»Für mich zählte in diesem Moment nur sein Herzschlag.«

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So viele gemischte News. 
Bastian hat den Fc Bayern München verlassen, er ist Onkel geworden, Stephan Beckenbauer ist verstorben und wir haben den Supercup verloren. Ach Gott. Ich hoffe, ihr habt Spaß mit dem Kapitel. Ich danke euch allen für die Abstimmung. Das tut gut. Wirklich.



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Warme Luft umfing mich, das Rauschen der Wellen ließ mich fast schon heimisch fühlen und als ich mich leicht bewegte und spürte, dass ein starker Arm um meinen Oberkörper lag, öffnete ich langsam die Augen und fing an zu Lächeln, als ich Bastis Armband am Handgelenk erhaschen konnte. Es war also kein Traum. Ich lag also wirklich am Strand, das Wasser vor meinen Füßen, der Sand unter meinem Körper, die Kerze von der langen Nacht völlig niedergebrannt und Bastis leiser Atem an meinem Ohr. Wir mussten eingeschlafen sein, irgendwann gegen halb fünf, als wir uns zusammen nach hinten auf die Decke fallen ließen und in den klaren Himmel sahen. Als uns die Worte ausgegangen waren, weil wir so viele Stunden einfach nur geredet hatten, als wir schweigend dalagen, unsere Hände sich zwischen unseren Körpern leicht berührten und wir die Situation einfach nur genossen. Er muss mich in der kurzen Zeit, in der wir hier gelegen und geschlafen hatten, in den Arm genommen haben. Sein Körper lag so verdächtig nah an meinem, dass ich mich kaum traute mich zu bewegen – aus Angst, der Moment, in dem ich seine Nähe so unglaublich intensiv spüren durfte, würde zerbrechen.

Doch so sehr mich diese Hochgefühle auch vereinnahmten und ich noch Stunden weiter hier in Bastis Armen hätte liegen können, brach auf einmal Panik in mir aus. Wir lagen zwar am äußeren Rand des Strandes, doch trotzdem sichtbar für jeden, der uns irgendwie in unserer Liegeposition erwischen wollte und außerdem musste es schon nach sechs Uhr sein. Um sechs Uhr herrschte langsam aber sicher reges Treiben am Strand und der Fakt, dass uns wirklich jemand auf frischer Tat erwischen könnte, ließ mich aufsetzen. Bastis Arm fiel unsanft von meinem Körper und er murrte verständnislose Worte vor sich hin.
»Basti!«, zischte ich, als er sich auf den Rücken legte und keine Anstalten machte, seine Augen zu öffnen. Er sah so friedlich aus, sein Gesicht schien entspannt zu sein und so sehr ich ihn auch nicht so harsch wecken wollte, blieb mir wohl oder übel nichts anderes übrig. »Wach auf!«, ich pellte mich aus der Decke, die uns beide bedeckte und rüttelte leicht an seiner Schulter.
»Liv.«, murmelte er und hatte noch immer seine Augen geschlossen. Mein Name in seinem Mund, an diesem Morgen und in dieser Situation, schickte mir eine Gänsehaut über den Körper. Die Leichtigkeit, wie er meinen Namen aussprach, als würden wir jeden Morgen nebeneinander aufwachen und wären aus Versehen als Paar am Abend am Strand eingeschlafen, ließ mein Herz klopfen. Ich konnte kaum beschreiben welch unbändige Gefühle das alles in mir auslöste und wie unglaublich durcheinander ich in diesem Moment war. Fakt war schließlich, dass Basti vor wenigen Tagen seine Freundin betrogen hatte und wir trotzdem in solch einer Position dalagen und nichts an unserer Situation änderten. Ich hatte das Gefühl, dass grade ich irgendetwas in mir verdrängte, das eigentlich ans Tageslicht wollte, aber nicht konnte. »Was ist denn los?«
Basti hatte sich mittlerweile aufgesetzt, als ich gedankenverloren das kleine Picknick einpackte und nebenbei versuchte, meine durch und durch unordentlichen Haare zu sortieren. Ich dachte fast daran, wie schlimm ich wahrscheinlich aussehen musste, doch all das um uns herum, ließ es mich fast vergessen.
»Wir sind eingeschlafen, es ist mittlerweile morgens und wir lagen Arm in Arm hier rum.«, erklärte ich ihm aufgewühlt. Der Korb war gepackt und hektisch zog ich die Decke von Basti weg, um sie oben drauf zu legen.
»Liv, beruhig dich doch mal.«, wie die Ruhe in Person stand er auf, strich sich seine Sachen glatt und fuhr sich einmal durch die Haare. »Wenn uns wer gesehen hat, ist es eh schon zu spät. Und jetzt ist es wohl nicht mehr so offensichtlich.«
Ich stoppte kurz als ich realisierte, was er gesagt hatte und zog meine Stirn in Falten. »Offensichtlich?«
Lange musterte ich ihn, seinen Gesichtsausdruck, seinen nachdenklichen Blick und seine hektischen Augen, die von rechts nach links wanderten, als würden sie etwas suchen.
»Na ja, offensichtlich, dass wir hier eingeschlafen sind.«, brachte er dann irgendwann raus und so naiv wie ich war, glaubte ich nicht, dass er genau das damit sagen wollte. »Aber wenn es dich beruhigt, dann komm.«
Er war urplötzlich völlig durcheinander, schnappte sich die Decke, die auf dem Sand als Unterlage gedient hatte, schüttelte sie leicht aus und klemmte sie sich unter den Arm. »Am besten gehst du vor, damit man bloß nichts merkt.«, er grinste leicht und machte eine Andeutung auf meine Angst, die sich noch immer nicht aus meinen Knochen vertreiben ließ.
»Basti, ich bin lieber vorsichtiger. Schließlich... schließlich bist du hier derjenige, der vergeben ist von uns beiden.«
Ich drehte mich zu ihm, als ich schon zwei Schritte gegangen war und sah ihn durchdringend an. Wieder hatte er diesen nachdenklichen Ausdruck im Gesicht und musterte mich ein bisschen, ehe er immer wieder mit dem Kopf nickte. »Ich weiß, Liv.«
Es war nur ein Hauchen und diese Worte, die mir die nächste Gänsehaut und das nächste Herzklopfen schenkten. Dieses darauffolgende schiefe Lächeln von ihm und die Unsicherheit, die irgendwie von ihm ausging. Ich wusste plötzlich nicht, ob ich mich von ihm verabschieden oder überhaupt vorgehen sollte, obwohl wir es zuvor schon mehr oder weniger beschlossen hatten.
»Ich komme nach dem Mittagessen mal zu dir. Wir haben ja erst am späten Nachmittag Training.«, sagte er und ging langsam an mir vorbei, als ich hilflos im Sand stand und schon jetzt die Wärme unter meinen Sohlen spürte.
»Okay.«, sagte ich deswegen nur. Und sah ihm nach, als er sich immer mehr von mir entfernte. Ich wusste nicht, was ich denken und vor allem von diesem Morgen halten sollte. Das Gespräch heute Nacht über Felix, meine Vergangenheit, meine Ängste und meine Zukunft, über all das andere, das uns in den Sinn gekommen war, hatte so gut getan und hatte mich nicht einen Moment daran denken lassen, dass es vielleicht falsch war, was wir taten. Und jetzt, wo wir mit dem Augen-aufschlagen zurück in die Realität gerissen wurden, hatte ich das Gefühl, all das Schöne und Positive nicht mehr sehen zu können. Ich sah nur, dass wir uns nicht berühren konnten, dass ich mich in einen Fußballspieler verliebte, der dazu noch vergeben war und dass das alles hier gar nicht das Anliegen war, das ich hatte, als ich am Flughafen aus dem Flugzeug gestiegen war.

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