Die Leibesvisitation

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Der zweite Kuss schürte das Feuer in Bleuciels Lenden. Nie zuvor hatte ihn ein Mann auf solch eine Weise verführt, geschweige denn geküsst. Er konnte fühlen, wie Morels Zunge seine eigene umspielte, wobei eine leichte Wein-Note zu schmecken war. Mit geschlossenen Augen vernahm Bleuciel das leichte Schmatzen, welches ihre Münder während des Kusses verursachten. Viel zu schnell verging die Zeit, bis sich die beiden sachte voneinander lösten.

„Mein Gott", flüsterte Morel. „Ich fürchte, dass ich Ihnen zur Gänze verfallen bin, Monsieur. Ich kann mich Ihrer nicht mehr entziehen."

Bleuciel, für den die gesamte Situation völliges Neuland war, konnte nicht viel darauf erwidern. Es gelang ihm bloß, Morel in die Augen zu sehen. Mit Sorgfalt betrachtete er die vereinzelten blonden Strähnen, die seinem Gegenüber ins Gesicht gefallen waren. Er widerstand dem Impuls, diese mit einer sanften Bewegung hinter das Ohr zu streichen, da es ihm hierfür schlichtweg an Mut mangelte. Erneut lag es an Morel, den nächsten Schritt zu gehen, was anhand eines pikanten Vorschlags auch direkt erfolgen sollte.

„Monsieur", raunte er. „Ich sollte Sie noch einer Leibesvisitation unterziehen." Dabei entfernte er Bleuciels Halstuch, welches er achtlos zu Boden fallen ließ. „Ich muss sichergehen, dass Sie keine ernsthaften Verletzungen davongetragen haben."

Aufgeregt blickte Bleuciel an sich hinab, wo Morels Finger nicht zögerten, die Knöpfe seiner Weste zu öffnen. Dies taten sie mit solch einem Eifer, dass sie ein jeden ins Staunen versetzt hätten. Nachdem der letzte Knopf überwunden war, streifte Morel die Weste von den Schultern des Diebes, sodass nur dessen Leinenhemd noch übrigblieb.

„Warten Sie", bat Bleuciel, als er die Hände von Morel ergriff. „Ich weiß nicht, ob ich das kann."

„Erlauben Sie mir, die Scheu ein wenig zu mindern", entgegnete der Mann, der sich sanft aus dem Griff befreite.

Mit einer fließenden Bewegung entfernte Morel das eigene Leinenhemd, unter dem eine wohldefinierte Brust zum Vorschein trat. Tatsächlich half dieses Vorgehen dabei, die Besorgnis von Bleuciel in den Hintergrund zu drängen. Vielmehr lag dem Dieb jetzt daran, noch mehr von Morels ansehnlichem Körper zu erspähen. Die Freude an dem Genuss war geweckt.

Bereitwillig hob Bleuciel jetzt die Arme, um sich das Oberteil über den Kopf ziehen zu lassen. Anschließend sah er dabei zu, wie er sorgfältig gemustert wurde.

„Welch Scheusal dieser Sträfling doch war", murmelte Morel, dessen Finger mit penibler Vorsicht über die Hämatome streichelten. „Wäre ich bloß früher vor Ort gewesen", fügte er trübsinnig hinzu.

„Wenn Sie nicht gewesen wären ...", erwiderte Bleuciel, dem es nicht gelang, den Satz zu Ende zu sprechen.

„Vergessen wir, was vergangen ist", entschied Morel. „Konzentrieren wir uns auf das Gegenwärtige." Dabei drückte er den Dieb mit sanfter Gewalt zurück, sodass dieser mit dem Rücken auf dem Sofa lag.

Als nächstes folgten die Stiefel, die Morel seinem Gast von den Beinen zog. Die teils löchrigen Kniestrümpfe lösten bei Bleuciel derweil ein Schamgefühl aus. Er versuchte sie zu verstecken, was Morel mit einem Schmunzeln kommentierte. Geschickt drängte er sich zwischen Bleuciels Beine, um sich nun dicht über ihn zu beugen.

„Keine Sorge", versicherte Morel. „Es gibt nichts, dessen Ihr euch zu schämen braucht, Monsieur."

Die leicht rauchige Stimme verwob sich mit dem Knistern des Feuers. Mit einer gewissen Vorfreude wartete Bleuciel auf das, was als nächstes passieren würde. Jede Berührung entfernte einen Teil seiner anfänglichen Skepsis und sorgte dafür, dass er sich mehr und mehr gehenließ.

Er ließ zu, dass Morel seine Brust mit vielen kleinen Küssen bedeckte und bedankte sich anhand eines wohligen Seufzers dafür. Obendrein begann Bleuciel damit, seine Finger durch das lange blonde Haar des Mannes gleiten zu lassen. Die Struktur ähnelte feinster Seide, die man nur in den vornehmsten Läden fand. Als er das Band zu fassen bekam, entschied Bleuciel kurzerhand es zu lösen. Prompt fiel die Mähne von Morel auf seine Brust.

Le cour voléWo Geschichten leben. Entdecke jetzt