Inzwischen war es Abend geworden und Leroy und ich stellten gerade ein paar Stühle auf die Terrasse. Bisher war alles ruhig geblieben und Randall und ich hatten beschlossen, die Rudelangelegenheiten bis morgen ruhen zu lassen. Heute wollten wir einfach nur ein bisschen zusammen sitzen, reden und lachen. Ich grinste den grünen Iro neben mir an, denn viel mehr sah man von Leroy gerade nicht. Er schnaufte und verzog das Gesicht. "Meine Hand tut weh, Dess. Sollen die doch ihre Stühle allein schleppen." Ich seufzte und stellte meinen in die Runde. "Halt den Mund, Junge. Nur weil du eine Glasscheibe einschlagen musstest, brauchst du hier jetzt nicht rumheulen."
Dabei ging es um ein Mädchen. Es geht immer um ein Mädchen. Und selbst jetzt, Wochen danach, hatte Leroy Schmerzen, bevorzugt dann, wenn Arbeit anlag. "Und du kannst diese scheiß Stühle auch mit einer Hand tragen, also: Stell dich nicht so an." Er verdrehte die Augen, tat aber wie geheißen.
Mike kam als Erstes dazu. "Ich glaube, ich werde noch irre", brummte er. "Warum musstest du Claire und Ray direkt neben meinem Zimmer einquartieren?"
Ich zuckte die Schultern und blickte ihn neugierig an. "Wieso?" Er ließ sich auf einen der Holzstühle fallen und seufzte. "Die sind noch nicht einmal einen Tag hier, und schon jetzt werde ich von Claires grauenvollem Musikgeschmack beschallt. Ich meine, ernsthaft, Justin Bieber und One Direction? Ich frage mich wie Ray es hinbekommen hat, dass seine Ohren noch nicht abgefallen sind." Ich grinste breit und stellte die belegten Brote auf den Tisch.
"Oh mein Gott. Muss Liebe nicht schön sein?" Leroy kicherte und öffnete den Mund, um wieder einen dummen Spruch über seine Weibergeschichten zu reißen - das wusste ich genau - und ich steckte ihm blitzschnell ein Brötchen in den Mund, sodass das Echo seiner Worte in undeutlichem Genuschel endete. Zufrieden wandte ich mich wieder Mike zu. "Ich würde irre werden", gab dieser zurück und kommentierte das Geschehene nicht weiter. Auch Louis stieß nun zu uns und schnappte sich ein Brot. Herzhaft biss er ein Stück ab und ich sah seine Augen aufleuchten, was ich stirnrunzelnd zur Kenntnis nahm. Warum hatte ich den Eindruck, dass bei ihm der Wolf zur Zeit viel zu nah unter der Oberfläche saß? Das machte mich ein bisschen nervös.
"Mein Zimmer ist echt cool, Dess. Auch wenn ichs mir mit Xander teilen muss." Ich lächelte. "Gut."
Aus den Augenwinkeln registrierte ich eine Bewegung am Waldrand und ich suchte die Dunkelheit mit den Augen ab. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, hätte ich gesagt, dass das Lucien in den Schatten war...
Und ich behielt auch Recht. Ein unwohles Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit. Langsam bekam ich das Gefühl, dass diese Sache mit Lucien ein riesiger Fehler gewesen war, aber ich war mir nicht sicher, woher diese Gedanken kamen. Wenn Nate diese Zweifel in mir aufgebracht hatte...dann würde die Hölle zufrieren, bevor ich das tat, was er von mir verlangte. Falls nicht...naja, wir würden ja sehen wo das alles noch hinführte. Die versammelten Wölfe hoben die Köpfe, als Lucien näher kam. Seine schweren Stiefel ließen ihn nicht gerade unauffällig wirken, und ich glaube, das war auch sein Ziel. Die Hände in die Jeanstaschen gesteckt und mit vom Wind zerzausten schwarzen Haaren sah er unbekümmert und auch ein wenig verwegen aus. Randall verengte die Augen und ich legte ihm sofort eine Hand auf die Schulter. "Schon gut. Ich kenne ihn", beruhigte ich ihn leise. Leroy grinste und begrüßte den Ankommenden mit einem Handschlag. "Hey Mann. Du lässt dich auch mal wieder blicken?" Lucien zuckte nur die Schultern und schälte sich aus seiner Lederjacke. Dann warf er mir einen Blick zu, der dann aber sogleich zu Randall wanderte. "Hi Süße. Wer sind denn die?" Er nickte zu Louis und dem Alpha. Meine Nackenhärchen sträubten sich und ich verbiss mir einen Kommentar über den Spitznamen. Keiner nannte mich Süße. Keiner. Zumindest nicht ungestraft, aber ich ließ es fürs erste darauf beruhen. Ich konnte es mir nicht leisten, dass jemand meine Autorität untergrub, nicht einmal Lucien. Nicht, wenn ich ständig Nate und Amber im Nacken sitzen hatte. "Lucien." Meine Stimme hatte einen leicht warnenden Unterton. "Das sind Louis und Randall. Randalls Rudel ist bei uns zu Besuch." Er hob eine Augenbraue, sagte aber nichts dazu. Randall verschränkte die Arme. "Interessant." Er setzte sich zu uns. Louis musterte ihn und entspannte sich etwas. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er in den Beschützer-Modus umgestiegen war. "Zu welchem Rudel gehörst du?", wollte er sogleich wissen und Lucien legte die Beine übereinander. "Zu keinem." Louis legte den Kopf schief und die beiden begannen ein Gespräch über Rudel, aus dem ich mich nach einiger Zeit mental ausklinkte. Kyle und ein paar andere stießen nun zu uns und brachten Alkohol mit. Randall aber griff nach einer Flasche Wasser und ich warf ihm einen fragenden Seitenblick zu. "Ich bleibe heute lieber nüchtern", murmelte er und ich runzelte die Stirn, ging aber nicht näher darauf ein. Joey hatte sich neben mich gesetzt und ich musste lachen, als der Kleine mir die neuesten Geschichten aus dem Rudel erzählte. "...und dann hat Ray ihn einfach in den Teich geworfen. Du hättest mal Darrens Gesichtsausdruck sehen müssen!", meinte er mit einem breiten Grinsen. "Er hatte einen Goldfisch im Mund, als er aufgetaucht ist, du glaubst gar nicht wie er geflucht hat!" Darren, der uns gegenüber saß verdrehte halbernst die Augen und ich nippte schmunzelnd an meinem Jacky Cola. Mein Blick huschte kurz zu Lucien, der anscheinend inzwischen schon gut angetrunken war, wie auch der meiste Rest der Wölfe. Er diskutierte mit Mike, Leroy und Louis über Musik, wie es aussah, und schien sich prächtig zu unterhalten. Randall neben mir wurde langsam unruhig und teilte mir kurz mit, mal ins Haus zu gehen und nach den anderen zu sehen. Auch Louis stand auf und folgte ihm. Sogleich nahm Riley seinen Platz ein und wir stießen zusammen an. Insgeheim fragte ich mich, warum Nate und Amber noch nicht aufgetaucht waren.
Diese Ruhe irritierte mich. Es dauerte keine fünf Minuten und Louis kam wieder. Der Ausdruck in seinen Augen alarmierte mich. Er wirkte besorgt und lief zu Lucien, flüsterte ihm etwas ins Ohr. Dieser erhob sich sogleich, mit einem spöttischen Lächeln im Gesicht und verschwand ins Haus. Als Louis an mir vorbei laufen wollte, hielt ich ihn am Arm fest. "Was ist los?" Er sah zögernd zu mir. "Nate hat mich geschickt. Er sagte, ich soll Lucien rein holen. Er will die Sache anscheinend mit ihm klären. Reden."
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Wolf Pack - Completely Insane
WeerwolfEin Rudel Werwölfe zu beaufsichtigen ist in etwa so, als wäre man Kindergärtnerin, nur mit mehr Zähnen und Fell, versteht sich. Und als weibliche Alpha ist die ganze Sache noch schlimmer, vor allem wenn der Kerl, mit dem du dieses Chaos eigentlich f...