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An diesem Nachmittag traf ich mich wieder mit Paul in unserem kleinen Stammcafé am Mainufer. Nicht nur meine Stimmung war gedrückt, Paul strahlte ebenfalls nicht gerade wie ein Sonnenschein. Selten sah man ihn so ruhig oder übellaunig. Für gewöhnlich war er eine Person, die gute Laune versprühte, sobald er einen Raum betrat. Doch an diesem Tag war alles anders. Ich hing meinen eigenen Gedanken nach, die pausenlos um Familie Schmiedt kreisten, und der Geschichte, die er mit mir teilte. Vor allem aber sein Wunsch, den er in meine Richtung ausgesprochen hatte Beschäftigte mich und mit einem Mal hörte ich meine eigene Lebensuhr ticken und dieses Ticken brachte erneut die Unruhe zurück.
Es war an der Zeit etwas zu ändern, nur wie? Wie sollte ich die Liebe meines Lebens kennenlernen, wenn ich so gut wie nie ausging und meine freie Zeit, die ich als kostbar ansah, ungenutzt ließ. Vielleicht hätte ich diesem Ben doch noch einmal eine Chance geben sollen, aber bei dem Gedanken schüttelte es mich und ich erntete einen skeptischen Blick von Paul.

»Was 'n mit dir los?«

»Ach nichts, musste nur an etwas denken«, ließ ich seine Frage recht unbeantwortet und überlegte mir was ich sagen würde, wenn er weiter bohrte. Doch er fragte nicht nach, was für Paul recht ungewöhnlich war.

»Und was ist mit dir? Du bist so still?«

Ich führte mein Glas Latte macchiato an meine Lippen und mein Blick ruhte neugierig auf Paul. Stille stand Paul so gar nicht und in mir machte sich die Sorge breit.

»Ach, ich hab dir doch von diesem Vertreter erzählt«, begann er leise und rührte in Gedanken versunken in seinem Glas. Das Kakaopulver auf dem Milchschaum löste sich langsam auf und hinterließ eine zarte braune Spur in dem Weiß des Schaumes.

»Du meinst der, der mit dir geflirtet hat?« Mein Blick wurde neugieriger. Ich hatte bereits eine Vermutung, was ihn so bedrückte. Offenbar hatte der Fisch nicht angebissen.

»Ja, genau der. Jedenfalls habe ich ihn gefragt, ob wir uns auf einen Kaffee treffen und er hat abgelehnt. Er sagte er sei in festen Händen und mit seiner Freundin sehr glücklich!«

Und da war sie, die Erklärung, die ich schon voraussah und die Paul so mächtig den Tag verhagelte.

»Schade, aber daran lässt sich wohl nichts ändern«, entgegnete ich und ließ meinen Blick auf Paul ruhen, der recht geknickt wirkte.
»Ja, lässt es sich wohl nicht, aber meine Güte dieses Lächeln und diese Augen«, schwärmte er weiter und beendete die Schwärmerei mit einem wehmütigen Seufzen. Für jemanden wie Paul war es ein Kinderspiel neue Leute kennenzulernen und vor allem zu flirten. Manchmal beneidete ich ihn um diese Eigenschaft, denn mir fiel es ganz und gar nicht leicht neue Leute kennen zu lernen. Schon oft erlebte ich, dass Paul von jetzt auf gleich an Dates kam. Einmal kam er über Stunden nicht von einem Spaziergang zurück und ich ging fast um vor Sorge. Irgendwann stand er dann vor der Tür und erklärte, dass er im Park einem recht interessanten Herren begegnet sei und sie waren spontan einen Kaffee trinken. Aus diesem spontanen Date wurde eine Beziehung, die ein halbes Jahr andauerte und durch einen Seitensprung beendet wurde. Nicht Paul war fremd gegangen, aber sein Partner Mike. Es hatte ihm das Herz gebrochen und es dauerte einige Zeit und tonnenweise Eiscreme bis er sich davon erholte. Damals war er sich sicher gewesen, dass Mike der Richtige war. Das ganze Drama lag drei Jahre zurück und seitdem hatte Paul die Suche nach der Nadel im Heuhaufen nicht aufgegeben und genoss die Flirts und Dates in vollen Zügen.
»Ich glaube ich sollte ein Date wagen«, platzte es aus mir heraus und konnte selbst nicht glauben was ich da sagte. Schnell nahm ich einen großen Schluck von meinem Getränk und wich Pauls Blick aus, unsicher ob es eine gute Idee war.
»Warte was. Sag das noch mal!« Pauls erstaunter Blick traf mich.

»Ich sagte, vielleicht ist es an der Zeit, dass ich mich noch einmal an ein Date heran wage!« »Woher der Sinneswandel meine Liebe? Und was wurde aus Es- ist- gut- so- wie- es- ist?«, hielt er mir meine bisherige Haltung gegenüber Dates vor.

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