Chapter 30

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Ich war wirklich bereit zu sterben.
Aber der Schmerz kam nicht. Verwundert öffnete ich die Augen, und sah Kathrina wütend schreien. Lucien zögerte. Nur für einen Augenblick. Aber der reichte mir aus, um alles auf eine Karte zu setzen, sicher war ich nicht so dumm zu glauben, dass er mir nicht dennoch die Kehle durchschneiden würde, wenn ich ihm die Gelegenheit dazu gab. Ich stieß ihm mit all meiner Kraft den Ellenbogen in den Magen und er ließ das Messer mit einem lauten "Uff!" fallen. Ich wand mich aus seinem Griff und wir warfen uns beide auf das Messer, die Zeit nach einem meiner Katanas zu greifen hatte ich nicht. Er griff mir in die Haare und zerrte mich ein Stück davon weg, und ich verpasste ihm einen gut überlegten Tritt in die Seite mit meinem Knie. Er stöhnte auf und ich bekam das Messer zu fassen. Ich rammte es ihm ohne zu überlegen in die Hand und befestigte ihn so erfolgreich am Boden. "Diese Spielchen haben jetzt ein Ende!", grollte ich und rappelte mich wieder auf. Doch Kathrina stand nicht weit von mir entfernt, die Hand am Stein ihrer Kette, die Augen rot wie Feuer. Sie hatte eine Hand erhoben und beschwor offensichtlich irgendwas. Ich hatte nicht vor, herauszufinden, was das war, aber sie sagte es mir dennoch. "Vielleicht bin ich keine Kämpferin, Desiree. Aber eine Hexe. Und stell dir einmal eine Hexe mit deinen Kampftalenten vor!" Sie lachte laut und schrill. "Ich habe mich umentschieden. Ich töte dich nicht gleich. Wenn ich dir deine Fähigkeiten nehme, die Fähigkeiten einer Alpha, dann werde ich so viel stärker sein als zuvor und euch alle wie Würmer zerquetschen!"
"Hä? Du hast wohl auch eine leicht theatralische Ader, oder?", fragte ich sie verwirrt. Hinter mir hörte ich das Geräusch eines Messers, das aus dem Boden gezogen wurde. Sie schrie los wie eine Sirene und ein goldener Blitz schoss aus ihrer Handfläche. Ich wusste zwar nicht, was sie mit ihren Worten gemeint hatte, aber gut war es sicherlich nicht. Also warf ich mich wieder einmal zu Boden - wie oft ich heute hier lag, erscheint mir im Nachhinein wirklich bedenklich - und ließ die Magie über mich hinweg fegen. Doch sie traf auf Widerstand.
Lucien, der mit dem zum Zustechen erhobenen Messer hinter mir stand, schrie auf, laut und durchdringend, und ich konnte seinen Wolf winseln hören. Ich warf einen Blick zurück und sah einen goldenen Schein um ihn herum strahlen, der ihn scheinbar...aussaugte. Anders konnte ich das beim besten Willen nicht beschreiben. Die Magie riss etwas aus ihm heraus und raste dann direkt auf Kathrina zu, in sie hinein. Oder nein - in den Stein an ihrem Hals hinein. Der goldene Glanz um Lucien herum erlosch und er sackte lautlos zusammen, ob er tot war oder nur bewusstlos konnte ich nicht sagen. Schnell sprang ich auf und zog mein Katana. Kathrina schien benommen von ihrem eigenen Zauber und mit einem Ruck der Spitze meinen Schwerts schnitt ich die Kette durch, die den Stein mit ihrem Hals verband. Geschickt fing ich ihn auf und schloss die Hand darum. "Was hast du getan?!", fauchte das Miststück mich an und ich grinste. "Keine Ahnung, aber es scheint dich sehr zu verärgern." Ich warf den Stein in meiner Hand einmal hoch, bevor ich ihn in meiner Hosentasche verschwinden ließ. Kathrina wich zurück, bleich wie ein Laken, und rannte los, stürzte aus der Tür ins Freie. Ich setzte ihr hinterher, rannte auf die Wiese, und fand - Nichts. Das Getümmel erlosch langsam, aber immer noch war das komplette Gebiet das pure Chaos. Ich blickte mich um, aber ich konnte nirgendwo auch nur den Hauch von Rot erkennen. Ich schrie vor Frustration auf und rannte wieder zurück ins Haus. Verdammte Scheiße! Ich war jetzt nicht soweit gekommen, nur um diese Psychoschlampe entkommen zu lassen! Aber ich wusste auch, wann es keinen Sinn mehr machte. Und ich musste Mina und Nate finden, bevor nur noch Hackfleisch von ihnen übrig war. Auf dem Weg durchs Haus hielt ich kurz bei Luciens leblosem Körper an und legte eine Hand an seine Kehle. Pulsschlag. Okay. Darum würde ich mich später kümmern. Ich rannte um die Ecke und Stufen hinab, von denen ich vermutete, dass sie in den Keller führten. Unten stand ich vor einer verschlossenen Tür, und lachte beinahe laut auf als ich sah, dass der Schlüssel steckte. Ich stürzte in den Keller und sah mich einem Bild gegenüber, das ich so schnell nicht wieder vergessen würde. Ich stand auf einer Art Empore, unter mir ein Schlachtfeld. Mindestens drei Monsterwölfe, oder zumindest fast, die nach zwei Gestalten schnappten, die am schaukelnden Kronleuchter hingen, der von der Decke baumelte.
Die Monsterwölfe wirkten nur halb verwandelt, sie ähnelte eher normalen, riesigen Wölfen mit etwas zu groß geratenem Gebiss. "Hey Leute!", rief ich über das Geknurre und Gesabbere hinweg. "Die Kavallerie ist da!"
Mina fluchte laut hörbar und fauchte zurück: "Weniger reden, schneller machen!" Ich verdrehte die Augen und dachte einen Moment lang nach. Die Wölfe hielten in ihrem Zähnefletschen inne und sahen zu mir. Ich seufzte. Ganz oder gar nichts, oder? Ich holte den Stein aus meiner Tasche hervor und ließ ihn wie ein Pendel kreisen. Die Wölfe folgten dem leuchtenden Ding mit den Augen. "Ihr wollt die zwei Wesen da nicht fressen", suggerierte ich ihnen in langsamen Worten. "Hör auf mit dem Scheiß!", brüllte Nate und ich winkte ab, ganz konzentriert auf den Plan, den ich geschmiedet hatte. "Und mich wollt ihr auch nicht fressen, Leute. Ihr lasst mich jetzt einfach hier durch und meine Freunde und ich verlassen den Raum." Als ich geendet hatte, zog ich mit der freien Hand eines der Katanas, nur zur Sicherheit. "Was tust du da zur Hölle?!", knurrte Mina gepeinigt und ich antwortete murmelnd. "Ich habe keine Ahnung. Mal sehen, ob das funktioniert." Mit einem Satz ließ ich mich von der Empore hinab fallen und kam behände auf dem Boden auf. Die Wölfe beäugten mich kritisch, machten aber keinen Schritt auf mich zu. "Kusch!", sagte ich zu dem einen, der mir im Weg stand und wedelte mit der Hand. Ich freute mich wie ein kleines Kind, als er mir tatsächlich den Platz frei räumte. "Kommt runter, ihr zwei. Scheint sicher zu sein." Mina ließ sich als Erste kraftlos fallen und ich half ihr, aufzustehen. Nate krallte sich noch immer in den Kronleuchter. "Du auch. Ich sage ihnen schon nicht, dass sie dich fressen sollen. Obwohl..." Ich warf den drei Wölfen einen nachdenklichen Blick zu und Nate knirschte hörbar mit den Zähnen. Dann ließ er sich fallen. Die ganze Zeit über schnupperten die Wölfe vage, schauten uns an, aber kamen nicht näher. "Okay, raus hier", meinte ich zu Mina und Nate und die beiden stürzten zur Empore und hangelten sich dort hinauf. Ich blieb noch einen Moment lang stehen und lief auf einen der Halbwölfe zu. Direkt vor ihm blieb ich stehen. Zögernd streckte ich eine Hand aus und legte sie ihm auf die Schnauze. Er schnaubte, und drückte seinen Kopf in meine Hand wie eine Katze. Ich grinste. "Sag mal Dess, bist du lebensmüde?", schimpfte Nate vor sich hin. "Vielleicht ein bisschen. Wer ist ein braver Wolf? Du bist ein braver Wolf!" Ich kraulte ihn unterm Kinn, bis ich mich wieder an meine eigentlichen Absichten erinnerte. "Ach ja. Verwandelt euch zurück in Menschen. Alle drei." Ich ging ein paar Schritte zurück, und wartete. Doch nichts passierte. Verdammt. Schien so als wäre ihre Verwandlung unaufhaltsam. Bedauernd tätschelte ich dem einen Wolf noch einmal die Schnauze, bevor ich den anderen folgte. Ich würde wieder kommen und sehen, was ich für diese Wesen tun konnte. Doch eins blieb vorher noch zu tun.

Wolf Pack - Completely InsaneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt