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In Windeseile flog die Landschaft an mir vorbei und ich hatte nicht einmal die Möglichkeit, mich zu orientieren, wo wir waren. Einer der Zugbegleiter bahnte sich schwankend den Weg durch den Mittelgang und kontrollierte die Fahrkarten der Reisenden. Ich rief mein Ticket in der App auf und hielt es bereit, so dass dieser nur einen Blick drauf werfen musste und weiter gehen konnte. Dennoch ruhte sein Blick eine ganze Weile auf mir. Er schien sich zu sorgen, denn das konnte ich aus seinem prüfenden Blick lesen.

»Ist alles in Ordnung bei Ihnen?«, wollte er wissen und sein Blick wurde prüfender, während er auf eine Antwort wartete.
»Ja, es ist alles in Ordnung, danke«, entgegnete ich und war sichtlich verwirrt über diese Frage, die er mir gestellt hatte. Ein kurzes Nicken folgte, dann ging der Zugbegleiter weiter.

Verwirrt sah ich diesem einen Moment nach und sah zu der Person, die mir gegenüber in der anderen Reihe saß. Sie sah mich ebenfalls mitleidig an und ich konnte mir keinen Reim darauf machen. Anstatt mich aber weiter damit zu befassen, widmete ich mich meine Playlist, die ich in meinem Handy gespeichert hatte. Entspannt lehnte ich mich zurück und schob meine Airpods in die Ohren.

Sting sang von den Fields of Gold in meinen Ohren und ich wartete darauf, in Karlsruhe anzukommen. Ich liebte diese Art von Musik und man fand querbeet alles auf der Playlist. Von Metallica über Abba zu Sting und Iron Maiden, war alles Vertreten. Mit dieser Art von Musik konnte ich mehr anfangen, als mit dem, was sich in den Charts abspielte. Meiner Meinung nach klang jeder Song gleich und war beliebig, doch diese Klassiker die hörten und sangen schon Generationen vor mir und ich liebte es. Als ich mich in dem Abteil umsah, sah ich viele der Reisenden schlafen. Sie waren zu beneiden, denn an Schlaf war bei mir nicht zu denken. Ich wollte die nächste Haltestelle auf meiner Reise nicht verpassen. Obwohl ich zur Ruhe kam und die Müdigkeit an mir nagte, hielt ich tapfer durch und lauschte der Musik auf meinen Ohren.

Eine Stunde später fuhr der ICE im Bahnhof von Karlsruhe ein. An Gleis zwei stieg ich aus und sah mich zunächst einmal um. Das Bahnhofsgebäude an sich war ebenso unspektakulär wie der Frankfurter Bahnhof. Man fand eine Vielzahl an Geschäfte und kleineren Restaurants, die ihr Angebot auf To go Speisen ausgelegt hatten. Ein Buchladen hatte ich auf meinem Weg zum nächsten Gleis gesehen. Mein spontanes Ziel war jedoch ein gänzlich anderes. Ich trank gerne und viel Kaffee und so steuerte ich hier ein kleines Café an, um mir einen Coffee to go zu holen. Hier musterte mich die Dame an der Theke ebenfalls eindringlich und wollte wissen ob alles in Ordnung sein. Ich konnte mir nicht erklären, warum mich auf einmal alle besorgt ansprachen, und nickte nur stumm, nahm meinen Kaffee und verließ das Café schnellen Schrittes. Um ehrlich zu sein, hatte ich für den Preis etwas Besseres erwartet, doch man konnte bekanntlich nicht alles haben. Ich lag gut in der Zeit, denn ich hatte eine halbe Stunde Aufenthalt in Karlsruhe, bevor es in den nächsten ICE ging, der mich dann nach Paris bringen würde. Paris Ost, um genau zu sein. Von dort aus musste ich dann schauen, wie es zur Jugendherberge in die ich mich eingemietet hatte, weiter ging.
Mit meinem Becher Kaffee in der Hand bahnte ich mir samt Gepäck den Weg zu Gleis sechs. Da ich in Frankfurt ebenfalls an Gleis sechs startete, konnte ich mir trotz meiner Nervosität gut merken, wo ich hinmusste, um meine nächste Bahn nehmen zu können. Dieser ICE war pünktlich und ich stieg in den Wagen, der auf meinem Ticket angegeben war ein und suchte hier meinen Platz. Es war ein Einzelsitz am Fenster. Neben mir befand sich eine kleine Ablage für Koffer und Rucksäcke und genau dort platzierte ich mein Gepäck, ehe ich mich auf den Sitz fallen ließ. Ab diesem Augenblick konnte ich für gute zweieinhalb Stunden entspannen und vielleicht fand ich sogar etwas Schlaf. Ich sog mein Handy aus der Tasche, schaltete die Kamera ein und drückte auf die Bildschirmkamera. Und auf einmal entdeckte ich, warum mir all die Personen so besorgte und mitleidige Blicke zu warfen. Mein Mascara war dermaßen verschmiert, dass ich einem Panda alle Ehre machte. Auf meinen Wangen hatte der Mascara dunkle Spuren hinterlassen, die von den Tränen sprachen, die ich bei meinem Abschied von Paul geweint hatte. Verzweifelt versuchte ich, sie fortzuwischen, und bekam dank dem Puder, das ich in meiner Tasche mit mir herum trug, mein Panda Make-up schnell in den Griff.

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