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Das Wetter machte uns in den nächsten Tagen ein Strich durch die Rechnung. Dicke Regenwolken entleerten sich über der Stadt und so machte es keinen Sinn an den Strand zu fahren. Das Wetter spiegelte meine Laune wider. Immer wieder warf ich einen Blick auf mein Handy. Die anfänglichen Nachrichten und Anrufe von Leo nahmen ab, bis er schließlich gar nicht mehr versuchte, mich zu erreichen. Es versetzte mir ein Stich, denn das schien es wohl gewesen zu sein, zwischen uns. Charlotte ging als die große Siegerin aus dem Ganzen hervor.

Am Ende kommt er immer wieder zu mir zurück, hallten ihre Worte in meinen Gedanken nach und als ich daran dachte, füllten sich meine Augen augenblicklich mit Tränen. Paul und ich saßen in einem der vielen Cafés, während draußen der Regen prasselte und Pfützen zwischen dem Kopfsteinpflaster bildete. Selbst die Farben der Blumen, die in den Blumenkübeln blühten, schienen nicht mehr so kräftig zu sein. Überhaupt schien alles einem tristen Grau in Grau gewichen zu sein. Eine dunkle Wolke, die über mir hing und die Sonne vertrieb.
Ich fragte mich was Leo tat, denn mittlerweile waren drei Tage vergangen. War er noch in Amsterdam? Hatte er Charlotte zu diesem Meeting begleitet? Befand er sich wieder in München? Ich wusste es nicht. Zwei Herzen schlugen in meiner Brust, das eine wollte, das ich ihn anrief, ihm die Chance geben sich zu erklären. Doch das andere wollte abschließen, nach vorne sehen und das ganze als bedeutungslose Urlaubsromanze hinter sich lassen. Doch bedeutungslos war nichts von alledem. Für mich nicht. Und ich fragte mich, ob es ihm genau so ging.
»Lou?«
»Was?« Riss mich Paul aus den Gedanken.

»Möchtest du noch etwas bestellen?«
»Nein danke«, winkte ich ab und die Kellnerin ließ uns die Rechnung zukommen, die ich bezahlte. Wir erhoben uns und verließen das Café.

Ich hatte mich bei Paul eingeharkt, als er den quietschgelben Regenschirm aufspannte, den wir in einem Supermarkt gekauft hatten. Trotz des Regens war es nicht kalt. Im Gegenteil, eine Schwüle drückende Luft breitete sich aus, die unangenehm war.
»Und wohin nun?«

»Keine Ahnung«, gab ich zurück und hing meinen eigenen Gedanken nach.
»Ich schlage vor, wir stürzen uns heute Abend ins Nachtleben«, kam wieder der Partylöwe zum Vorschein.

»Ach ich weiß nicht«, missmutig schlenderte ich neben ihm her.
»Komm schon Lou, wir sind in Amsterdam! Du kannst dich nicht ewig im Zimmer eingraben, bis wir gutes Wetter für den Strand haben. Also, wir gehen gehen feiern, heute Abend und basta! Und wer weiß vielleicht lernst du ja einen netten Holländer kennen.«

Danke, mein Bedarf war gedeckt, dachte ich, stimmte aber nickend seinem Vorschlag zu. Wir würden also feiern gehen. Gegen fünf Uhr machten wir uns auf den Weg in eine Bar, um vorzuglühen. Ich ließ Paul seinen Spaß und hielt tapfer durch, bis wir gegen 21 Uhr in einem Club landeten. Die Beats waren verlockend und ich begann langsam aber sicher Spaß an diesem Abend zu finden. Mein Pegel war vermutlich das ausschlaggebende für die Freude. Wir trafen auch eine Reisegruppe aus Deutschland, denen wir uns anschlossen und so landeten wir bereits angeheitert im nächsten Club. Ich unterhielt mich mit Lena, einer schlanken Brünetten aus besagter Reisegruppe, über meine bisherige Reise und natürlich auch über Leo.
»Ganz ehrlich, scheiß auf die Kerle, wir sind ohne sie besser dran«, brüllte sie mir dank der lauten Musik ins Ohr und ihre Haltung gefiel mir in diesem Moment. Meine Tränen trockneten und eine Innerliche ‚ist mir egal' Einstellung begann.
»Genau, scheiß auf die Kerle«, rief ich zurück und ließ einen weiteren Tequila Shot meine Kehle hinunter fließen.
Ich tanzte, ich trank, ich tat das, was Paul verlangte, was ich tun sollte: Ich feierte. Am nächsten Morgen stellte ich jedoch fest, dass mir diese ganze Geschichte mit Leo nicht egal war. Sie war mir nur egal, so lange der Alkohol geflossen war, doch nüchtern betrachtet sehnte ich mich zurück in seine Arme. Ich sehnte mich, danach seine Lippen zu spüren, nach der Geborgenheit die mich eingehüllt hatte, so lange er in meiner Nähe war.
»Die Sonne scheint«, stellte ich fest, als ich meinen Blick auf das Fenster richtete. Der Regen war vorüber gezogen, doch mein persönlicher Regen hielt weiterhin an.
»Vergiss es, ich kann heute zu keinem Strand«, murrte Paul und presste sein Kissen auf sein Gesicht.
»Hab ich nach der letzten Nacht auch nicht erwartet«, gestand ich und musste schmunzeln, als er mir verkatert entgegen blinzelte.
»Gott, ist mir schlecht.«

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