Wir alle verlassen die Erde eines Tages.
Jeder weiß das.
Jedes Kind hat schon einmal... einen Goldfisch im Klo herunter gespült. Oder einen Hamster begraben. Oder eine Katze am Straßenrand liegen sehen, die von einem Auto überfahren wurde. Gut, nun werden Menschen nicht im Klo herunter gespült, aber sie gehen ebenso fort. Was zurückbleibt, ist leer.
Ich frage Irma, wieso überhaupt etwas zurückbleibt. Weshalb lösen wir uns nicht einfach auf, in bunten Sternenstaub; werden zu Nordlichtern die nachts durch die Träume unserer Lieben wabern? Ihre Antwort ist so simpel wie einleuchtend.
Die Menschen brauchen etwas, das sie loslassen können. Würden wir einfach verschwinden, verpuffen; dann würden die, die uns lieben, auf ewig nach uns suchen. Sie würden darüber ihre eigenen Seelenwege vernachlässigen.
Doch wenn sie sehen, wie unbewohnt und leer die verbleibende Hülle ist, fällt es leichter, den Tod anzuerkennen.
Wie es mit jenen steht, die jeden Tag ans Grab kommen und trotzdem nicht loslassen können – frage ich mein Irmchen. Fast kann ich sie nicken sehen. Und dann lehne ich mich zurück, als läge ich auf dem Rücken; in irgendeinem wundervollen türkisfarbenem Meer das nur aus Melodien besteht. Von den Klängen lasse ich mich hinfort tragen und spüre zum ersten Mal, was sie mit fließenden Energien meinte. Sie bringen mir Frieden.
Doch dann dringen Irmas Gedanken zu mir durch und ich stelle mir meine Mutter vor, die jeden Tag Blumen an mein Grab bringt, mit mir spricht und versucht, nicht in Tränen auszubrechen. So, als wolle sie immer noch stark sein für mich.
Du musst nicht stark sein – denke ich – sei schwach. Sei traurig, lass alles raus. Je mehr aus dir heraus fließt, desto eher und besser können neue Energien zu dir kommen; dich wieder auffüllen! Alles fließt. Nichts bleibt, wie es ist. Und genau darum geht es, begreife ich. Veränderung.
Leben ist Veränderung.
Wer sich davor verschließt, der bleibt stehen. Und wer stillsteht, verlässt seinen Seelenweg.
„Mama..." hauche ich, denn auch sie dringt zu mir durch.
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Seelenwege
SpiritualWenn man bedenkt, wie jung er verstorben ist, nimmt Olli es erstaunlich gelassen, plötzlich im Jenseits zu stehen und sich darüber nicht einmal mehr am Kopf kratzen zu können. Zum Glück ist dort diese altkluge Seele, die irgend etwas zu wissen schei...