Ich habe es noch nie gemocht, wenn ich die Augen schließen soll.
Ich drehe da fast immer durch, weil ich mir vorstelle, dass ich gleich gegen irgendetwas laufe.
Genau in dem Moment, in dem ich die Augen schließe, nimmt Lukas meine Hand.Während er langsam losläuft, achte ich darauf, dass ich ganz normal laufe.
Wenn Renée mit geschlossenen Augen laufen muss, dann macht sie immer so winzige Schritte und das erinnert mich an einen Pinguin. Irgendwie ist das lustig da zuzuschauen.Lange spüre ich unter meinen Schuhen nur Felder und Gras, aber auf einmal knirschen Steine unter meinen Schuhen.
Ich kenne das Geräusch von der Mauer. Immer wenn ich zu dem Platz an der Mauer gehe, höre ich auch die Steine unter den Schuhen. Eigentlich sind es nur kleine Brocken, die von der Mauer abgefallen sind.
"Okay, wir sind fast da", sagt Lukas direkt neben mir. "Du musst dich jetzt nur noch klein machen."
Ich ducke mich und Lukas zieht mich direkt auf die Mauer zu.
Zwar bekomme ich Angst, aber ich vertraue ihm, weshalb ich die Augen zulasse."Wir sind da."
Ganz langsam öffne ich die Augen und erstarre.
Ich stehe direkt am Meer.
Keine Mauer, die mich davon trennt und verhindert, dass wir das Wasser betreten.
Ich spüre Lukas Blick auf mir.
"Das ist ..."
Ja ganz toll, ich war noch nie sprachlos.
Ich habe immer Wörter egal für welche Situation gefunden, aber jetzt stehe ich am Meer und bin sprachlos.
Vielleicht sollte man sich das aufschreiben. Ich glaube nicht, dass das oft bei mir vorkommt .Lukas lacht leise.
"Sprachlos?", fragt er und schaut mir in die Augen.
Ich nicke und löse meine Hand von seiner.
Ganz langsam laufe ich auf das Wasser zu.
Wie sich wohl Sand anfühlt?
Neugierig ziehe ich mir die Schuhe aus und spüre auch gleich die feinen Körner unter meinen Füßen.Ich bücke mich und nehme ein bisschen Sand in die Hand, doch er wird von dem Wind hier draußen weggeweht.
Ich stelle mich wieder hin und laufe ganz vorsichtig ins Wasser.
Zuerst mit den Zehen, aber da das Wasser gleich wieder verschwindet, laufe ich weiter hinein, bis mir das Wasser an den Knöcheln steht.
Ich genieße das Gefühl von dem kalten Wasser, vor allem, weil sich die Kälte in meinem ganzen Körper verbreitet.Auch jetzt bücke ich mich und greife mit der Hand ins Wasser.
Es fühlt sich genauso an wie das Wasser, mit dem wir duschen, aber es riecht anders.
Das Wasser hier riecht salzig.Ganz langsam geht die Sonne unter, doch ich laufe immer weiter ins Wasser, bis ich es an meinen Knien spüre.
Der Wind spielt wie verrückt mit meinen Haaren und ich schließe die Augen und atme einfach die Meerluft ein.Als ich die Augen wieder öffne, sehe ich, dass die Sonne schon ganz untergegangen ist und nur noch ein kleiner roter Streifen bedeckt. Der Rest wird langsam dunkelblau.
Ich drehe mich um und laufe im nächsten Moment auf etwas drauf.
Erschrocken stolpere ich ein paar Schritte zurück.
Dann bücke ich mich vor um das zu erkennen, auf das ich getreten bin.
Sofort erkenne ich, dass es eine Muschel ist. Ich will meine Hand ins Wasser strecken, als das Wasser auf die Seite weicht.
Schnell ziehe ich meine Hand zurück und das Wasser ist wieder normal.Okay, das ist komisch.
Erneut weicht das Wasser, als ich meine Hand dahinstrecke.
Mein Blick gleitet zu Lukas, der im Sand sitzt und mich beobachtet.
Anscheinend merkt er, dass etwas nicht stimmt, da er aufsteht und zu mir ins Wasser läuft.
"Was ist?", fragt er unsicher.
"Ich... hier ist irgendwas komisch", sage ich voll durcheinander.
Er stellt sich neben mich und schaut die Muschel an.
"Das ist bloß eine Muschel", sagt er mit einem kleinen Lächeln.
Dann beugt er sich vor und nimmt die Muschel ganz einfach aus dem Wasser.
Mit einem Grinsen gibt er sie mir.
"Hast du noch nie eine gesehen?"
"Doch, aber das meine ich gar nicht mit komisch", sage ich und beuge mich zu dem Wasser, dass dieses Mal nicht weicht, sondern sich an meine Hand hinzieht.
Erschrocken ziehe ich sie schnell wieder zurück und der Wasserstrahl sackt in sich zusammen und sinkt zurück.
Ich schaue zu Lukas, der von meiner Hand auf das Wasser schaut und wieder zurück."Mach nochmal", fordert er mich auf.
Auch dieses Mal bildet sich der Wasserstrahl, der an meiner Hand klebt und ich ihn bloß mit meiner Hand abschütteln kann.
"Ich glaube ... ich glaube, dass das deine Gabe ist", sagt Lukas und strahlt mich an.
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Die zehnte Gabe
FantasyGrace lebt mit ihren reichen Eltern auf Onaria, einem Planeten, der unbekannt für uns Menschen ist. Jeder dort verfügt über eine Gabe, welche Grace jedoch noch nicht entdeckt hat. Mit gerade einmal 17 Jahren weiß sie schon, wen sie in naher Zukunft...