backstube hervorblitzte.

Wolf überlegte, was er tun sollte. Die Tür eintreten? Die Polizei rufen? Nach allem was Matty ihm über den Vandalismus erzählt hatte, wäre die Polizei vielleicht die beste Option. Er holte sein Handy aus der Tasche und hatte schon die Nummer der Notrufzentrale eingetippt, als er sich mental vor die Stirn schlug. Er konnte doch Matty anrufen! Sie hatten nach dem Feuer ihre Telefonnummern ausgetauscht, um sich im Notfall erreichen zu können. Und wenn es tatsächlich Matty war, der da im Haus herumlief, hätten sie die Polizei nicht umsonst gerufen.

Mit fliegenden Fingern wählte er Mattys Nummer. Er hörte es klingeln. Einmal, zweimal. Beim dritten Mal hörte er Mattys verschlafene Stimme. „Hallo?" Sofort wusste Wolf, dass es nicht Matty war, der da herumlief. Jemand war im Haus. Matty war in Gefahr!

„Matty?" flüsterte Wolf. „Ich bins, Wolf. Da ist jemand bei dir im Haus."

„Was?" Matty klang, als ob er gerade aus dem Tiefschlaf erwacht wäre.

„Da ist jemand in deiner Backstube, Matty. In deinem Haus. Verschließ deine Tür und bleib, wo du bist. Ich rufe die Polizei."

„In meinem Haus?" Wolf hörte Stoff rascheln, dann leise Schritte.

„Ja, ich stehe unten vor deiner Tür und kann Licht sehen. Da ist jemand bei dir im Haus. Ich leg jetzt auf und rufe die Polizei. Schließ deine Tür ab!"

„Uhm....okay."

„Matty, bleib wo du bist, okay? Die Polizei wird gleich da sein."

Wolf konnte Matty am anderen Ende der Leitung atmen hören.

Tinte, Torte und TestosteronWo Geschichten leben. Entdecke jetzt