Ich wusste nicht, woran es lag. Waren es die Austern oder die Muscheln mit Pommes? Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass eine verdorben schmeckte. Hätte ich es überhaupt heraus geschmeckt? Wäre es mir aufgefallen? Leo und ich waren am Ende des Tages zum Hotel zurückgekehrt und ich hatte mich dem Buch gewidmet, als es urplötzlich losging. Mit einem Mal schien sich mein Magen auf links zu drehen, denn die Übelkeit die in mir herauf kroch, konnte ich nicht unterdrücken, geschweige denn ignorieren. Sie war so präsent, erfasste mich und ließ mich gerade noch den Weg zur Toilette schaffen.
»Lou?«Ein leises Klopfen ertönte und ich hörte Leonards Stimme gedämpft durch diese. In seiner Stimme schwang Sorge mit und sie schien ehrlich zu sein. Er bekam es wohl auch nicht alle Tage mit, wie jemand wie eine gestochene Tarantel ins Badezimmer rannte, um sich zu übergeben.
»Lou ist alles in Ordnung?«Offensichtlich nicht, doch anstatt zu antworten bekam ich lediglich ein weiteres Würgen zu Stande. Sobald ich den Mund öffnete, war die Übelkeit überwältigend. Mein Magen zog sich krampfhaft zusammen und ich erbrach so heftig und so oft, bis sich mein Magen komplett entleerte.
Erschöpft sank ich neben der Toilette zusammen und die Zeit verlor jegliche Bedeutung. Ich hatte keine Ahnung, wie lange ich schon dort saß. Doch Leo stand noch immer vor der Tür, denn das leise und vorsichtige Klopfen war nicht verstummt.
»Lou, lass mich dir helfen!«»Geh weg!«
»Ganz sicher nicht! Darf ich rein kommen?« »Nein!«
Er ignorierte meine Worte und schob die Tür auf und blickte auf das Elend.
Zitternd versuchte ich mich zu erheben, doch meine Beine wollten mir nicht gehorchen. Leo stützte mich ohne weitere Worte zu verschwenden und insgeheim, obwohl es mir peinlich war, war ich ihm dankbar, dass er da war um mich zu unterstützen.
»Du siehst furchtbar aus.«»Danke.«
»Ich gehe gleich in den Supermarkt und hole dir etwas gegen die Übelkeit«, Bot er an und brachte mich langsam zum Bett. Mir war schwindelig, noch immer übel und ich hatte das Gefühl, als würde mein Körper in Flammen stehen. Zunächst schob ich es auf die Hitze, die der sommerliche Abend mit sich brachte, doch ich begriff langsam, dass ich fieberte.
Ich wollte widersprechen, denn ich wollte nicht, dass Leo ging. Obwohl es mir noch immer unangenehm war, dass er mich so sah, wollte ich ihn bei mir haben, aber der Vorschlag das er loszog, um Medikamente zu organisieren, war wohl der Vernünftigere. Ich legte mich ins Bett und Leo stellte aufmerksam, wie er war, einen Eimer neben meine Seite des Bettes, damit ich nicht aufstehen musste, sollte ich mir noch einmal den Tag durch den Kopf gehen lassen.
»Ich glaube das waren die Muscheln«, merkte ich an, denn ansonsten fiel mir nichts Weitere ein, was solch eine Reaktion hätte hervorrufen können.»Ja, das kann schon sein, da hast du vermutlich eine schlechte erwischt. Tut mir leid.«
»Was tut dir leid.«»Ich habe dich dazu überredet es zu probieren und nun das.«
»Du kannst nichts dafür«, versuchte ich ihn zu beruhigen und sein Gewissen zu erleichtern, doch Leo sah nicht so aus, als würde er sich weniger Sorgen machen. Seine bernsteinfarbenen Augen wirkten wie die eines traurigen Hundes, der mich mit einem genau solchen Blick ansah. Bedauernd, mitfühlend. Er griff meine Hand und ich spürte, wie kühl die seine war. Ich glühte förmlich.
»Ich bin gleich wieder da, steh nicht alleine auf, warte bis ich wieder da bin«, klang er fast wie mein Stationsarzt und ich musste schmunzeln. Er hatte Recht, so lange er unterwegs war, sollte ich nicht aufstehen, nur für den Fall, dass mein Kreislauf nicht mehr mitspielte.
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Lebe jetzt
RomanceLouisa ist mit Leib und Seele als Pflegefachkraft auf der Palliativstation einer Frankfurter Klinik tätig. Dort hat sie bereits einige Patienten auf ihrem Weg begleitet, doch Nora, eine Patientin die kaum älter ist, als sie selbst, stellt Louisas b...