Ich atmete tief ein und aus, versuchte, die richtigen Worte zu finden. „Als ich noch in Deutschland war, ging es mir wirklich schlecht... so schlecht, dass ich manchmal das Gefühl hatte, daran zu zerbrechen."
Ich bemerkte, wie sich Kenans Gesicht veränderte, wie Schuld und Bedauern in seinen Augen aufblitzten. Es schien, als ob er genau wüsste, worauf ich hinauswollte.
„Nach allem, was du mir angetan hast," fuhr ich fort, meine Stimme zitterte leicht, „war ich ständig von Hass umgeben. Egal, wohin ich ging, ob auf der Straße, im Internet oder im Fernsehen – überall war nur Verachtung und Abscheu. Es..es war unerträglich. Irgendwann konnte ich es einfach nicht mehr aushalten. Zusammen mit Seyran habe ich beschlossen, nach Spanien zu fliegen, weit weg von dir... und von allem, was mich an dich und den Vorfall erinnerte. Ich wollte dieser grausamen Realität entkommen, in der ich gefangen war."
Ich machte eine kurze Pause, sah, wie Kenan schwer schluckte, doch ich musste weitersprechen, alles erzählen. „Meine Familie zog ebenfalls nach Spanien, allerdings nur für eine begrenzte Zeit. Anfangs dachte ich, sie wären da, um mich zu unterstützen, um mich aufzufangen, doch ihre wahren Absichten waren andere. Sie wollten mich mit Yamal verkuppeln. Zuerst nahm ich das Ganze nicht ernst, doch der Druck von beiden Familien wurde immer größer.
Yamal schlug schließlich vor, dass wir so tun sollten, als wären wir ein Paar, als würden wir uns wirklich mögen. Wir dachten, dass wir uns irgendwann auf eine Weise trennen könnten, die keinen Zweifel daran ließ, dass es vorbei war. Anfänglich schien alles nach Plan zu laufen, doch dann – irgendjemand, der uns kannte, hat wohl ein Gespräch zwischen uns aufgezeichnet. Diese Aufnahme fand ihren Weg zu meinen Eltern, und natürlich bekam ich großen Ärger."
Ich hielt inne, kämpfte gegen die Tränen an, die sich in meinen Augen sammelten.
„Meine Eltern haben mich gezwungen, echte Gefühle für Yamal zu entwickeln. Sie überwachten mich sogar per Telefon, um sicherzugehen, dass ich meine Rolle spielte, dass ich ihn wirklich zu lieben schien. Sie drohten mir, mir alles zu nehmen, mir das Leben zur Hölle zu machen, wenn ich nicht gehorchte. Also begann ich, eine ernsthafte Beziehung mit Yamal zu führen."
Meine Stimme wurde leiser, als ich gestand: „Aber ich habe ihn nie wirklich geliebt... nicht auf die Weise, wie man jemanden lieben sollte. Ich habe es versucht, wirklich versucht, weil ich keine andere Wahl hatte. Aber... es ging einfach nicht."
Ich sah Kenan an, seine Augen suchten nach meinen, doch ich konnte ihm nicht mehr in die Augen sehen.
„Da war immer ein Teil von dir..der einfach nicht verschwinden wollte."Ich schob mein Ärmel hoch, und machte unser Armband sichtbar.
„Vielleicht habe ich es auch einfach nie zugelassen.", flüsterte ich schließlich.Kenan schien wie gelähmt, unfähig, die richtigen Worte zu finden.
„Y/n..-"„Weißt du," fuhr ich fort, „ich habe oft darüber nachgedacht, ob es jemals einen Moment gab, in dem ich wirklich glücklich war. Ob es jemals eine Zeit gab, in der ich das Gefühl hatte, frei zu sein, zu tun, was ich wollte, zu lieben, wen ich wollte." Ich seufzte tief und spürte, wie die Tränen, die ich so lange zurückgehalten hatte, langsam über meine Wangen liefen. „Aber je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr wird mir klar, dass ich mich schon so lange in einem Käfig aus Erwartungen und Zwang befinde, dass ich vergessen habe, wie es sich anfühlt, wirklich zu leben."
Kenan öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen, aber ich hob die Hand, um ihn zu stoppen. „Lass mich ausreden, Kenan. Ich brauche das, okay?" Er nickte stumm und senkte den Kopf.
„Es war nicht nur die Sache mit Yamal," fuhr ich fort, „Es war alles. Ich war so müde, Kenan. Müde vom Kämpfen, vom Verstecken, vom ständigen Versuch, jemand zu sein, der ich nicht war. Ich dachte, ich könnte weglaufen, könnte all das hinter mir lassen, indem ich nach Spanien gehe, aber die Wahrheit ist, dass ich das alles mit mir genommen habe. Die Last, die Schuld, die Angst – sie haben mich nie wirklich verlassen. Meine Vergangenheit hat mich nie verlassen."
Ich sah Kenan an.
„Weißt du, es gab immer diese kleine, naive Hoffnung in mir, dass du eines Tages zurückkommen würdest. Dass du mir eine Erklärung geben würdest, eine Entschuldigung. Ich fühlte mich wie ein dummes Mädchen, weil ich das trotz allem, was du mir angetan hast, wollte. Aber damals... hätte mir eine einzige Entschuldigung gereicht, um dir alles zu verzeihen. Alles."Meine Stimme brach, als ich weitersprach: „Doch selbst wenn du es jetzt bereust, selbst wenn du sagst, dass es dir leid tut... ich weiß nicht, ob ich jemals wieder dieselbe sein kann."
Kenan sah mich mit Tränen in den Augen an. Er versuchte etwas zu sagen, aber das Einzige, was über seine Lippen kam, war ein leises: „Es tut mir leid..."
Ich nickte leicht und fügte leise hinzu: „Ich habe dir schon lange verziehen..."
Ich legte meine Hand auf meine Brust, wo mein Herz wild schlug. „Aber die Narben hier drin... die bleiben." Eine Träne lief mir über die Wange, während ich diese letzten Worte aussprach.
„Ich wünschte ich könnte es rückgängig machen.."
„Das brauchst du nicht..egal was du machst, ich bin bereit dir alles zu verzeihen. Weil du ein guter Mensch bist..und weil,"
Ich atmete tief ein und aus, und nahm mir den Mut es zu gestehen.
„Weil ich dich liebe."
Kenan stand vor mir, unsere Hände nur einen Hauch voneinander entfernt. Für einen Moment sah er mich an, als würde er nach einem Zeichen suchen, etwas, das ihm die Erlaubnis geben könnte, näher zu kommen. Die Spannung zwischen uns war fast greifbar, als die Stille den Raum füllte.
Langsam hob er seine Hand und streifte sanft meine Wange, seine Finger zitterten leicht. Mein Herz raste, doch ich schwieg. Er beugte sich näher, als wollte er mir Zeit geben, mich zurückzuziehen. Für einen Augenblick zögerte ich, aber als sein Atem meinen Mund streifte, ließ ich die Zweifel los.
Seine Lippen trafen meine, vorsichtig und voller Sehnsucht. Ich hielt kurz inne, dann erwiderte ich den Kuss. Kenan zog mich näher, und in diesem Moment spürte ich, dass vielleicht ein neuer Anfang möglich war.
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Zwei Welten, eine Liebe -Kenan Yildiz
RomanceIch bin y/n. Um meine schlechte Vergangenheit hinter mir zu lassen, bin ich hierher gezogen. Ohne zu wissen das ich sie auf diese Weise nur noch näher getreten bin..