Kapitel 29

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Nautilus presste seine Stirn an die des jungen Mannes und schloss die Augen, als ein weiches Seufzen über die aufgeplatzten Lippen von Tiden kam, dicht gefolgt von einem Stöhnen. „Sie ... sie haben mir die Schuppen gezogen und ... und ..." im Zwielicht war nur schwer zu erkennen, was Tiden nicht aussprechen konnte. Zwischen seinen Fingern war überraschend viel Freiraum, immer wieder floss Blut aus den grobschlächtigen Rissen, an denen mal seine Schwimmhäute gewesen sein mussten. Ich hatte dank dem schwimmen selbst gemerkt, wie empfindlich die dünnen Häute zwischen den Fingern waren und wollte mir nicht mal vorstellen, was für Schmerzen das gewesen sein mussten. Das viele Blut im Wasser kam aber tatsächlich nicht von den fehlenden Schwimmhäuten, sondern von den unzähligen offenen Stellen, an denen man dem jungen Atlanter die Schuppen aus der Haut gerissen hatte. Wie es schien, heilten solche Wunden entweder gar nicht oder nur sehr langsam. Selbst im Gesicht hatten sie ihm die Schuppen entfernt, tiefe Krater zierten Tidens Stirn und die rechte Wange. Sonst war die Haut unversehrt. Und das auch nur, weil er sonst keine Schuppen im Gesicht trug.

Seine Füße, sie waren viel breiter und länger als die von uns Landmenschen, steckten wie seine Hände in langen Ketten, die Nautilus mit seinem Arm ebenfalls knackte und seinen Freund stützte, als dieser kraftlos zu Boden sank. Auch die Schwimmhäute zwischen Tidens Zehen hatte man entfernt. Schon fast kläglich versuchte er, vorwärtszukommen. „Wir holen dich hier raus. Und ich nehm dich mit zu den Menschen, Tiden. Im Meer kannst du nicht mehr bleiben." Zum ersten Mal flackerten die violetten Augen über uns und schienen an Kraft zu gewinnen, bevor sie wieder zu flackern begannen. Tidens Griff an Nautilus' Armen wurde fester. „Nautilus, dein Vater, er ... die Felsenbrecher ..." der Atlanter hustete Blut und wurde dann in Nautilus' Griff ohnmächtig. Schnell war Satoru an Nautilus' Seite und half dem Kronprinzen, Tiden zur stützen. „Mit dem Heilen musst du warten, Ti. Da kommt Besuch." Thorne kam wieder zu uns herein, einen hektischen Ausdruck im Gesicht und lauter werdenden Stimmen im Rücken. „Durch den Schacht bekommen wir deinen Freund in seinem Zustand nicht," sagte Coen sofort und schwamm an Thorne vorbei nach draußen. „Ich kümmre mich um die Wachen und ihr kommt gleich nach. Dann suchen wir einen anderen Weg." Schon war der Kopfgeldjäger verschwunden und keine Minute später winkte er uns heraus, an den Wachen vorbei, deren Gehirne er in ihren Schädeln gekocht hatte. Ihre Augen waren dank der Hitze geplatzt, dünne Blutrinnsale liefen aus den offenen Augenhöhlen und vermischten sich mit dem kalten Meerwasser.

„Der einzige Weg raus ist nur noch das Haupttor. Das Gefängnis war früher einmal die Höhle eines Felsenbrechers, drum ist es auch so groß und weitläufig," Nautilus sauste mit Tiden in den Armen voran, führte uns durch das Labyrinth an Gängen und Räumen. „Und wir werden nicht vorbeikommen, ohne dass man uns sieht. Dafür sind es zu viele Wachen." Coen hatte zwar kein Problem damit, kleinere Gruppen auf einmal auszuschalten auf unserem Weg hinaus. Aber als er um die letzte Ecke blickte, um sich ein Bild von der Situation zu machen, nickte er auf Nautilus' Worte hin zustimmend mit dem Kopf. „Die bekomme ich wirklich nicht alle gleichzeitig in den Griff. Die entdecken mich, bevor ich überhaupt ein Viertel durchhabe." Nautilus blickte erneut auf seinen ohnmächtigen Freund in seinen Arm und verzog das Gesicht vor Wut. „Ich kann das Portal erst aufspannen, wenn wir den Schild passiert haben. Also schwimmt ihr, so schnell ihr könnt, immer weiter nach oben, ohne anzuhalten oder zurückzublicken. Lasst euch auf keinen Fall einfangen. Sonst kommt ihr hier unten um. Klar?", alle nickten und auf Nautilus stummes Zeichen hin packte Satoru mich an der Hand und riss mich mit sich mit.

Im Vorbeischwimmen konnte ich die Gesichter der Wachen für den Bruchteil einer Sekunde sehen, bevor wir vorbei waren. Erst sah ich Überraschung, Verwirrung. Dicht gefolgt von Erkenntnis und schließlich Wut. Befehle wurden gebrüllt, ich konnte hören, wie sie uns hinterherrasten, kaum, dass wir das Gefängnis verlassen hatten. „Im Namen des König Redeus! Anhalten!" Satorus Griff an meiner Hand wurde fester. „Schau nicht zurück, Nis! Schwimm!" Immer schneller schwammen wir hinter Nautilus her, der wie ein ungebremster Pfeil vor uns durch das Wasser raste, völlig ungeachtet des Wasserwiderstandes, mit dem wir anderen zu kämpfen hatten. Wenn alle geborenen Atlanter so schnell schwimmen konnten wie er, dann würden uns die Wachen bald haben. Denn so schnell wie Nautilus war bei Weitem keiner von uns. Trotz seiner Anweisung warf ich einen Blick zurück über die Schulter und wurde positiv überrascht. Was auch immer Nautilus so schnell sein ließ, die Wachen hatten es nicht. Sie und wir hatten exakt dieselbe Geschwindigkeit und den Abstand, den wir schon zwischen sie und uns gebracht hatten, würden sie nicht mehr rechtzeitig überwinden können, bevor wir den Schild passiert hatten. Die Aufregung ließ die Schuppen auf meinem Rücken bitzeln, so stark, dass es in ein Brennen überging. Nur noch wenige hundert Meter, dann wären wir sicher.

Cube's Secret (Satoru Gojo X MC)/FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt