Kapitel 46

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Der Schmerz den ich immer stärker in der Brust fühlte war kalt und heiß zugleich, genauso als würde jemand mit einer eiskalten Klinge warmes Fleisch durchschneiden. Noch nie zuvor hatte ich einen solchen Schmerz gefühlt. Selbst nach unzähligen Kämpfen gegen Dämonen und andere Höllenwesen, selbst nach dem Kampf mit Abbadon, hatte ich mich nicht so schlecht gefühlt wie jetzt. Mir war bewusst, dass die Schmerzen die Jace hatte, um ein vielfaches Schlimmer sein mussten. Immer wieder flackerten Bilder vor meinem inneren Auge auf. Bilder von Jace der blutüberströmt am Boden lag, Bilder von Schnittwunden, Jace wie er schrie.

„Was ist, wenn er schon tot ist? Wenn Asmodeus gerade dabei ist, ihn umzubringen?", fragte ich leise als ich endlich meine Stimme wieder gefunden hatte.

„Das wird er nicht tun." Magnus der neben mir saß schaute mich besorgt an und ich hasste mich dafür dass ich ihm solche Sorgen bereitete. Wäre ich ihm nicht nach Idem gefolgt, hätte ich meine Familie schützen können, doch stattdessen war ich egoistisch gewesen. Ich hatte meine Familie im Stich gelassen, für etwas oder besser für jemand, der mich Schwäche entwickeln lies.

Wie hatte ich nur so dämlich sein können? Wie hatte ich nur meinem Gefühl folgen können anstatt mich dem Kampf mit Asmodeus zu stellen und dabei vielleicht zu verhindern, dass man Jace entführte.

„Was bringt ihm Jace, wenn er tot ist? Er braucht ihn lebend um das Ritual durchzuführen und das Ritual kann er erst dann durchführen, wenn er auch mein Blut hat." Magnus Stimme klang sicher, doch seine Augen sagten etwas anderes. „Er braucht frisches Blut. Jace lebt noch. Ganz sicher." Ich sog scharf die Luft in meine Lungen, während meine Gedanken sich überschlugen. „Trotzdem leidet er Höllenqualen."

„Jace ist stark. Das Engelsblut wird ihm dabei helfen, zu überleben. Es macht ihn stärker als jeden anderen Schattenjäger."

Ich schaute ihn an und hätte ihn am liebsten angeschrien. Natürlich wusste ich wie stark Jace war, aber das bedeutete noch lange nicht dass er nicht auch Schmerz empfinden konnte, mehr sogar als manch ein anderer. „Bitte trink das Glas aus, Alexander.", forderte mich Magnus auf und deutete auf das Wasserglas vor mir. Kurz hielt ich inne, doch dann tat ich wie geheißen und leerte das Wasser in einem Zug. „Du solltest auch etwas essen."

„Ich hab keinen Hunger."

„Das spielt keine Rolle. Du brauchst all die Kraft, die du aufbringen kannst. Du musst dich stärken."

„Ich sagte, ich habe keinen Hunger!", ich schnaubte so laut, dass ich fast gebrüllt hätte.

„Wie du meinst." Magnus zuckte mit den Schultern und ich seufzte leise. „Tut mir Leid.", murmelte ich als er aufstand und dabei war das Zimmer zu verlassen. „Bitte setz dich wieder.", fügte ich deshalb schnell hinzu und schaute zu ihm hoch. Es war nicht fair Magnus die Schuld hier in die Schuhe zu schieben. Immerhin hatte er sich ja nicht freiwillig nach Idem bringen lassen und er hatte sich genauso wenig ausgesucht wer sein Vater war. Ich seufzte innerlich, hin und her gerissen von meinen Gefühlen zu diesem Mann und der Sorge Jace und meiner Familie gegenüber. Gerade jetzt war mir erneut klar, dass sich mein Liebesleben offenbar wieder einmal nicht mit der Loyalität gegenüber meiner Familie und meinem Schattenjägerdasein vertrug. Wieso musste auch alles nur so kompliziert sein? War dass der Grund weshalb Lydia plötzlich bei uns aufgetaucht war? Um alles weniger kompliziert zu machen? Mein Vater hatte offenbar die Hoffnung dass sich meine Gesinnung beim Anblick dieses Mädchens doch noch einmal änderte und ich mich wohlmöglich in sie verliebe. Ein heterosexueller Schattenjäger mit einer hübschen Schattenjägerfreundin wäre sicher weniger kompliziert als das hier. Ich schaute zu Magnus der eine Hand auf meinen Oberschenkel legte und atmete tief ein. Roch seinen Duft und dachte an die Stunden die wir gemeinsam verbracht hatten. An die Abende auf dem Sofa, oder im Bett und an das was wir in der Dusche getan hatten. Wie um alles in der Welt sollte ich mich da in jemand anderen verlieben?

When Worlds collide - Alec LightwoodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt