Heute ärgerte mich alles. Das hatte schon angefangen, als das Rudel keine Spur der Hexe hatte finden können. Danach der Bitchfight zwischen Lucien und Nate. Das zwischen den beiden würde noch irgendwann eskalieren, wenn sie so weiter machten. Und dann die Arbeit, aber das war nicht einmal mein persönlicher Höhepunkt. Ich klopfte an Kyles Bürotür und trat ein. "Hi." Er hob den Kopf und legte das Headset beiseite, das er gerade noch getragen hatte. "Hi, Dess. Was gibt's?" Er blickte mich aus seinen großen grünen Augen an und ich schmunzelte. Dieser Kerl sah mit seinen glatten, kurzen braunen Haaren und diesem Ausdruck im Gesicht immer so unschuldig aus. Wer ihm das abkaufte...böööser Fehler. Der Kleine hatte es faustdick hinter den Ohren. "Ich wollte mal fragen wies mit dem Auftrag der Hyänen läuft." Er hob eine Augenbraue. "Ernsthaft?" Ich verdrehte die Augen. Da lief normalerweise alles fast zu glatt, dafür, dass ich diese kleinen lachenden Viecher bis aufs Blut nicht ausstehen konnte.
"Gut, eigentlich flüchte ich vor meinem Telefon, wenn dus genau wissen willst. Du weißt doch, die Familien wollen endlich wieder mal ein Treffen." Er stöhnte. "Oh Gott, nicht schon wieder. Du weißt was das letzte Mal passiert ist." Ich stützte mich an der Tür ab und lehnte den Kopf dagegen. "Ja. Das war grauenvoll. Ich habe danach nächtelang kein Auge zu gekriegt weil ich immer das Bild von unseren Müttern im Kopf hatte, die sich gegenseitig an die Kehle gingen." Zustimmend nickte er. "Egal ob Wolf oder nicht, die haben teilweise gewaltig einen an der Waffel." Ich grinste breit.
"Kannst du ihnen nicht einfach das mit der Hexe erzählen und dass sie erst nächsten, übernächsten Monat oder nie kommen sollen?", erkundigte sich Kyle hoffnungsvoll und ich lachte leicht hysterisch. "Wenn ich das mache, dann stehen sie spätestens morgen alle versammelt bei uns vor der Tür, um uns zu beraten oder schlimmeres. Nein, dazu hänge ich definitiv zu sehr an meinem Leben." Er seufzte resigniert. Ich tippte mit meinen schwarzen Highheels nervös auf dem Boden auf. "Und auch das mit Noahs Rudel lässt mich nicht los. Ich habe bei der ganzen Angelegenheit ein richtig ungutes Gefühl." Kyles Blick verfinsterte sich. Er hatte nicht gerade die besten Erinnerungen an sein altes Rudel, vor allem an Noah. "Ich hoffe, Randalls Rudel kommt bald. Ich kenne Noah, und wenn ich eins weiß dann, dass er ziemlich unberechenbar ist. Vielleicht hat er die Hexe geschickt." Auf meiner Lippe kauend blickte ich aus seinem Bürofenster. "Vielleicht. Aber Hexen arbeiten normalerweise nicht mit Wölfen zusammen. Es ärgert mich immer noch, dass ich fast nichts über Kathrina weiß. Über ihre Vergangenheit, wo sie her kommt, wer ihre Eltern sind. Ich traue ihr in etwa soweit, wie ich Nate werfen kann. Und das ist beinahe schon übertrieben." Kyle lehnte sich in seinem Drehstuhl zurück. "Sie ist ein durchtriebenes Miststück und Noah würde aus irgendeinem Grund alles für sie tun." Ich seufzte tief auf. "Schon letztes Jahr waren sie mit den Übertritten haarscharf an der Grenze. Ich will keinen Rudelkrieg anzetteln, aber irgendetwas stimmt nicht und wir müssen herausfinden, was." Er stand auf und lief zum Fenster. Weit riss er es auf, kramte in seiner Jackentasche und zündete sich eine Zigarette an. Er nahm einen tiefen Zug und schloss die Augen. "Du sollst hier drin doch nicht rauchen", murmelte ich. Gott sei dank hatten wir keine Feuermelder in den Büros, nur auf den Gängen. Kyles Mundwinkel hoben sich. "Willst du auch eine?" Ich verdrehte die Augen und stellte mich neben ihn. "Gib schon her." Er grinste und zusammen standen wir dort, mit einer wunderschönen Aussicht auf die Stadt. Kleine Rauchkringel schwebten vor uns in der Luft und wir genossen die kurze Stille, die uns vergönnt war. Die Ruhe vor dem Sturm.Einige Minuten später machte ich mich wieder auf den Weg zu meinem Büro. In der Erwartung meine Sekretärin vor der Tür lauern zu sehen, bog ich um die Ecke, aber die Luft war rein. Erleichtert atmete ich auf und legte die Hand auf die Türklinke, da ließ mich ein seltsamer Geruch inne halten. Ich zögerte, öffnete sie dann aber doch und ich versuchte mir meine Überraschung und Beunruhigung nicht anmerken zu lassen. Verdammt. An meinem teuren Mahagoni-Schreibtisch lehnte Kathrina und verschandelte das schöne Holz mit ihrer bloßen Anwesenheit.
"Desiree. Ich habe schon gewartet", richtete sie zuckersüß das Wort an mich und taxierte mich mit ihren stechend grünen Augen. Das leuchtend rote Haar fiel ihr gelockt bis über die Schultern und sie trug ein dunkelgrünes, unverschämt kurzes Kleid mit Pailetten, zusammen mit roten Fick-mich-Highheels. Warum war sie hier, zur Hölle? Ich hasste diese Frau aus tiefstem Herzen. Sie musterte mich und mein schwarzes, halblanges Kleid mit winzigen Goldverzierungen verächtlich und ich verschränkte die Arme vor der Brust, angespannt. Wenn es notwendig war würde ich dieser kleinen Schlampe gleich einen Arschtritt verpassen, der sie direkt nach Nevada befördern würde. "Was willst du hier?", fragte ich sie und kam auf sie zu. Meine Absätze klickten auf dem dunklen Laminat. Wenn wir uns einen Bitchfight leisten würden, musste ich dringend diese Schuhe loswerden. Das waren bestimmt dreizehn Zentimeter, und so viel wert dass ich wegen ihr meine Schuhe zerstörte, war sie mir nun wirklich nicht. Sie hob lächelnd eine Hand. "Ich bin nicht hier um zu kämpfen. Nicht heute. Ich bin hier um dir einen Vorschlag zu unterbreiten." Ich hob eine Augenbraue und blickte sie leicht angewidert an. "Was könntest du mir schon geben, das ich will, Kathrina?" Sie verzog die schönen, roten und vollen Lippen zu einem Schmollmund. Diese Frau war hinreißend. Und so gefährlich wie eine Königskobra kurz vorm Zubeißen. "Zum Beispiel das Leben deines Rudels." Sie lachte hell auf und mir rann ein Schauer über den Rücken. Diese Tussi war wirklich komplett irre. "Wie meinst du das?" Sie legte den Kopf schief wie eine Katze und trat einen Schritt näher. "Du gibst dein Gebiet auf, und wir lassen euch am Leben." Nun war es an mir, spöttisch aufzulachen. "Das soll doch hoffentlich ein echt schlechter Scherz sein." Sie tippte mit ihren zu Krallen verlängerten Fingernägeln selbstvergessen auf den Tisch. Wenn sie einen Kratzer hinein macht, werf ich sie gleich aus dem Fenster, das ist der fünfte Stock, sinnierte ich und sie sah auf. "Natürlich. Krieg wird kommen, Dess. Und es liegt an dir auf welcher Seite ihr steht." Abfällig schüttelte ich langsam den Kopf. "Hör auf so einen Mist zu labern, Süße. Wenn es Krieg gibt, dann nur, wenn ihr einen anzettelt." Sie lächelte breit und in ihren Augen glitzerte es. "Genau."
"Du bist verrückt", erwiderte ich. Nur eine Feststellung. Sie zuckte die Schultern. "Und wenn schon. Wir brauchen mehr Gebiet, und wenn ihr euch weigert müssen wir es uns mit Gewalt nehmen." Ich schnaubte. "Ihr braucht kein Gebiet, ihr wollt es. Da ist ein Unterschied. Lass mich raten, Kathrina. Du hast die Hexe geschickt, die uns angegriffen hat." Sie hob eine perfekt gezupfte Augenbraue. "Nur eine kleine Ermunterung meinerseits. Und dass du den kleinen Lucien aufgenommen hast wie einen Streuner, hat mich wirklich enttäuscht. Er gehört zu unserem Rudel."
"Falsch", widersprach ich ihr. "Er gehörte zu eurem Rudel. Jetzt ist er frei, und nicht mehr dein Problem." Sie knurrte, ein Laut tief aus der Kehle, von dem man nicht vermutet hätte, dass eine so zierliche Person ihn von sich geben konnte. "Verschwindet aus dem Revier und wir lassen euch unbehelligt von dem, was kommen wird. Das ist mein letztes Wort." Ich lächelte, was wohl mehr einem Zähnefletschen glich. "Verschwinde aus meinem Büro, oder du wirst es bereuen. Man hat eine schöne Aussicht, wenn man aus dem fünften Stock fällt." Sie bleckte wütend die Zähne und ich ging in Angriffsstellung. Nur das Klopfen an der Tür hielt uns davon ab, übereinander her zu fallen. Mike betrat den Raum und seine braunen Augen erfassten sofort Kathrina. "Gibt es hier ein Problem?" Ich entspannte mich. "Nein, keinesfalls. Kathrina wollte gerade gehen." Die Angesprochene richtete sich stolz auf und lief an mir vorbei. "Das werde ich dich büßen lassen", drohte sie mir auf dem Weg nach draußen und Mike starrte sie in Grund und Boden, die Arme verschränkt, wie ein Fels in der Brandung, woraufhin sie noch einmal unterdrückt fluchte und die Flucht antrat. Wir sahen ihr hinterher und Mike schüttelte irritiert den schwarzen Schopf. "Was war denn das da gerade?", fragte mich der Teddybär neben mir. "Das hier", meinte ich grimmig, "War definitiv eine Kriegserklärung."
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Wolf Pack - Completely Insane
Hombres LoboEin Rudel Werwölfe zu beaufsichtigen ist in etwa so, als wäre man Kindergärtnerin, nur mit mehr Zähnen und Fell, versteht sich. Und als weibliche Alpha ist die ganze Sache noch schlimmer, vor allem wenn der Kerl, mit dem du dieses Chaos eigentlich f...