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Ich blieb den gesamten Nachmittag mit Paul in unserem Stammcafé. Erst als die Dämmerung einsetzte und wir den Aperol spritz getrunken hatten, traten wir den Heimweg an. Paul wohnte gemeinsam mit mir in einer Wohngemeinschaft und ich war froh, dass ich nicht alleine die S-Bahn nehmen musste, die mir um diese Uhrzeit meist unheimlich war. Je später der Abend, desto dunkler die Gäste traf hier in Frankfurt, vor allem rund um das Bahnhofsviertel zu. In diesen Teil der Stadt wagte ich mich nicht alleine, vor allem nicht am späten Abend. Drogenabhängige schnorrten sich hier durch die nichts ahnenden Besucher und nicht selten kam es zu Raubüberfällen. Die Beschaffungskriminalität war allgegenwärtig. Kurzum, ich mied dieses Viertel und war immer wieder froh, wenn ich es mit der S-Bahn hinter mir ließ. Die Gegend in der wir wohnten, war ruhiger und manchmal fühle es sich nicht so an, dass es zu Frankfurt gehörte. Schon seit meiner Kindheit lebte ich in Sachsenhausen, das links des Mainufers liegt. Vom Ufer aus hat man eine tolle Aussicht auf die Frankfurter Altstadt und doch ist es ruhiger als diese. Viele der Mehrfamilienhäuser erinnern mit ihrer Bauart an die Gründerzeit. Die Fassaden wirken fast zu malerisch, um zu Frankfurt zu gehören. Man findet hier einen recht idyllischen Stadtwald, der zu langen Spaziergängen einlädt, wenn man mal wieder den Kopf frei bekommen musste.

Ich nutzte ihn jedenfalls oft dafür. Fans für Kultur kommen hier ebenfalls auf ihre Kosten, denn entlang des Mainufers trifft man auf 13 Museen, die unterschiedliche Ausstellungen bieten. Über den ‚eisernen Steg', eine Fußgängerbrücke, gelangt man in die Frankfurter Altstadt. Nicht selten dient dieser Weg Paul als Ausnüchterungsweg, wenn er von einer langen Partynacht nachhause läuft. Eine recht praktische Verbindung der beiden Ufer, die wir oft nutzen. Wenn sich der Sommer dann vollständig entfaltet hat, nutzen wir diesen Weg mit unseren Fahrrädern, oft als Arbeitsweg. Aber wenn wir Frühdienst hatten, waren wir meist zu faul, um uns auf die Drahtesel zu schwingen, die schon durchaus bessere Zeiten gesehen hatten. Eine weitere Besonderheit dieses Viertels ist die ‚Klappergass'. Dort findet man aneinandergereiht viele Apfelweinwirtschaften allen voran, dass Frankfurter Original ‚Frau Rauscher'. Als echtes Frankfurter Mädchen zieht es mich mit Paul öfter in diese Wirtschaft, die mittlerweile ein wahrer Tourismusmagnet geworden war. Aber wir genossen die typischen Frankfurter Gerichte wie die ‚Grie Soß' und tranken dazu unseren Apfelwein, mal süß gespritzt und mal mit Cola gemischt. Man konnte behaupten, dass Frankfurt einiges zu bieten hatte, es gab noch viel mehr als das, was ich aufzählte, und wir genossen es in vollen Zügen. Es waren die Vorzüge einer Stadt in der Tradition und Moderne aufeinandertrafen. Doch nun kam ich mit Paul erst einmal an dem Haus an, in dem wir schon seit dem Ende unserer Ausbildung lebten.

Während der gesamten Zeit meiner Ausbildung wohnte ich bei meinen Eltern, da ich mir von meinem recht knapp bemessenem Auszubildendengehalt keine eigene Wohnung hatte leisten können. Frankfurt ist eben ein teures Pflaster. Paul und ich philosophierten oft darüber, wie es war, sich eine Wohnung zu teilen, doch diesen Plan setzten wir erst nach unserer Ausbildung in die Tat um. Recht schnell fanden wir eine geschmackvolle und großzügig geschnittene Altbauwohnung in Sachsenhausen. Paul war ebenfalls in diesem Stadtteil aufgewachsen und konnte sich, obwohl er von uns beiden der Partylöwe war, nicht vorstellen in der Frankfurter Innenstadt zu leben. Obwohl man ihn oft nicht so einschätzte, so liebte er doch die ruhigen Tage in unserem kleinen beschaulichen Wohnviertel.

»Wie hast du morgen Dienst?« Wollte er wissen, als ich die alte hölzerne Haustüre aufschloss, die sich knarrend öffnete. Ich weiß nicht, wie oft unser Hausmeister sie ölte, aber das Quietschen kehrte nach kurzer Zeit zurück. Durch unseren Vermieter haben wir erfahren, dass diese Tür irgendwann um 1800 eingebaut worden war, und er wollte sie hegen und pflegen, damit sie weiter ins Gesamtbild des Hauses passte. Sie war ein wahres Schmuckstück und um ehrlich zu sein, konnte ich mir eine moderne Tür gar nicht vorstellen. Diese alte quietschende Tür versprühte ihren eigenen ganz besonderen Charme und wir störten uns nicht einmal daran, sondern hatten uns an die Schwerfälligkeit der Tür gewöhnt, die zu dem Quietschen auch gelegentlich klemmte. Im Eingangsbereich fand man einen gefliesten Boden in Schachbrettoptik, der trotz seines Alters hervorragend aussah. Eine hölzerne Tür führte geradeaus in unseren Keller, den wir uns mit den zwei Familien teilten, die mit uns in diesem Haus wohnten.

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