39-Großes Spiel

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Ich sitze im Flieger auf dem Weg nach Deutschland. Warum? Weil die EM begonnen hat und Enes, Alessia nach Deutschland eingeladen hat zum Türkei-Georgien Spiel und Alessia mich gezwungen hat mitzukommen.

Enes ist mit Kenan schon vor zwei Wochen nach Deutschland mitgeflogen um ihn zu unterstützen. Und ich? Ich weiß garnicht was ich hier mache. Ich habe Angst Kenan wiederzusehen, aber ich freue mich für ihn. Ich freue mich wirklich für ihn, dass er es so weit geschafft hat. Ohne mich ist er doch besser dran.

»Worüber denkst du nach? An Akin oder an Kenan? Weißt du Ceyda, ich bin immer noch sauer auf dich, dass du mir das ganze zwei Monate verheimlicht hast. Ich dachte wir erzählen uns alles.«

»An garkeinen, ich denke nur an die Klausur, die wir nach dem Kurztrip schreiben müssen« Gelogen, ich denke wieder einmal an ihn.

»Musst du immer an die Uni denken, genieß doch mal deine freie Zeit« gibt Alessia augenrollend von sich. Kurz darauf hörte ich sie wieder sprechen: »Was glaubst du wie es ausgehen wird? Denkst du Kenan wird ein Tor schiessen?« »Ich würde mich für ihn freuen, aber die Türkei wird sowieso morgen gewinnen.« So wie Kenan in letzter Zeit spielt, bin ich echt zuversichtlich, dass er ein Tor schiessen wird. Die Natio ist echt stark dieses Jahr.

»Hm, ich denke es wird ein knackiges 2-0 für uns.« Ich hoffe Alessia hat hierbei richtig getippt.


Ich sitze im Taxi, zwischen Alessia und meiner Reisetasche. Die Fahrt fühlt sich länger an, als sie wirklich ist und während Alessia ununterbrochen redet, schweifen meine Gedanken ab. Sie erzählt begeistert von ihrem Wiedersehen mit Enes und vom morgigen Spiel, aber ich höre nur Bruchstücke. Ihre Worte scheinen irgendwo in der Ferne zu verhallen, als wären sie für jemand anderen bestimmt.

Ich starre aus dem Fenster, während die Lichter der Stadt an uns vorbeiziehen. Alles in mir schreit danach, diesen Trip abzubrechen. Was mache ich hier überhaupt? Warum bin ich mitgekommen? Alessia hat mich praktisch gezwungen, aber der wahre Grund, warum ich jetzt hier sitze, ist wohl ein anderer.

Kenan.

Allein der Gedanke an seinen Namen tut weh. Seit drei Monaten haben wir keinen Kontakt mehr, und trotzdem ist er immer noch in meinem Kopf. Ich habe versucht, ihn zu vergessen, wirklich , aber er taucht immer wieder auf. Manchmal, wenn ich einen Song höre, der uns beiden gefallen hat. Oder wenn ich in meinem Handy alte Fotos sehe, die ich eigentlich längst hätte löschen sollen.

»Ceyda, denkst du schon wieder an Kenan?« fragt Alessia plötzlich und unterbricht meine Gedanken.

Ich reiße meinen Blick vom Fenster los und schaue sie an. Sie sieht mich mit einer Mischung aus Neugier und Genervtheit an.

»Nein« lüge ich. »Ich denke an die Klausur nächste Woche.«

Alessia verdreht die Augen. »Natürlich. Uni, Uni, Uni. Kannst du nicht einmal aufhören, alles so ernst zu nehmen? Wir fahren zu einem EM-Spiel. Genieß es doch mal!«

Ich lächle schwach und nicke, doch innerlich bin ich weit entfernt davon, irgendetwas zu genießen.


Das Taxi hält vor dem Hotel, und Alessia springt sofort aus dem Wagen. Ich folge ihr zögerlich, meinen Koffer hinter mir herziehend. Vor uns erhebt sich ein modernes Gebäude mit hohen Glasfenstern, durch die die warme Beleuchtung der Lobby nach außen strahlt.

Als wir die Drehtür betreten schlägt mir die kühle Luft der Klimaanlage entgegen. Mein Blick schweift durch die Lobby, und mein Herz schlägt schneller. Es sind viele Menschen hier, vor allem Männer in Sportkleidung die sich in kleinen Gruppen unterhalten oder auf den Sofas sitzen. Ich erkenne einige Gesichter , Spieler der türkischen Nationalmannschaft.

Nur Er - Kenan YildizWo Geschichten leben. Entdecke jetzt