Kapitel 10

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Coen führte mich durch die Innenstadt in exakt jenes Einkaufszentrum, in dem ich einige Tage vorher versucht hatte, den Würfel zu verkaufen. Wir liefen mittendurch, bogen dann bei den Toiletten ab und betraten das Treppenhaus zur Tiefgarage. Ich hatte einige Male mit dem Gedanken gespielt, wegzulaufen oder laut um Hilfe zu schreien. Aber ich hatte schnell erkannt, dass mir das nichts bringen würde. Coen hat sich in all der Zeit nicht einmal zu mir umgedreht, um sicherzustellen, dass ich ihm noch folgte. Ganz einfach, weil er wusste, dass ich keine Chance gegen ihn hatte. Weder physisch noch im Weglaufen. So wie der Rest der Normalsterblichen Bevölkerung. Und sahen wir den Tatsachen ins Auge; selbst wenn sich jemand dazu bereiterklärt hätte, mir zu helfen, dann wäre das wahrscheinlich nur ein anderer Söldner gewesen, der den Würfel in die Finger bekommen wollte. Schon fast instinktiv presste ich den Würfel, Satoru, enger an mich und stolperte hinter Coen die vielen Stufen hinunter, bis wir schließlich auf Ebene E anhielten. Der Rothaarige öffnete die Türe und ließ mich als Erste hindurch. „Ladys first," das Grinsen auf seinen Lippen war dreckiger als die Tiefgarage und ich gab mir alle Mühe, nicht zu zittern, als ich mich an seiner breiten Brust vorbeidrückte und schnell das Parkdeck betrat.

Hier unten waren weit weniger Autos als auf den Parkdecks über uns. Das hatte ich durch die kleinen Fenster in den bunten Türen gesehen und so stach mir der funkelnde weiße Mercedes sofort ins Auge, dessen Lichter aufblinkten, als Coen den Autoschlüssel zückte. „Steig ein," brummte er und ließ sich auf den Fahrersitz fallen. Der Motor erwachte röhrend zum Leben, als ich mich in das weiche braune Leder sinken ließ und meinen Rucksack an meine Brust presste. Coen zog eine Sonnenbrille aus dem Handschuhfach, zusammen mit einem Lolli, den er mich auspacken ließ und sich dann zwischen die Lippen steckte. Der Motor des Autos war kaum zu hören, als wir die Tiefgarage verließen und uns in den Verkehr einordneten. Nach einer Weile, Coen hatte immer wieder zu mir herübergesehen, seufzte er schließlich und zog sich die Sonnenbrille von der Nase. „Du könntest dir ruhig etwas Mühe geben und weniger verschreckt dreinblicken, Süße," er schob sich die Sonnenbrille wieder auf die Nase und ließ den Lutscher zwischen seinen Zähnen kreisen. „Sonst meinen die Leute noch, du seist ein Entführungsopfer." Fassungslos sah ich ihn an. „Bin ich das denn nicht?", Coen schüttelte zu meinem Verwundern den Kopf. „Wenn ich mich recht erinnere, bist du mir freiwillig den ganzen Weg bis in die Tiefgarage gefolgt und hast dich obendrein auch noch ohne mein Zutun ins Auto gesetzt." Das Schmunzeln in seinem Gesicht wurde zu einem rumpelnden Lachen in seiner Brust. „Also würde es dir noch nicht mal was bringen, solltest du entkommen, mich bei der Bullerei anzuschwärzen." Er setzte den Blinker und fuhr die Auffahrt hoch in Richtung Autobahn. „Denn die Kameraaufnahmen des B&B, des Einkaufszentrums und der Tiefgarage würden genau das zeigen, was ich dir eben gesagt habe. Eine junge Dame, die mir nachläuft wie eine spitze Hündin," grinste er und zwinkerte mir zu und so sehr ich es auch gewollt hatte, aber mir fiel keine passende Erwiderung ein. Coen hatte wirklich an alles gedacht und so sah ich stumm dabei zu, wie er den Blinker setzte und wir die Ausfahrt in Richtung Flughafen verließen.

Ich war noch nie geflogen und dementsprechend nervös war ich auch, als ich an Coens Seite das große Flughafengebäude betrat. Ein Geschäft reihte sich ans Nächste, es roch nach Fast Food und Parfüm. Ich sah Familien ihr Gepäck aufgeben, aber auch Geschäftsleute und Menschen, die allein zu reisen schienen. Die Passagiere des Fliegers, der laut der Anzeigetafel in zwei Stunden von Gate 12A nach Mallorca gehen würde, roch und hörte man, bevor man die lange Schlange sah. Fast jeder der Wartenden dort war entweder voll oder am besten Weg dahin und natürlich hielten sie alle ein Bier in der Hand. Oder auch gleich zwei. Wozu hatte man schließlich zwei Hände? Ich trat unweigerlich einen Schritt näher an den Rothaarigen heran, als eine Gruppe besoffener Männer anfing, mir nachzupfeifen. Doch sie alle verstummten mit einem Schlag, als Coen stehenblieb und sich mit den Händen in den Manteltaschen zu ihnen umdrehte. Sie alle murmelten eine Entschuldigung und drehten uns ihre Rücken zu, die allesamt in potthässlichen Hawaiihemden steckten und schenkten uns keine Beachtung mehr.

Cube's Secret (Satoru Gojo X MC)/FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt