41. Change

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Tears stream down your face

I promise you I will learn from my mistakes

- Coldplay, >Fix You<

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Nicht zu arbeiten machte mich fertig. Klar hatte ich so mehr Zeit für meine Kinder, jedoch musste Caleb weiterhin zum Kindergarten und ich hatte es sogar geschafft Zoe in eine Kinderkrippe zu stecken, die eigentlich schon voll war. Beziehungsweise hatte man Angst gehabt, ich würde der Kinderkrippe sonst Louis' Anwalt auf den Hals hetzen. Was ich nicht tun würde. Ich mochte es nicht Sachen vor dem Gericht auszutragen, es gab immer eine einfachere Methode. Zoe fühlte sich zum Glück schon nach ein paar tagen wohl. Jedoch wusste ich nicht, was ich mit meiner freien Zeit anstellen sollte. Ich hatte zwar mehr Zeit, um Harry Potter zu schauen, aber viel brachte mir das nicht. In der letzten Woche war ich sogar schon zu zwei Bewerbungsgesprächen. Beide Male ging es um einen Platz für eine Sekretärin und beide Male wurde ich abgelehnt. Und warum? Weil sie keine Arbeitskraft mit zwei Kindern haben wollten. Schließlich konnte ich nur Halbzeit arbeiten und brauchte am Wochenende immer frei. Ich brauchte besonders an der Feiertagen immer frei und wenn eines der Kinder krank wurde dann auch. Ich persönlich würde mich auch nicht einstellen. Und dazu kam, dass ich jetzt schon wieder krank geworden war. Irgendwie hatte ich dieses Jahr es auf alle Krankheiten abgesehen. Allerdings wollte ich Zoe und Caleb nicht schon wieder abschieben, weswegen ich nach zwei Tagen von Übelkeit und Kopfschmerzen, mich beschloss etwas dagegen zu unternehmen. Und so kam es, dass ich am Dienstag Nachmittag noch zum nächsten Drogeriemarkt sauste, um 'Medizin' zu holen. Ich wollte noch nicht zum Arzt und eine Apotheke war nirgends in der Nähe, also musste das reichen. Ich kannte mich mittlerweile aus, welche Alternativen es für Tabletten - oder Medikamente allgemein – gab und musste deshalb nicht lange rumfragen. Eigentlich brauchte ich nicht viel, außer ein bisschen Kamillentee und Zwieback. Bevor ich jedoch zur Kasse ging entschied ich mich noch ein paar Dosen Babybrei zu kaufen. Langsam wurde Zoe zwar zu alt dafür, aber ich musste zugeben, dass ich es auch manchmal als Mitternachtssnack vernaschte. Ich meine, es war nahrhaft und so schlecht schmeckte das gar nicht. Vor allem den Brei mit dem Obst mochte ich. Ich wollte gerade den Gang verlassen, als etwas genau neben dem Brei meine Aufmerksamkeit erhaschte. Ein Schwangerschaftstest. Ich hatte keine guten Erinnerung damit, aber nein, das konnte nicht sein. Unsicher trat ich auf das Regal zu. Fast schon wie ein Krimineller sah ich mich um, um sicherzugehen, dass mich niemand beobachtete. Meine Finger zitterten leicht, als ich nach der länglichen Verpackung griff. Es würde ja nicht schaden, wenn ich ... Ich glaube, ich war noch nie so schnell nach hause gerannt. Kaum hatte ich die Tür hinter mir geschlossen, flitzte ich ins Bad, um den Test zu machen. Meine Gedanken spielten verrückt und diese paar Minuten, die ich warten musste, machten mich verrückt. Ich lief im Bad auf und ab und knabberte an meinen Fingernägeln. Es war fast so schlimm, wie vor knapp zwei Jahren. Damals war ich weinend zusammengebrochen und ich hatte Angst, dass dies wieder passierte. Ich fühlte mich genau wie damals. Vor sechs Jahren mit Caleb war es nicht ganz so schlimm gewesen – warum auch immer. Mein Herz raste und wenn ich mich nicht zwang zu atmen, bekam ich keine Luft. Nannte man das eine Panikattacke? Brauchte ich vielleicht Hilfe? Der Timer, den ich auf meinem Handy eingestellt hatte, klingelte und ich zuckte erschrocken zusammen. Schnell schaltete ich ihn aus und griff nach dem Test im Waschbecken. Jedoch konnte ich zuerst nicht drauf sehen. Was würde ein Kind jetzt bedeuten? Wie sollte ich das bitte schaffen? Ohne Job?

„ Bitte, bitte, lieber Gott." flüsterte ich und schüttelte den Plastikstab in meiner Hand. „ Ich geh auch sonntags in die Kirche." Dann tat ich es. Ich holte tief Luft und sah auf den Test.  Das nächste woran ich mich erinnerte war, dass ich anfing zu husten, da ich bestimmt eine halbe Minute nicht geatmet hatte. „ Dann bleibe ich sonntags wohl zuhause." murmelte ich perplex und ließ mich an der Wand runter gleiten. Die zwei Streifen hatten sich in meine Gedanken gebrannt. Alle Alarmglocken in mir schellten und ich musste mein Gesicht in meinen Händen vergraben. Ein Baby, ein Baby, ein Baby, ein Baby war alles, an das ich denken konnte. Dazu kamen noch Fragen wie: Warum jetzt? Warum ich? Warum? Warum? Warum? Vorsichtig griff ich nach meinem Handy. Ich musste Louis anrufen. Ich musste es ihm sagen. Erst als ich bereits auf den grünen Hörer gedrückt hatte, wurde mir bewusst, dass ich ihn erst vor einer Woche weinend angerufen hatte und das das jetzt nicht besser ausgehen würde. Bevor ich jedoch auflegen konnte, ging er schon ran.

Blueberry Blue » l.t.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt