Dank Renées Gabe stehen wir ein paar Sekunden später in der Gegend der 'Normalen'. Renée schiebt ihren Jackenärmel zurück und wirft einen Blick auf ihre Uhr.
"Okay, wohin?"
Ich drehe mich einmal im Kreis, bevor ich sicher in eine Richtung zeige und Liam am Arm packe und mitziehe, da er ja wieder normal laufen kann, weil sich die Fessel am Fuß aufgelöst hat. Zum Glück ist gerade niemand unterwegs, weil das wohl auch ziemlich falsch aussehen könnte. Also eigentlich würde das sogar so aussehen, wie es ist.
Eilig zerre ich ihn mit zu sich nach Hause und ich wundere mich echt, warum er sich nicht wehrt.
Wenig später stehen wir vor dem Haus."Einen Moment!", hält Renée mich auf. "Hat der Eltern oder so?"
Ehe ich antworten kann, hat Liam das Wort ergriffen. "Natürlich habe ich Eltern."
Renée seufzt.
"Na gut. Die werden uns nicht reinlassen, wenn wir ihren Sohn gefesselt haben. Ich bin für einbrechen.", bedenkt Renée.
"Ich auch.", stimme ich ihr zu und Liam wirft mir einen entsetzten Blick zu.
"Es wäre ja sinnlos, wenn ich bei deinen Eltern klingele, um etwas für die Nachhilfe zu holen. Aber Renée, kannst du dich nicht in das Haus zaubern?"
Renée überlegt.
"Ich versuchs mal."
Sie schließt die Augen und bevor ich einmal blinzeln konnte, stehen wir in Liams Zimmer.
Liam beugt sich zu mir.
"Besser als einbrechen, oder?"
Ich zucke mit den Schultern und fange an den Schreibtisch zu durchstöbern.
Die ganze Zeit spüre ich Liams Blick auf meinem Rücken, aber er schweigt.Nach ein paar Minuten ziehe ich eine Kiste voller Schlüssel hervor.
Renée eilt zu mir und runzelt die Stirn.
"Verdammt sind das viele!", sagt sie und schaut die Schlüssel an, als wollte sie sie umbringen.Schnell laufe ich zu Liam und schaue ihn flehend an, während ich ihm die Kiste der Schlüssel vors Gesicht halte.
"Der mit der roten Markierung.", murmelt er nach etlichen Sekunden und ich werfe ihm einen dankenden Blick zu, bevor ich einen Schlüssel mit etwas Rotem dran suche.
Als ich ihn habe reicht es mir gerade noch, die Kiste wieder einzuräumen, bevor wir in Renées Zimmer ankommen.Ich lande genau zwischen Steven und Lukas, die sich mit giftigen Blicken bekriegen.
Bevor Lukas besitzergreifend einen Arm um mich legen kann, hat Steven mich zu sich gezogen. Seine Umarmung gefällt mir sogar besser als Lukas. "Hat aber lange gedauert, Unfallmädchen.", sagt er und ich spüre einen bohrenden Blick auf mir. Vorsichtig drehe ich den Kopf und stelle fest, dass dieser Blick von Lukas kommt. "Ich kann ihn einfach nicht leiden. Er hat vor ein paar Minuten behauptet, dass du ihm gehörst.", flüstert Steven und ich nicke.
Lukas war halt schon immer der Annahme, dass ich ihm gehöre, wie ein Gegenstand.Ariane, die sich ihre schönen blonden Haare in einen lockeren Zopf zusammen gebunden hat, betrachtet den gefesselten Liam, wie ein zu untersuchendes Objekt.
"Gut.", sagt sie und hebt den Kopf, wobei ihr Blick meinen trifft. "Und der Schlüssel?"
Ich hebe ihn hoch und sie nickt.
"Dann sind wir jetzt fertig.", sagt sie und lässt ihren Blick über jeden von uns schweifen. "Oder?"
"Eine Frage.", mischt sich Renée ein. "Was machen wir, wenn einer seine Aufgabe nicht erfüllt? Also ich meine, was machen die anderen?"
Ariane zuckt die Schultern.
"Jeder schaut dann einfach, dass er so schnell wie möglich rauskommt."
Liam schüttelt grinsend den Kopf.
"Fantastischer Plan.", murmelt er und erntet Lukas bösen Blick.
"Halt du bloß die Klappe.", zischt er Liam zu. "Vielleicht sollten wir ihm den Mund zukleben."
"Vielleicht solltet ihr ihm den Mund zukleben.", sagt Liam und spricht aus, was ich gedacht habe. Lukas störende Sätze können wir echt nicht gebrauchen. Warte, seit wann bin ich auf Liams Seite?
"Oh man! Seid einfach beide ruhig!", sagt Ariane lauter und wendet sich dann mir zu. "Gut, dann bring uns hin."
"Dazu müssen wir ans Meer.", sage ich, weil ich von hier zu wenig Kraft auf das Meer habe.
Ariane seufzt, packt dann aber ihre Tasche und verlässt das Zimmer. Ich stehe auf, ziehe Liam hoch und folge Ariane."Kann sein, dass das ein ziemlich ungeplanter Plan ist?", fragt Liam neugierig, während wir durch den Vorgarten laufen und auf die Straße zu steuern.

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Die zehnte Gabe
FantasyGrace lebt mit ihren reichen Eltern auf Onaria, einem Planeten, der unbekannt für uns Menschen ist. Jeder dort verfügt über eine Gabe, welche Grace jedoch noch nicht entdeckt hat. Mit gerade einmal 17 Jahren weiß sie schon, wen sie in naher Zukunft...