Ich konnte Paul überreden, mit mir einkaufen zu gehen. Für gewöhnlich hasste er Supermärkte. Er war nur mit Begeisterung in der Stadt unterwegs, wenn es sich ums Shoppen drehte. Kleidung und Schuhe standen dabei immer ganz oben auf seiner Liste. War Paul erst einmal in einem der Läden drin, kam er unter zwei Stunden nicht mehr heraus, weil er sich wieder durch das gesamte Sortiment probierte. Wir schoben den Einkaufswagen abwechselnd durch die Gänge des Supermarktes und füllten diesen mit allerlei Lebensmittel, die wir aus den Regalen zogen.
»Wir brauchen noch Käse und Brot«, sprach ich, nach einem Blick auf den von mir geschriebenen Einkaufszettel. Von Anfang an praktizierten wir nicht dieses Klassische ‚mein Essen, dein Essen', wie das in anderen Wohngemeinschaften üblich war. Wir aßen zusammen und kauften gemeinsam ein. Dafür beteiligte sich jeder an unserem festgelegten Betrag für das Haushaltsgeld und am Ende des Monats, kam das Geld, das übrig war in eine Spardose. Das Ersparte nutzten wir dann für neue Anschaffungen wie Küchengeräte, wenn unsere den Geist aufgegeben hatten, oder was sonst so anstand. Unsere Balkonmöbel fielen vor drei Jahren einem Sturm zum Opfer. Die Sitzflächen waren gerissen, die Stuhlbeine verbogen und der Tisch, sah nicht mehr wie einer aus. Wir hatten dann unser Sparschwein geschlachtet, um neue Möbel für den Balkon zu kaufen. Ich war so vernarrt in do it yourself Projekte, die ich im Internet gesehen habe, dass ich Paul überredet hatte keine fertige Sitzecke zu kaufen, sondern das Ersparte anderweitig anzulegen. Wir kauften von dem Geld Farbe und Europaletten, die wir in bequeme Sitzmöbel verwandelten. Es war bequem und ich hielt mich gerne auf unserem Balkon auf. Er war zu einer kleinen Wohlfühloase geworden. Um die wenigen Pflanzen, die dort standen, kümmerte sich ausschließlich Paul. Seitdem eine Palme und Kaktus unter meiner mangelnden Fürsorge eingegangen waren, traute er mir keine Pflanzenpflege mehr zu. Er erklärte das Ganze zur Chefsache.Als wir dann alles an Lebensmittel zusammen getragen hatten, stellten wir uns an der Kasse an. Die Schlange war überschaubar und die Wartezeit recht kurz, bis unsere Ware piepend über den Scanner gezogen wurde.
Wir besaßen kein Auto. In einer Stadt wie Frankfurt machte es keinen Sinn und außerdem waren die Parkplätze irre teuer und die Vermieter ließen sich diese Stellplätze fürstlich bezahlen. Wenn wir einen Großeinkauf machten, wie es an diesem Tag der Fall war, griffen wir auf Carsharing zurück. Wir hatten unsere zwei, drei Anbieter auf die wir immer wieder zurückkamen und bei denen eine spontane Meinung des Wagens möglich war. Nachdem wir unseren Einkauf zuhause abgeliefert hatten, fuhren wir den Wagen zum Parkplatz des Eigentümers zurück und das war es. Die Zahlung erfolgte online und wir hatten nichts weiter zu tun. Es war wesentlich günstiger, als ein eigenes Auto zu besitzen. Die Klinik stellte uns die Tickets für den öffentlichen Verkehr mit einem überschaubaren Anteil an Selbstbeteiligung zur Verfügung. Günstiger war nur das eigene Fahrrad.Nachdem wir bezahlt hatten, luden wir den Einkauf in den Kofferraum und fuhren nachhause. Die Tüten schleppten wir in unsere Wohnung und während ich den Einkauf im Kühlschrank und Vorratsschrank verstaute, fuhr Paul unseren kleinen gemieteten Flitzer zu seinem Besitzer zurück. Es dauerte nicht lange und Paul stand wieder vor mir.
»Sollen wir heute Abend was essen gehen?«, schlug Paul dann vor, wartete auf meine Antwort. Er zog eine Dose Cola aus dem Kühlschrank und warf mir ebenfalls eine zu, die ich auffing.
»Klar, warum nicht? Was schwebt dir vor?« Neugierig wartete ich eine Antwort ab.»Italienisch? Dann haben wir es nicht so weit«, traf er genau meinen Geschmack, ich stimmte nickend zu und reservierte uns einen Tisch für halb sieben.
Paul brauchte wieder sagenhaft lange im Bad und ich saß mir die Beine in den Bauch, während ich auf ihn wartete. Er war furchtbar eitel und achtete penibel auf sein Äußeres. Er besaß mehr Cremes und Seren als ich und seine Pflegeroutine nahm eine beachtliche Zeit in Anspruch.
»Paul, wie lange brauchst du noch?!«, rief ich ihm ungeduldig zu und warf einen Blick zur Badezimmertür.
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Lebe jetzt
RomanceLouisa ist mit Leib und Seele als Pflegefachkraft auf der Palliativstation einer Frankfurter Klinik tätig. Dort hat sie bereits einige Patienten auf ihrem Weg begleitet, doch Nora, eine Patientin die kaum älter ist, als sie selbst, stellt Louisas b...