Ich packe ihn also an seinen Schultern und ziehe ihn zurück, sodass er wieder normal dasteht.
Enttäuscht schaut er mich an.
"Für einen Kuss ist es zu früh", sage ich und schaue ihm tief in die Augen.
"Na gut. Ich werde schon noch einen bekommen", sagt er und grinst.
"Dafür musst du zuerst noch arbeiten."
"Das bekomme ich schon hin."
Dann beugt er sich vor und ich will zurück gehen, als er mich vorsichtig an meinen Armen packt und mich festhält.
Ich erwarte schon einen Kuss auf den Mund, doch er gibt mir nur einen auf die Wange.
Zu seinem Glück. Ich will ja nur sagen, dass Mädchen auch schlagen können.
Wäre mir dann egal gewesen, ob das Lukas ist oder nicht."Ich würde dann mal sagen bis morgen", sagt er und lächelt mich an.
"Dann sags doch."
Lukas lächelt noch mehr.
"Okay, bis morgen."
"Genau, bis morgen", sage ich, drehe mich um und laufe weg.Mit einem fetten Lächeln auf dem Gesicht öffnet mir Renée die Tür.
"Was ist?", frage ich sie unsicher.
"Ach, ich habe mich schon den ganzen Tag auf dich gefreut", sagt sie und ich hätte sie am liebsten für diesen Satz stürmisch umarmt, aber ich reiße mich zusammen und gebe ihr stattdessen die Unterrichtsunterlagen.
"Und wieso?"
"Hat er dich geküsst?", fragt sie neugierig und bekommt große Augen.
"Wollte er."
"Wie, wollte er?"
"Ich habs nicht zugelassen", gestehe ich kleinlaut und bin sicher, dass sie jetzt ausrastet.
Doch sie schaut mich bloß mit offenem Mund an."Wieso?"
Renée lehnt sich an den Türrahmen.
"Es ist zu früh", gebe ich leise zu.
Renée lächelt.
"So kenn ich dich. Was ziehst du eigentlich am Freitag an?"
"Das blaue Kleid", sage ich und gehe auf Lukas' Vorschlag ein.
"Gut. Ich schminke dich. Und da kommt jetzt keine Widerrede."
Ich verdrehe die Augen.
"Okay. Kommst du morgen?"
Sie schüttelt den Kopf.
"Ich spucke die ganze Zeit. Deshalb gehe ich morgen mal zum Arzt. Wahrscheinlich musst du dann am Freitag zum Schminken hierher kommen.
Ach weißt du was, du nimmst das Kleid mit in die Schule und kommst direkt nach dem Hausmeisterdienst hierher, damit ich dich hübsch machen kann."
"Wow, das klingt, als hättest du es schon seit Tagen geplant", sage ich.
"Wer weiß?", sagt sie und lächelt.
"Gute Besserung."
"Danke. Bis morgen", sagt sie und umarmt mich, bevor ich nach Hause laufe.Die ganze Zeit rechne ich damit, dass gleich ein Auto kommt und neben mir herfährt. Doch der grünäugige Junge lässt sich nicht blicken.
Zu Hause finde ich einen Zettel vor, auf dem steht,dass meine Eltern heute nicht mehr kommen werden, da sie wo eingeladen sind.
Ich frage mich echt, warum ich nicht mit soll.
Immer wenn meine Eltern wo eingeladen sind, muss ich mit, um zu zeigen, was für eine wahnsinnig tolle Familie wir sind wie gut ich doch erzogen bin.Also verbringe ich diesen Abend alleine und weil mir nichts besseres einfällt, male ich etwas.
Ich konnte noch nie gut malen, aber trotzdem mag ich es. Meine Hand malt, was sie will, während ich darauf bedacht bin, meine Erwartungen zu senken, da ich sonst nur enttäuscht bin.
Am Ende schaue ich auf mein Ergebnis und erstarre.Denn es ist nicht ein Haus mit einem Baum davor. Nein, es ist ein Auge.
Ein grünes Auge.
Lange starre ich auf die Zeichnung, die einfach nur perfekt gemalt ist.
Doch selbst nach ein paar Minuten kann ich noch gar keinen gescheiten Gedanken fassen und lege meinen Kopf erschöpft auf meinen Schreibtisch.
Und neben dem Auge schlafe ich dann müde ein.Da mein Wecker kaputt ist, benutze ich vorerst mein Handy als Wecker.
Und zum Glück habe ich es schon seit gestern so, so dass ich heute pünktlich aufwache und ganz gemütlich zur Schule laufen kann.In der Schule angekommen setze ich mich auf meinen Platz und warte auf Lukas, der heute auch nicht kommt.
Ich weiß echt nicht wieso. Vielleicht ist er ja auch krank. Oh, das wäre schade. Dann muss unser Date ja leider verschoben werden.
Thomas, Lukas Sitznachbar setzt sich wortlos neben mich, weil wir sonst beide alleine sitzen würden.
Thomas ist Lukas bester Freund und wirklich nett.
Naja, aber er flirtet gerne mit Mädchen, weshalb er das Referat auch mit Mädchen hält, die noch nicht vergeben sind. Mehr als anbieten konnten wir es ihm nicht, dass er mit uns hält.Schweigend bringen wir den Vormittag hinter uns und um kurz vor dreizehn Uhr laufe ich in Richtung der Schule der 'Normalen'.
Meine Stimmung sinkt aber schnell, als ich auch mal kapiere, dass ich heute ganz alleine bin.
Blöde Krankheit! Und wieso werde ich eigentlich nicht krank?Meine Aufgabe heute ist es, alle kaputte Lampen auszutauschen. Und das sind echt viele.
Ich stehe gerade auf einem Tisch in der Aula, als es klingelt und die ganzen Schüler aus den Räumen gestürmt kommen.
Ich will gerade die Lampe austauschen, als zwei mir unbekannte Jungs entgegen kommen.
Schnell stelle ich mich normal auf dem Tisch hin und schaue ihnen entgegen.
Vor mir stoppen sie und betrachten mich genau.
"Reiche haben hier nichts zu suchen", sagt der größere der Beiden.
"Ich helfe dem Hausmeister. Kein Wunder, dass der bei so einer Schule überfordert ist", sage ich und der vordere Junge wird wütend.
"Du kapierst es nicht, oder?"
"Was denn?"
Jetzt bin ich echt verwirrt.
"Das war eine Drohung, aber ihr Reichen seid für alles zu dumm."
Mit diesen Worten zieht er mir einfach den Tisch unter den Füßen weg.
Ich lande schmerzvoll auf dem Boden und schlage mir noch den Kopf an einem anderen Tisch an.
Doch meine dadurch verursachten Schmerzen zeige ich ihnen nicht.
Die Jungs grinsen sich zuerst gegenseitig an, bevor mir der eine noch einen Tritt in die Seite verpasst und die Beiden in der Schülermenge verschwinden.
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Die zehnte Gabe
FantasyGrace lebt mit ihren reichen Eltern auf Onaria, einem Planeten, der unbekannt für uns Menschen ist. Jeder dort verfügt über eine Gabe, welche Grace jedoch noch nicht entdeckt hat. Mit gerade einmal 17 Jahren weiß sie schon, wen sie in naher Zukunft...