Freitag Morgen. Um halb fünf rannte ich schon durchs Haus. Wenn ich pünktlich zur Arbeit erscheinen wollte, hatte ich hier noch einiges zu tun. Ich würde sowieso eher heim müssen, um Randall zu empfangen.
"Emma und Leroy, ihr seid für die Einkäufe zuständig. Nick, Kyle, ihr kümmert euch um die Gästezimmer. Ihr seid bis 10 von der Arbeit frei gestellt, danach brauche ich euch aber. In der IT Abteilung hängt seit gestern Abend ein Server und die Finanzen brauchen noch Dokumente von Jane."
Ich würde mich um eins auf den Heimweg machen. Schon jetzt ging ich auf die Schnelle meine Pläne für den Tag durch. Nate kam langsam die Treppe hinunter gehumpelt, mit Riley und Amber im Schlepptau. "Ach ja und Riley, die Firma der Schakale hat angerufen..." Er stöhnte.
Und so in etwa verlief der gesamte Morgen.Als ich dann endlich in der Firma angekommen war, fühlte ich mich leicht mit den Nerven am Ende, aber auch seltsam beschwingt. Ich freute mich auf Randall und seine Meute. Ich kannte alle und sie waren wie gute Freunde für mich. Eine Erweiterung meiner sowieso schon großen 'Familie'. Ich sah sie nur viel zu selten. Obwohl unsere Gebiete nicht weit entfernt waren, kam immer etwas dazwischen. Das letzte Mal hatte ich Randall und seinen Beta Ray am Rudeltreff gesehen, davor das gesamte Rudel am Wochenende. Früher, zu den Anfangszeiten unserer beiden Meuten fast jeden Tag. Aber dann kamen die Firma, die innerhalb von 3 Jahren riesig geworden war, und sämtliche formellen Rudelangelegenheiten dazu, außerdem die liebe Familie...so wurden die Treffen seltener. Aber auf ein Treffen alle zwei, drei Wochen bestanden wir dennoch. Natürlich gab es auch welche, mit denen ich aus Randalls Rudel nicht so gut klar kam. Aber damit würde ich wohl die nächsten Tage leben müssen.
Bis ich endlich gehen konnte hatte ich zwei, drei Krisen bewältigt, unter anderem da ein sehr verschlafener Kyle versehentlich den falschen Kaufvertrag für eine Familie der Eisbären aus dem hohen Norden versendet hatte. Anstatt einer Hütte am See in Alaska hätte ihnen beinahe ein Strandhaus in Florida gehört. Meine Ohren klingelten immer noch von dem Geschrei der Bärentussi am Telefon und ihrer quitschigen, hysterischen Stimme.
Ich parkte den Jeep und las mir den Zettel von der Werkstatt nochmal durch. Irgendwann nächste Woche durfte ich endlich meinen heißgeliebten Impala wieder abholen.
Gerade, als ich ausstieg, kam der erste Wagen vorgefahren. Ein breites Grinsen machte sich auf meinen Lippen breit. Na endlich. Der große schwarze Van kam direkt neben mir zum Stehen und ich schloss sofort Randall in die Arme, der gerade vom Fahrersitz gerutscht war. Er lachte laut und hob mich hoch. "Randall!", rief ich, halb entrüstet, halb lachend. "Lass mich runter!" Er wirbelte mich einmal im Kreis und setzte mich dann wieder sicher auf dem Boden ab. Schnell drückte er mir einen Kuss auf die Wange. "Schön, dich zu sehen, Kleine." Seine Stimme war warm und herzlich und ich lächelte. Seine schwarzen Haare waren leicht verwuschelt und seine blauen Augen funkelten. Neben Lucien war Randall der einzige schwarze Wolf, den ich kannte. "Ich freue mich auch", meinte ich ehrlich und wir sahen uns an. Zwischen Randall und mir war es schon immer so gewesen - er verstand mich auch ohne Worte. Die anderen Türen des Autos wurden aufgerissen und ich wandte mich ab, um die Anderen zu begrüßen. Joey rannte mich beinahe über den Haufen, und auch Xander und Darren umringten mich bereits nach wenigen Sekunden. Lachend umarmte ich alle und begann mit ihnen zu sprechen, bis uns ein Ruf zusammenzucken ließ. "Leute! Lässt mich mal jemand raus? Ich bin doch nicht euer verdammter Schoßhund!"
Randall prustete los.
"Shit. Ich wusste, ich habe was vergessen." Er lief zur Heckklappe des Autos und öffnete den Kofferraum. Ein zeternder und fluchender Vice kam rausgeklettert. Vice. Ja gut, der war so eine Sache für sich. Nicht mehr alle Tassen im Schrank, aber grundsätzlich doch ganz liebenswert. "Hi", grinste ich und er hob eine Augenbraue. Groß, schlaksig und braunhaarig. "Hi Dess. Hast du was zu essen da? Ich könnte sterben vor Hunger. Haben die mich tatsächlich in den Kofferraum gesteckt weil sie meinten, ich rede zu viel. Und dann einfach vergessen..." Er schüttelte den Kopf und redete weiter, während er schon in Richtung haus lief. Ja, das war Vice. Ich wuschelte Joey durchs braune Haar und er grinste sein jugendliches Grinsen. 16, der Kleine, und der ausgewachsene Charme eines Casanovas. "Hast du mir Kippen mitgebracht?", flüsterte er mir leise in einem unbeobachteten Moment zu und ich seufzte gespielt genervt. "Nieemals." Randall würde ihm die Hölle heiß machen, wenn er wüsste, dass unser unschuldiger Welpe rauchte. Denn Joey hatte es faustdick hinter den Ohren, auch wenn er nicht so aussah. Genauso wie der blonde Darren, der wirkte wie der typische Sunnyboy. Meistens war er derjenige mit den sarkastischsten Kommentaren, der die Leute am ehesten auf die Palme brachte. Vor allem Nate. Das mochte ich an ihm. Xander dagegen war eher von ruhiger Natur, aber einer der nettesten Wölfe die ich je kennengelernt hatte. Und er war Vegetarier. Das sagte bei einem Werwolf alles. Ich scheuchte die erste Welle des Rudels erstmal ins Haus und wartete mit Randall davor auf den Rest. Seufzend zündete ich mir eine Zigarette an und bot Randall eine an. Er nahm sich wortlos eine heraus und ich blinzelte. "Du rauchst doch gar nicht?" Er schenkte mir ein schiefes Grinsen. "Du doch auch nicht."
Wir zündeten sie schweigend an. Ich bemerkte, dass der Stress auch an Randall nicht spurlos vorbei gegangen war. Tiefe Schatten befanden sich unter seinen Augen. "Alles okay mit dir?", fragte ich vorsichtig und er lehnte den Kopf nach hinten an die Wand. "Nein. Eigentlich nicht. Ich habe Angst um mein Rudel, verdammt. Xander wurde vor drei Tagen von einem verdammten Blitz getroffen. Ein Blitz, stell dir das mal vor. Wie hoch ist da die Wahrscheinlichkeit? Eins zu einer Million?" Ich zögerte. "Vielleicht war es ja nur Zufall..." Er schüttelte den Kopf. "Wenn es gleißend grüne Blitze gibt, dann war es Zufall. Ansonsten hatte Kathrina ihre Finger im Spiel." "Verdammt", murmelte ich und wir zogen beide an unseren Kippen. "Nate und Mike wurden vor zwei Tagen von einem Werwolf angegriffen. So einem Viech wie aus den richtig schlechten Hollywood-Horrorfilmen", erzählte ich ihm. Er lachte trocken auf. "Was kommt als Nächstes? Killer-Zombies? Nein, ich will es gar nicht wissen."
Unser Gespräch wurde unterbrochen, als der zweite Wagen ankam. Ein himmelblauer Fiat. "Oh. Mein. Gott.", kicherte ich und Randall stöhnte wie auf Kommando auf. "Jetzt sind sie doch mit dieser Klapperkiste gekommen, ich glaubs nicht. Und ich sagte noch: Nehmt den zweiten Van und zerstört unser Image nicht. Das war sicher Claires Idee." Er wirkte richtig leidend. "Oh ja. Das kann nur Claire gewesen sein. Lily hat einen guten Geschmack."
"Achso", fiel ihm gerade noch etwas ein, wie es schien. "Ich habe dir ganz vergessen zu sagen, dass wir Zuwachs bekommen haben, vor lauter Hektik..." Schon bevor er ausgeredet hatte, öffneten sich alle Türen des Siebensitzers. Ein dezent genervt aussehender Ray, der Beta von Randall, stieg auf der Fahrerseite aus, auf der anderen Seite seine Freundin Claire. Schon wieder Ärger im Paradies? Hinten schubste Lily einen trödelnden Louis aus dem Auto und ein braunhaariges Mädchen kam hinter ihr heraus. Ray öffnete den Kofferraum. Das konnte doch nicht sein...Ich lief los und schloss sofort Mina und Ciara in eine enge Umarmung. Finn wurde zwischen uns beinahe erdrückt und begann sich zu beschweren. "Zur Hölle, bei Anubis, was macht ihr drei denn hier?" Die beiden Mädchen lachten und Finn seufzte. "Lange Geschichte. Wir haben uns schon ewig nicht mehr gesehen!", quietschte Ciara und wollte mich gar nicht mehr loslassen. "Ich hab euch vermisst", gestand ich. "Weiß Nick schon von seinem Glück?" Ciara seufzte und Finn verzog das Gesicht. "Nicht so direkt. Da wird sich unser Brüderchen aber freuen." Mina grinste. Ihr fiel das braune Haar leicht im Pony ins Gesicht. "Er wird ausrasten. Ich freu mich schon drauf."
Nick und seine Familie. Zwei Welten trafen aufeinander. Mina war seine Halbschwester, und die anderen beiden - naja, da sah man die Familienähnlichkeit. Ciara als Älteste, danach kam Nick und als Schlusslicht Finn. Alle drei blond, blauäugig, niedlich und hilflos verplant. Man musste sie einfach mögen. Mina war in etwa in Ciaras und meinem Alter, aber quasi das Gegenteil. Sie wirkte älter, manchmal etwas verschlossen, aber kümmerte sich um die drei. Ab und zu lagen sie sich auch in den Haaren, aber das konnte nicht wirklich täuschen. Ich umarmte noch schnell die anderen Neuankömmlinge, wobei mir Claire aus dem Weg ging - sie war sowieso nur Ray zuliebe mitgekommen - und zog Louis beiseite. Er war immer etwas mürrisch, aber ich mochte ihn. Wenn er gute Laune hatte, dann endete der Abend in etwa so wie die Feier, bei der ich nach unserem Rudeltreff aufgeräumt hatte. Wenn er lachte, hörte man das bis in den halben Wald. Kurz unterhielt ich mich noch mit ihm, schickte dann aber alle rein. Inzwischen hatte Vice schon den halben Kühlschrank geplündert und ich notierte mir innerlich, morgen noch mal einkaufen zu gehen. Tja. Zwei Rudel waren eine Menge Mäuler zu stopfen. Gerade hockte er auf dem Küchentresen und versuchte, die Brownies aufzureißen. Louis gesellte sich beinahe sofort zu ihm. Schnell stellte ich die anderen Packungen ganz oben aufs Regal, wo sie sie hoffentlich nicht finden würden. Die beiden unter Zuckerschock waren nicht wirklich witzig. Na gut, meistens.
Als ich ins Wohnzimmer kam, hörte ich schon das Geschrei und stieg über die gepackten Taschen des Rudels hinweg. Sah fast so aus als wollten sie länger bei uns einziehen. Das würde kuschelig werden.
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Wolf Pack - Completely Insane
WerewolfEin Rudel Werwölfe zu beaufsichtigen ist in etwa so, als wäre man Kindergärtnerin, nur mit mehr Zähnen und Fell, versteht sich. Und als weibliche Alpha ist die ganze Sache noch schlimmer, vor allem wenn der Kerl, mit dem du dieses Chaos eigentlich f...