Louis - Alles egal

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"Willst du mir verraten, was das werden soll?" zischte ich leise und sah Zayn fragend an. In der letzten Stunde hatte er keine Chance ausgelassen, mich irgendwie zu berühren oder mir näher zu sein, als er sonst war. Sicher, unsere Freundschaft war sehr eng, aber das hieß nicht, dass ich ihn permanent an mir kleben haben wollte.
„Wenn du verliebt in mich bist, sag's mir lieber gleich. Du siehst an mir, wie scheiße es ist, wenn man's nicht tut", versuchte ich zu scherzen. Zayn grinste und stupste mit dem Zeigefinger meine Nasenspitze an. „Hab doch ein wenig Vertrauen in mich, Lou, okay?" antwortete er nur. Ich rollte mit den Augen, schmunzelte aber. „Das habe ich aufgegeben, als du mir damals den Dildo geschenkt hast zum Geburtstag und ich ihn vor meinen Schwestern auspacken musste."

Zayn lachte lauthals auf und ichschüttelte den Kopf und sah mich um. Die Party war gut gefüllt, das Wohnzimmer brechend voll. Die Leute waren bereits alkoholisiert und ich seufzte innerlich, denn ich war so gar nicht in Stimmung für eine Party, wenn ich ehrlich war. In meinem Kopf hatte sich die lächerliche Idee festgesetzt, dass Harry hier allein wäre und den Abend ausschließlich mit mir verbringen würde. Da das nun offensichtlich nicht der Fall war, war meine Laune zusammen mit dem Fantasieschloss in meinem Kopf ziemlich eingebrochen. 

Ich sah Niall auf uns zukommen, in seinen Händen trug er ein Tablett mit Schnapsgläsern, welches er hoch über seinem Kopf hielt, um heil damit durch die Menge zu kommen. Direkt vor uns stoppte er, hielt uns das Tablett entgegen und grinste. „Auf mich!" sagte er mit einem Zwinkern. Wir lachten leise und nahmen jeder einen Schnaps in die Hand.
„Auf dich, Nialler!"
Harry tauchte mit Lilly neben uns auf und nahm sich ebenfalls ein Schnapsglas, sah mich kurz dabei an und ich lächelte mechanisch. Zayn stieß mit Harry an, sah dann zu mir und mit einem Grinsen hob er meinen Arm an, schlang seinen darum. „Prost, mein Lieber! Vertrau mir", sagte er leise mit einem Zwinkern. So miteinander verbunden tranken wir den Schnaps und dann gab er mir einen kurzen Kuss auf die Lippen, ehe er sich wieder löste und sich zu Niall umdrehte, als wäre nie etwas passiert. 

Ich sah ihn an und wusste nicht, wie ich reagieren sollte für einen Augenblick. Ich wollte etwas sagen, doch Harry schob sich in mein Blickfeld, sah mich finster an. „Amüsierst du dich?" fragte er, sein Ton klang unzufrieden. Einen Moment überlegte ich, dann nickte ich. „Auf jeden Fall! Und du?" stellte ich die Gegenfrage. Er zuckte mit den Schultern und sah zu mir. „Wollen wir rauchen gehen?"
Wenn er dachte, er müsste nur mit dem Finger schnipsen, dann hatte er, nun ja, leider recht. Doch das wollte ich nicht zugeben, niemals. Ich musste stur bleiben. Ich sah ihn also an und wollte ablehnen, doch er hatte ihn aufgesetzt, den verdammten Hundeblick. Ich spürte, wie die Mauer, die ich unbedingt versuchte aufzubauen, wieder zusammenfiel.
„Gern, wenn du welche hast? Ich habe keine gekauft." 

Er nickte zufrieden und hielt eine Schachtel hoch mit einem Lächeln. „Baby, du hast deinem Dad und mir versprochen, dass du aufhörst!" sagte Lilly, als wir uns in Bewegung setzen wollten. Ich sah zu ihr und Harry auch, seufzte leise. „Gönnst du mir noch diese eine Zigarette? Noch ein letztes Mal?" fragte er und lächelte sie charmant an. Da war es wieder, das Gewinnerlächeln. Das Lächeln, dass jeden schwach werden ließ. Und ich beobachtete gerade live und in Farbe, wie Lilly's Gesichtszüge weicher wurden und sie ihn mit einem verliebten Lächeln bedachte, ehe sie nickte.
„Na gut. Aber nur die eine!" sagte sie und küsste ihn zärtlich. Er erwiderte und ich wandte sofort den Blick ab, ging zu Zayn und tippte gegen seine Schulter. Er drehte den Kopf lächelnd zu mir. „Ich gehe eine rauchen mit Harry. Ich bin gleich wieder da", sagte ich und er nickte und küsste meine Wange. „Viel Spaß", flüsterte er grinsend.

Ich schenkte ihm ein breites Lächeln, ehe ich zu Harry ging und schließlich mit ihm gemeinsam die Terrasse aufsuchte. Hier war es deutlich ruhiger und um einiges dunkler, da Niall die Jalousien heruntergelassen hatte, so dass seine Nachbarn sich nicht von den Diskolichtern innen stören lassen konnten. Harry lehnte sich einen Moment gegen die Absturzsicherung, ehe er wieder einen Schritt zurückging und mich ansah. „Du hättest mir ruhig sagen können, dass du mit ihm schläfst."
Ich öffnete den Mund, wollte sofort protestieren, doch die Worte schafften es nicht aus meinem Mund. Stattdessen schüttelte ich einfach nur den Kopf und blickte in seine Augen, hoffte, dass die Antwort genug war. Dass wir uns noch immer ohne Worte verstanden. Er musterte mein Gesicht und seine Augenbrauen zogen sich verwirrt zusammen. „Tust du das nicht?"
Seufzend schüttelte ich noch einmal den Kopf und nahm mir die Schachtel Zigaretten, die er noch immer in der Hand hielt. Langsam zog ich eine davon heraus und zündete sie mir an, ehe ich ihm die Packung wieder zurückgab.
„Ist es denn wichtig?" fragte ich nach einem tiefen Zug. 

Er schüttelte den Kopf. „Er sieht dich so an, Lou", sagte er leise, wirkte nachdenklich.
„Wie denn?" fragte ich und musterte sein Seitenprofil. Er starrte angespannt auf die Fassade der gegenüberliegenden Häuser, während er die Zigarette zwischen seine Lippen schob und sie anzündete. Sein Gesicht wirkte hart, umrahmt von dem lockigen, glänzenden Braun seiner Haare. „So, als wärst du das Wichtigste."

Mein Herz zog sich zusammen bei dem Gedanken daran, dass auch er mich einmal so angesehen hatte. Vor langer Zeit, als er und ich noch unzertrennlich waren.
„Wir mögen uns eben. Du und Lilly seht euch auch so an", antwortete ich schlicht, weil mir nichts anderes einfiel.
Er schnaufte leise.
„Ich bin ja auch mit Lilly zusammen", fauchte er mich beinahe schon an und überrascht sah ich zu ihm. Die Leichtigkeit der letzten zwei Wochen in unseren Nachrichten schien vorbei zu sein, wenn wir live voreinander standen. Als würden wir uns verkrampfen, sobald wir uns sahen. Dass er mit Lilly hier war, machte es für mich noch schwieriger, weil ich nicht verstand, wieso er sich so verhielt.
„Was ist eigentlich gerade dein Problem?" fragte ich ihn deshalb. Er verwirrte mich. Harry sah zu mir und in seinen Augen funkelte Wut, während er die Kiefer aufeinanderpresste. „Ich habe kein Problem!" fuhr er mich an. 

Meine Augen wurden groß und ich erschrak vor seiner Reaktion. Für einen Augenblick sah ich ihn nur an, dann nickte ich und schnipste die Zigarette von der Terrasse. „Gut, dann gehe ich wieder rein", sagte ich genervt und lief in Richtung der Tür davon. Doch ich kam nicht weit, denn er umgriff mein Handgelenk fest und zog mich wieder zurück zu sich, schaute mir fest in die Augen. In seinen loderte es förmlich und sein Griff ließ nicht locker. „Was ist?" fragte ich ihn etwas lauter.
Er schnaubte wieder und sagte nichts, starrte mich einfach an. Es vergingen gefühlt Minuten, er musterte mein Gesicht, sah kurz auf meine Lippen und schließlich wieder zurück in meine Augen. „Du hast gesagt ihr wärt Freunde!" sagte er aufgebracht.
Verwirrt sah ich ihn an. „Das sind wir auch! Und wieso sollte dich das denn überhaupt interessieren?!"
Harry ließ mein Handgelenk los. „Das tut es nicht!" sagte er laut und fuhr sich durch die Haare. Ich schüttelte den Kopf. „Dann lass mich doch einfach wieder rein gehen?! Das hier ist doch eine völlig sinnlose Diskussion, Harry!"

Er sah mich aufgebracht an und wollte etwas sagen, doch das tat er nicht. Stattdessen kam er einen Schritt auf mich zu. Wir sahen uns einen Moment beide gleichermaßen frustriert in die Augen, dann griff er plötzlich in meinen Nacken. Ich konnte überhaupt nicht reagieren, so schnell zog er mich mit einem kräftigen Ruck an sich und nur wenige Augenblicke später lagen seine Lippen auf meinen. Er küsste mich fordernd, ich spürte seine Wut in den Bewegungen seiner Lippen. Hektisch stieß ich ihn von mir und sah ihm erschrocken in die Augen.

Zwischen uns war absolute Stille, wir atmeten beide schwer und ich löste den Blick nicht. Er blinzelte leicht, seine Brust hob und senkte sich schnell. Und dann verlor ich meine Selbstkontrolle. Ich ging auf ihn zu, schlang die Arme um ihn und presste meine Lippen verlangend auf seine. Harry's Hand legte sich an meine Taille und er drückte mich an die hinter uns befindliche Wand,  presste sich an mich und krallte die Finger in meine Haut. In diesem Moment war mir alles egal. Es war mir egal, dass da drin seine Freundin stand und auf ihn wartete. Es war mir egal, ob wir erwischt werden könnten. Es war einfach alles egal, außer er und ich.

Seine Hände wanderten meinen Körper  entlang bis zu meinem Gesicht, er legte sie auf meine Wangen, steckte mir tief seine Zunge in den Mund und keuchte in den Kuss, während ich versuchte, mein  wahnsinnig rasendes Herz unter Kontrolle zu bringen. Ich legte meine Hände auf seinen Hintern, drückte ihn an mich und er ließ es zu, presste mich noch stärker gegen die Wand und als er Druck auf meine Mitte ausübte, stöhnte  ich in den Kuss. Ich war vorbereitet darauf, dass er sofort abbrechen würde.  Ich rechnete fest damit. Doch es passierte nicht.

All This Time | L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt