Ein- und Ausbruch

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Die Zeit bis zum späten Abend verbrachten Perceval und Bleuciel auf dieselbe Weise: mit warten. Allzu lange hielten es die beiden jedoch nicht aus. Gleichermaßen brannte in ihnen das Verlangen, den jeweils anderen wiedersehen zu wollen, weshalb sie etwa im selben Augenblick zur Tat schritten.

Im Schutze der Dunkelheit lief Bleuciel vom Stall ausgehend durch den Garten, bis sich die halbdunkle Front des Chateaus in majestätischer Weise vor ihm auftürmte. In der Nähe des – mit Büsten dekorierten – Vorplatzes hockte sich der Dieb an ein Gebüsch, um die derzeitige Lage zu überprüfen. Aufgrund der postierten Männer kam der Weg durch den Haupteingang nicht in Frage, womit nur die Rückseite des Hauses übrigblieb. Dort erhoffe sich Bleuciel einen Dienstboteneingang zu finden. Er wartete noch eine Weile und passte den richtigen Moment ab, bevor er sich rasch zur linken Seite des Hauses begab, um dort in geduckter Haltung an der Außenwand entlang zu laufen. Den Großteil seiner Schritte verschluckten der Wind und der weiche Boden, wofür der Dieb äußerst dankbar war. Ihm war jedoch bewusst, dass er diese Vorteile innerhalb des Hauses nicht mehr haben würde, weshalb er langsam und mit äußerster Vorsicht agieren musste.

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Zur gleichen Zeit verließ Perceval sein Zimmer, um die ersten Vorbereitungen zu treffen. Er wandte sich nach links, wo sich in unmittelbarer Nähe ein Lagerraum befand. Dort bewahrten sie unter anderem Handtücher, Kerzen und Bettwäsche auf. Darüber hinaus gab es eine Wendeltreppe aus Holz, über die der Adelige ins Erdgeschoss gelangen konnte. Flinken Schrittes eilte er sie hinab, sodass er sich jetzt im östlichen Teil des Chateaus befand.

Durch die Tür gelangte Perceval an eine Abzweigung. Vor ihm erstreckte sich derweil ein langer Flur, auf dessen gegenüberliegenden Seite sich die Küche befand. Oftmals nutzten die Bediensteten den Gang, um nicht permanent im vorderen Bereich gesehen zu werden. Bevor sich der Künstler für diese Richtung entschied, wandte er sich zunächst nach links, wo es drei weitere Lagerräume gab, die an den Ballsaal und somit den vorderen Bereich des Hauses anknüpften. In einem dieser Lagerräume fand Perceval das gewünschte Objekt in Form eines großen Tornisters. Diesen nahm er an sich, alsdann er den eigentlichen Weg zur Küche antreten konnte.

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Auf der Rückseite des Gebäudes entdeckte Bleuciel den gewünschten Dienstboteneingang. Hin und wieder war selbst ihm ein wenig Glück vergönnt. Vorsichtig öffnete er die Tür, durch die er anschließend in einen spärlich beleuchteten Gang spähen konnte. Der Dieb horchte eine Weile, ehe er sich auf westlich gelegener Seite in das Innere der Bestie wagte.

Während des Betretens entdeckte Bleuciel zu seiner linken eine angelehnte Tür, hinter der irgendjemand am Hantieren war. Wer oder was sich dahinter verbarg, interessierte ihn nicht. Wichtig war bloß, dass derjenige hinreichend beschäftigt war und somit nicht auf ihn aufmerksam wurde. Demnach schlich der Dieb auf Zehenspitzen daran vorbei, bis er sich in der Küche des Hauses wiederfand. Ein großer Raum, in dessen Zentrum ein massiver Holztisch stand. An den Seiten befanden sich Regale, Kochutensilien, eine Tür – die vermutlich zur Speisekammer führte – sowie eine Feuerstelle, deren Flammen für eine spärliche Beleuchtung sorgten.

Bevor Bleuciel weitergehen konnte, vernahm er plötzlich Schritte, die erschreckend schnell näherkamen und einen kurzweiligen Magenkrampf zur Folge hatten. Zu knapp war die Zeit, um umzukehren, weshalb der Dieb nur eine Möglichkeit sah. Blitzschnell krabbelte er unter den Tisch, wobei ihm das Herz bis zum Halse schlug. Keine Sekunde später erschien die Silhouette eines Mannes, den Bleuciel wegen seiner Position und der mickrigen Beleuchtung nicht richtig erkennen konnte.

Mit angehaltenem Atem beobachtete er, wie die Gestalt in die angrenzende Speisekammer lief. Dabei bemerkte Dubois, dass der Mann irgendwas in seinen Händen hielt, was einem Rucksack zu ähneln schien. Innerlich verfluchte Bleuciel den Störenfried, da dieser sein derzeitiges Vorhaben vereitelte. Den hektischen Bewegungen nach zu urteilen, war die Person in großer Eile, was den Dieb zusätzlich stutzen ließ. Er fragte sich, was Perceval wohl davon halten würde, wenn er wüsste, dass seine Angestellten wie Ratten durch die Räume huschten und sich scheinbar unerlaubt an den Vorräten bedienten.

Le cour voléWo Geschichten leben. Entdecke jetzt