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Das Taxi kam vor dem Gebäude zum stehen und ich warf einen Blick hinaus. Anders als im Internet abgebildet, wirkte das Gebäude wenig gepflegt und recht verlassen. Ich fragte den Taxifahrer, ob es wirklich die Adresse sei, die ich genannt hatte, und er bestätigte immer wieder, dass dies die Jugendherberge sei, die ich als Zielort angab. An manchen Stellen der Fassade bröckelte der Putz herunter und Graffiti waren an die Hauswände geschmiert worden, die man nicht weiter zu beachten schien.
Ich sprach mir selbst Mut zu und stieg, nachdem ich bezahlt hatte, aus dem Taxi und der Fahrer hob noch mein Gepäck aus dem Kofferraum, dass er auf dem Gehweg abstellte.
Dafür, dass die Herberge in der Nähe eines prachtvollen Opernhauses lag, wirkte es heruntergekommen und wenig einladend.

»Un beau séjour«, wünschte mir der Taxifahrer einen schönen Aufenthalt und in diesem Moment wusste ich nicht, ob er es ernst oder ironisch meinte.

»Merci«, gab ich höflich zurück und dann nahm ich all meinen Mut zusammen, zog den Koffer hinter mir her und betrat das Gebäude.
Im Gegensatz zum Außenbereich wirkte das Foyer einladender und freundlicher. Die Wände waren in verschiedenen Orangetönen gehalten und es fand sich in großen Blumentöpfen eine Vielzahl an Grünpflanzen, die an Rankgittern emporgestiegen waren und die Wände zierten. Geradeaus ging es zum Treppenhaus mit der Angabe der Zimmernummern auf einer Tafel. Neben dem Treppenhaus lag ein Raum, der wie der Speisesaal aussah, doch dieser war nicht beleuchtet und wirkte verlassen. Hinter einer Holztheke saß eine Mitarbeiterin die mir prüfende Blicke zu warf und ich steuerte die Dame direkt an.
Ich stellte meinen Koffer ab und zog die Buchungsbestätigung aus der Tasche.
»Hallo, mein Name ist Louisa Schurlau ich habe hier ein Zimmer gebucht«, sprach ich auf Englisch und die Dame nickte, sah sich meine Buchungsbestätigung an und schien diese im Computer zu überprüfen.

»Ja, ich habe Ihre Buchung gefunden«, antwortet sie dann auf einem akzentfreien Deutsch, das mich überraschte.
Einen Schlüssel bekam ich nicht, was mich irritierte, doch ich sagte erst einmal nichts.
»Frühstück gibt es von sieben bis neun, Abendessen von fünf bis sieben,« erklärte sie und ich stellte fest, dass ich das Abendessen knapp versäumt hatte. Das machte mir nichts aus, denn auf der Fahrt zu der Herberge hatte ich einen Mc Donalds und einen Subway gesehen, das sollte für den Anfang und nach dieser viel zu langen Reise ausreichen.
»Folgen Sie mir«, wies mich die Mitarbeiterin an und kaum waren wir im Treppenhaus, hörte ich schon das Stimmengewirr anderer Gäste. Eine Gruppe aus zwei Jungs und zwei Mädels kamen mir entgegen, sie wirkten, als wollten sie feiern gehen. Ich sah ihnen nach, dann trug ich meinen Koffer weiter die Treppen hinauf und folgte der Mitarbeiterin, die ein bemerkenswertes Tempo vorlegte, aber sie hatte ja auch keinen Koffer mit gefühlt dreißig Kilo Gepäck zu tragen.
»Die Duschen der Damen sind hier«, sagte sie und klopfte kurz mit der Handfläche gegen eine Tür zu ihrer Rechten.
»Die Toiletten der Damen, sind hier«, erfolgte dasselbe Klopfen an der Tür nebenan und sie ging weiter. Die Wände des Flures, den wir durchliefen, wirkten, als hätten sie schon einmal bessere Zeiten gesehen und doch beschloss ich, dieser Unterkunft eine Chance zu geben.
Es fiel mir immer schwerer, je mehr ich von dieser Herberge sah, doch als sie nach einem kurzen anklopfen, die Tür zu einem der Zimmer öffnete, dachte ich an einen schlechten Witz. Innerlich suchte ich die versteckte Kamera, als ich mich umsah.

»Das Bett am Fenster ist noch frei«, sagte die Dame und ich warf einen Blick zu besagtem Bett. Es war ein Schlafsaal mit zehn Betten, die alle bis auf eines belegt waren. Zwei junge Frauen befanden sich in dem Zimmer und sie lächelten mir höflich zu, musterten mich dabei von oben bis unten. Am Fußende jedes Bettes stand eine Truhe die, als eine Art Kleiderschrank diente und auf dem Nachtschrank befand sich eine alte Nachttischlampe sowie eine Steckdose für Ladegeräte. Schon jetzt konnte ich ein monotones Brummen hören und ich warf der Mitarbeiterin einen fragenden Blick zu.
»Das Zimmer lieg Richtung Innenhof, das Brummen ist die Kühlung von unserem Kühlhaus«, erklärte sie sofort, ohne das ich etwas sagte, und sie schien so, als wäre ihr die Frage schon öfter gestellt worden.

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