Louis - Du bist hier sicher

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Sie sah mich aus eiskalten Augen heraus an, während sie ihre Handtasche höher schob und die Arme verschränkte. Eine Augenbraue hatte sie hochgezogen, sie wippte ungeduldig mit dem Fuß auf und ab.
"Wer ist wo?" fragte ich sie, bemüht um einen unverfänglichen Ton. 
Lilly lachte schnaubend auf und wollte in die Wohnung eintreten, doch ich versperrte ihr augenblicklich den Weg. "Du kommst hier nicht rein." 
Ihr Blick wurde noch kühler, doch sie hielt ihre Fassung zusammen, ließ sich sonst nichts anmerken. Man erkannte es nur an ihren Augen.
"Ich frage es noch einmal, Louis", sagte sie. "Wo ist er?" 

"Das geht dich nichts an Lilly", antwortete ich. Dann schmunzelte ich leicht und sah sie an. "Irgendetwas sagt mir, dass es dich ab sofort nie wieder etwas angehen wird", ergänzte ich mit einem ruhigen Lächeln im Gesicht. Sie lächelte ebenso, deutlich kühler jedoch und ein Hauch von Arroganz war darin zu sehen. 
"Du wirkst nur halb so beeindruckend, wie du vielleicht denkst, nur dass du's weißt." Sie musterte mich abschätzig und ich seufzte, verdrehte die Augen. So langsam war meine Geduld am Ende. Sie sollte sich verpissen und dahin zurückgehen, wo sie hingehörte. Nämlich in die Gosse. 
"Was willst du hier?" fragte ich sie ruhig.

Lilly strich sich eine blonde Strähne aus dem schmalen Gesicht, warf ihre gestylten Wellen über ihre Schulter und sah mich arrogant an. "Ich will ihn abholen. Er ist ein wenig aufgebracht gewesen und ich nehme an, er ist zu dir gefahren. Wir hatten einen kleinen Streit, aber es wird nun Zeit, nach Hause zu gehen." 

Ich hob eine Augenbraue und sah sie perplex an. Sie sprach von Harry, als ob er geistig verwirrt wäre. Es passte mir nicht, wie sie mich ansah und was sie sagte und ich wusste in diesem Moment ganz genau, dass ich es auf gar keinen Fall zulassen würde, dass der Lockenkopf mit ihr irgendwo hin mitging. Vermutlich würde sie ihn ohne Umwege zu seinem Vater bringen. Das würde nicht passieren.
"Du solltest gehen. Es gehört sich nicht, mitten in der Nacht bei fremden Leuten zu klingeln", sagte ich und wollte die Tür schließen, doch sie hielt sie fast und wirkte nun deutlich aufgebrachter. "Er ist mein Verlobter! Du hast kein Recht, ihn vor mir zu verstecken!" fuhr sie mich an. Ich verkniff mir ein Lachen, sah sie kopfschüttelnd an. "Wenn er dich nicht sehen, will dann steht ihm dieses Recht zu, Lilly." 
Sie schnaubte. "Was denkst du wer du bist?" fauchte sie. "Denkst du, du kannst irgendetwas ausrichten?" 

Ich schüttelte den Kopf und sah sie verständnislos an. "Wer denkst du, wer du bist?!" rief ich. "Du hilfst seinem Vater dabei, ihn psychisch zu zerstören! Wie kann man so ein grausamer Mensch sein?" 
So langsam wurde ich wütend und so wie sie vor mir stand und so tat, als gehörte sie zu den Royals persönlich, machte sie mich unendlich sauer. "Lasst ihn sein, wie er ist!" 
Lilly kam mir näher und ihre Augen funkelten vor Wut schon beinahe rot. "Wenn du kleiner Wicht denkst, dass du mir mein Leben nehmen kannst, dann hast du dich geschnitten. Wenn du dich nicht hütest, dann zerstöre ich dich und dein jämmerliches Lektorenleben."
Ihre Stimme war bedrohlich leise gewesen und ich hob die Augenbrauen. "Und dabei tust du immer so, als wärst du eine Heilige. Dabei bist du auch nur eine geldgierige Schlampe, die sich einen Scheiß dafür interessiert, wie es anderen geht." 

Lilly zischte fast auf und schlug mir die Tür aus der Hand und verschaffte sich Zutritt, sah sich um. "Ich sag's ja, jämmerlich." 
Dann drehte sie sich zu mir. "Ich nehme ihn jetzt mit und bringe ihn dort hin, wo er hingehört. Und du meldest dich nie wieder bei ihm. Wenn du es doch tust, sage ich seinem Vater was ich weiß. Er wird dich fertig machen, Louis. Du wirst nie wieder glücklich, das schwöre ich dir", sprach sie drohend und sah mir fest in die Augen. Ich hielt ihrem Blick stand und schüttelte den Kopf, kam ihr näher. 
"Mach was du willst. Ich werde ihn beschützen, egal was passiert." 

Sie lachte auf und schien innerlich beinahe zu platzen, sie wurde immer mehr rot und stampfte schließlich mit dem hochhackigen Schuh auf. Ich sah nach unten und dann wieder zu ihr. "Mach dir doch nicht den Absatz kaputt, Kleines." 
Lilly schnaubte, kam auf mich zu, doch da schob sich Harry zwischen uns und griff nach ihr, zog sie von mir weg. 
"Was soll die Scheiße?" fragte er sie aufgebracht.
Lilly sah ihn überrascht an einen Moment, dann wurde ihr Blick sanfter. "Harry, da bist du ja! Hör zu, komm nach Hause. Das hier ist doch nicht zielführend!" sagte sie und hatte die Kratzbürstigkeit wie auf Knopfdruck ausgeschaltet, sah ihn nun unschuldig an. Sie ging einen Schritt auf ihn zu und wollte die Hand auf seine Brust legen, doch er schlug sie weg. 
"Ich habe dir gesagt, dass ich mir mein Leben wiederholen werde. Du hast darin keinen Platz mehr, Lilly." 

Ihre Lippen verzogen sich zu einem schmalen, wütenden Strich, dann blickte sie zu mir. "Und du denkst wirklich, er wird bei dir bleiben? Er hat ohne uns nichts! Wenn er mich nicht heiratet, verliert er alles, Louis!" Sie lachte auf. "Als ob du kleiner schwuler Idiot das wert wärst!" 

"Lillian!" rief er plötzlich laut und wir zuckten beide gleichermaßen zusammen. Sie sah ihn erschrocken an, während er sich vor mir aufbaute und mich so von ihr abschirmte. 
"Drohe ihm noch einmal und du wirst dir wünschen, du wärst mir nie begegnet", knurrte er. Die feinen Härchen in meinem Nacken stellten sich auf und ich schluckte leicht. Seine Stimme war dunkel und ernst, seine Schultern waren angespannt und die Hände hatte er zu Fäusten geballt. 
Lilly sah ihn erschrocken an. "Du verteidigst ihn nicht etwa?" hauchte sie. 
Harry schnaubte. "Natürlich tue ich das. Das habe ich bereits mein ganzes Leben. Ich sage es dir also noch einmal." Er öffnete die Tür und drehte sich wieder zu ihr. Dieses Mal konnte ich seine Augen sehen. Sie waren eiskalt. 
"Wenn du je wieder nur in seine Nähe kommst, wirst du es bitter bereuen." 

Sie wollte etwas sagen, öffnete den Mund. "Verschwinde!" brüllte er sie an, woraufhin sie zusammenzuckte und den Rücktritt antrat. Im Flur drehte sie sich noch einmal zu ihm. "Dein Vater wird davon erfahren, Harry. Das wird ihn nicht erfreuen." 
Und mit diesen Worten ging sie eilig die Treppen hinunter. Als die Haustür unten knallte, atmete ich erleichtert aus. 

Harry atmete tief durch, ehe er leise die Tür schloss und zu mir sah. Ich blickte ihn mit großen Augen an. "Das war völlig verrückt", hauchte ich fassungslos. 
Er nickte leicht. Dann kam er auf mich zu und legte die Hände auf meine Wangen. Furcht schimmerte in seinen Augen, was mich erschreckte. Ich legte meine Hände auf seine. Er hatte Angst, vermutlich vor seinem Vater. "Haz, du bist hier sicher", hauchte ich sanft. 
Er nickte. "Bei dir", murmelte er und ich nickte sofort, während er die Stirn gegen meine lehnte und erneut tief durchatmete. 
"Er wird niemals akzeptieren, dass ich mein Leben so führe, wie ich es will. Er wird immer einen Weg suchen, mich zu kontrollieren und mich von dir wegzuhalten. Boo, ich weiß nicht", hauchte er und dann zog er mich in seine Arme und umarmte mich fest. 
"Ich will aber nie wieder von dir weg, Boo." 

Ich streichelte ihm über den Rücken. "Das musst du nicht, Hazza. Du kannst bei mir bleiben", sagte ich leise. Es war mir egal, wenn er mich nicht liebte, Hauptsache er blieb hier. Ich wusste, dass es mir wehtun würde, doch ich würde nehmen, was ich kriegen konnte. "Du und ich, Haz, weißt du noch? Wir passen aufeinander auf", flüsterte ich sanft und er löste sich und sah mir in die Augen. 
"Boo?" 
Ich nickte. "Ja, Haz?" 
Er schluckte sichtbar. "Ich liebe dich", hauchte er. 

Mein Herz setzte aus und ich riss die Augen auf. Sprachlos blieb ich wie erstarrt stehen, während mein Puls so hoch war, dass ich mich fühlte, als wäre ich kurz vorm Explodieren, so viel war sicher. Er sah mich an, während ich einfach nur ungläubig zurück starrte. 
"Lou?" fragte er vorsichtig. 
Ich blinzelte, sah ihn an. "Ist das dein Ernst? Meinst du das ehrlich?" fragte ich ihn vorsichtig. 
Einen Moment runzelte er die Stirn und musterte mich, dann nickte er fest. "Ist es, ja. Das habe ich schon immer, glaube ich. All die Zeit." 

All This Time | L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt