Blau. Blau. Blau.
Das grelle Licht des Krankenwagens, der mit quietschenden Reifen in der Auffahrt der Notaufnahme stehenblieb, schmerzte in meinen übermüdeten Augen. Die Geräusche waren, genau wie meine Sicht, recht verklärt und so bekam ich nur schwammig mit, wie die Rettungssanitäter aus dem Krankenwagen sprangen, den Patienten samt Liege hektisch ausluden und mit ihm, dicht gefolgt vom Notarzt, durch die großen Schiebetüren verschwanden. Der Geruch von Blut und Erbrochenem kroch in meine Nase und ließ meinen leeren Magen Stepptanz tanzen. Wie lange ich nichts mehr gegessen hatte, wusste ich schon gar nicht mehr. War es nicht dieses Sandwich gewesen, dass mir eine alte Frau aus Mitleid beim nächsten Supermarkt gekauft hatte? Das war sicher schon zwei Tage her. Zumindest sprach dafür das gähnende Loch in meinem Bauch, dass nach Aufmerksamkeit schrie und mit der Zeit immer fordernder wurde.
Mein Blick wanderte immer wieder von der nächtlichen Straße hinauf zum Eingang der Notaufnahme. Jesper hatte mir verboten, dass Krankenhaus zu betreten. Ich sollte warten, genau hier, bis seine Schicht zu Ende war. Er arbeitete immer die Nachtschicht. Das machte es ihm leichter. Nervös zuzelte ich mein Handy aus meiner zu dünnen Jacke und blickte aufs Display. Drei Uhr nachts. Jesper würde vor kurz nach sechs Uhr morgens nicht aus dem Krankenhaus kommen, also musste ich noch drei Stunden hier in dieser kühlen Frühlingsnacht ausharren. Hilflosigkeit machten sich in mir breit, als der Krankenwagen von eben an mir vorbeirollte, um seine Route wieder fortzusetzen. Aus Angst, die Sanitäter darin könnten meine blutunterlaufenen Augen trotz der fortgeschrittenen Uhrzeit erkennen, drehte ich mich um und tat so, als würde ich die Informationstafel in meinem Rücken studieren. Wie ein normaler Besucher es eben tun würde. Dabei konnte ich die Buchstaben darauf nicht mal mehr richtig entziffern, so schlapp und leer fühlte ich mich. Starr wie eine Säule blieb ich stehen, solange, bis der Krankenwagen, ohne zu halten an mir vorbeigefahren war.
Ich brauchte drei Anläufe, um meine zitternden Finger wieder in den Griff zu bekommen. Oder zumindest so weit, dass ich mein Handy wieder in die Jacke stecken konnte. Doch das brachte mir nicht mal fünf Minuten der Zeit ein, die ich hier draußen noch zu warten hatte. Scheiße. Drei Stunden kamen mir mehr und mehr wie eine Ewigkeit vor, die mich früher oder später sicher in den Wahnsinn treiben würde. Wohl eher früher als später und nachdem das Zählen der Pflastersteine nicht die gewünschte Ablenkung brachte, fachte meine Verzweiflung meinen Mut an und ließ mich, trotz Jespers klarer Anweisung, dass Krankenhaus betreten. Sofort schlugen mir der Geruch von Desinfektionsmittel und Krankheit entgegen, die Notaufnahme war gerappelt voll mit allerlei Menschen, die von einem Splitter im Finger bis hin zu Blut kotzen alles darboten. Der Stoff meiner Jacke roch so, wie ich mich fühlte, als ich ihn mir über Mund und Nase zog. Ekelerregend. Aber es war besser so. Wahrscheinlich würde ich nicht mal einen Schnupfen überleben können. Meine Augen scannten den weitläufigen Raum nach Jesper ab, doch ich sah ihn nirgends. Bis mir mein Gehirn unter viel Anstrengung eine Information zuspielte. Das Jesper ja gar nicht in der Notaufnahme arbeitete. Sondern auf der Station der Unfallchirurgie. Also folgte ich den Schildern, wich den Blicken der anderen Menschen aus und bemühte mich, aufrecht zu gehen und nicht zu zittern, wenn ich an einem Arzt oder jemandem des Pflegepersonals vorbeilief.
Der Fahrstuhl entließ mich in den dritten Stock des gewaltigen Krankenhauses und ich war dankbar für die Stille, die hier herrschte. Die Besuchszeit war lange vorbei und so waren hier nur noch zwei, drei, höchstens vier Pfleger und Krankenschwestern, die darauf warteten, dass einer ihrer Patienten entweder Hilfe beim Scheißen brauchte oder dem Tod von der Schippe springen wollte. Vorsichtig lugte ich um die Ecke, in der Hoffnung, Jesper zu entdecken. Doch ich sah ihn nicht. Stattdessen bog eine Krankenschwester in den Gang ein. Nur dank des Klemmbrettes in ihrer Hand bekam sie nicht mit, wie ich mich hinter der Ecke versteckte und den Atem anhielt, bis ihre Schritte in der Ferne verstummten. Vorsichtig lugte ich wieder um die Ecke und atmete erleichtert aus, als ich niemandem mehr sah, geschweige denn kommen hörte. Eine Hand samt Gummihandschuh legte sich über meinen Mund und schluckte den Angstschrei, den ich ausstieß, als mich Jesper durch eine Türe zog und sie hinter uns leise schloss, bevor er das Licht einschaltete. Die grelle Neonleiste offenbarte einen Abstellraum, voll mit Putzutensilien und Verbandssachen in metallenen Regalen. Jespers braunen Augen glitzerten ungehalten, als er mich ansah. „Scheiße man, Nis. Ich hab dir doch gesagt, dass du vor dem verfickten Krankenhaus warten sollst! Wenn dich hier wer erwischt dann lande ich ihm Knast!"
Auf mein belustigtes Schnauben hin wurde Jespers Blick nur noch finsterer. „Niemand hat mich gesehen auf dem Weg hierher. Oder auch nur ausreichend genug Notiz von mir genommen, Jesper. Also krieg dein Gesicht wieder in den Griff und gib mir mein Zeug. Dann bist du mich wieder los." Jetzt war Jesper an der Reihe, ein belustigtes Schnauben von sich zu geben. „Dann bin ich dich los? Doch auch nur so lange bis du wieder was brauchst, Nis. Also lock mich nicht mit einer schönen Lüge." Ich schnalzte mit der Zunge und streckte meine zitternde Hand mit den 50€ aus. „Du kaufst mir jede Lüge ab so lange die Scheine stimmen", sagte ich und zog amüsiert eine Augenbraue in die Höhe, „und am Ende bist du genauso abhängig von mir wie ich von dir." Ein leises Flattergeräusch ertönte, als ich mit dem Geldschein vor seiner Nase herumwedelte. „Also was ist jetzt? Brauchst du meine Kohle noch oder haben sich deine Spielschulden auf einmal in Luft aufgelöst und ich hab es nur noch nicht mitbekommen?" Jesper musterte mich einige Zeit lang und rollte schließlich mit den Augen.
„Warte hier."
Zehn Minuten später kam er zurück in die Abstellkammer und hielt die Packung Tilidin in der Hand. In der Zeit, in der er weg gewesen war, hatte ich mir die Taschen vollgestopft mit all den Sachen, die hier drin nützlich waren. Pflaster, Desinfektionsmittel und ein kleines Erste-Hilfe-Set hatten schnell ihren Weg in meinen Rucksack gefunden, den ich gerade wieder aufsetzte, kaum das Jesper von außen die Türe geöffnet hatte. Er warf mir die Packung zu und zog mir die 50€ aus den Fingern. „Siehst du, Jesper? War doch gar nicht so schwer." Meine Finger zitterten immer mehr, jetzt, wo ich die Tabletten hatte und machten es mir schwer, die Packung zu öffnen. Doch nach ein paar Anläufen gelang es mir. Der Pfleger sah mir stumm dabei zu, wie ich zwei Tabletten einwarf und mit einem Schluck Wasser herunterspülte. Fast sofort fühlte ich mich besser und atmete einmal tief durch als ich spürte, wie das Tilidin durch meinen Körper rauschte. Das blonde Haar auf Jespers Kopf wippte, als er die Türe öffnete und mich am Fahrstuhl absetzte. „Normal tun mir meine Käufer ja nicht leid, Nis." So etwas wie Mitleid huschte durch seine blauen Augen, als sich die Fahrstuhltüren schlossen.
„Aber aus dir hätte wirklich was werden können."
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Eure Erin hier, zurück aus Griechenland und bereit, euch mit einer neuen Geschichte zu versorgen und im besten Fall auch zu erfreuen :D
Die Erholungspause ist vorbei und mein Kopf voll mit lauter neuen Ideen und Charakteren, die ich hier in "Cube's Secret" einbauen und zum Leben erwecken werde. Wir bewegen uns auf neuem FanFiction Terrain und ich freue mich, auch hier wieder euer Guide zu sein und euch durch die unendlichen Weiten und Abgründe meiner Kreativität zu führen.
Drum schlage ich vor, ihr checkt regelmäßig nach Updates von "Cube's Secret", um nichts von all dem zu verpassen, was ich auf euch loslassen werde.
Wie lang diese Story wird kann ich beim besten Willen nicht sagen und nachdem ich mich an den Anfängen von "Ancient Love" dahingehend schon total verschätzt habe, werde ich mich da selbst überraschen lassen ^^
Eure Erin xx
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Cube's Secret (Satoru Gojo X MC)/FanFiction
Fanfiction18+ Nichts ist schwerer zu gewinnen als das Spiel des Lebens, nichts leichter zu verlieren. Wer ein schlechtes Blatt hat, wird gezwungen, aufzugeben. Gibst du auf? Oder bluffst du und setzt alles? Ein überraschender Fund mitten in einer sternenlose...