something sweet - Teil 42

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~Samu's Sicht~

Zwei Tage war es nun her, dass Selina sich verletzt hatte. Und das war alles meine Schuld! Die Ärzte meinten es sei halb so schlimm, sie habe nur eine schwere Gehirnerschütterung.
Für mich hörte sich das alles garnicht soo einfach an.
Mich überfiel immer wieder eine unendliche Müdigkeit. Ich hatte die letzten Tage nicht besonders viel geschlafen und wenn doch, war es eher unbequem gewesen. Ich unterdrückte ein Gähnen und schnappte meine Gitarre die ich mitgebracht hatte. Die Ärzte meinten es würde Selina vielleicht helfen wenn sie etwas bekanntes um sich hatte. Also spielte ich Sunrise Avenue Songs oder eben das was mir gerade in den Sinn kam.

Als Selina ihre Augen öffnete, legte ich die Gitarre blitzschnell beiseite um bei ihr zu sein. Selina jedoch, schien etwas verwirrt zu sein, erst starrte sie Ewigkeiten auf unsere Hände, um mich danach etwas zu trinken holen zu schicken.

Auf dem Rückweg überholten mich einige Schwestern im Flur vor Selina's Zimmer. Panik breitete sich in mir aus und ich sprintete die letzten Meter. Ihr Türe stand offen und ich konnte von drinnen piepsende Geräusche und Ärzte rufen hören. Immer wieder wurde ich von Schwestern auf die Seite geschoben. Der Raum war plötzlich voller Menschen, doch sah ich wie Selina zuckend und weggetreten in ihrem Bett lag. Was war passiert? Ich wollte näher zu ihr, rief ihren Namen jedoch schob mich eine Schwester unsanft aus dem Zimmer. In meinem Kopf spielten sich alle möglichen Szenarien ab. Und ich war schuld daran! Erschöpft und in voller Sorge, sank ich auf einem Stuhl draußen nieder. Mein Kopf drehte sich und ich konnte nicht verhindern das sich eine einzelne Träne den Weg über meine Wange bahnte. Ich war schuld an allem!

Zur Beruhigung ging ich kurze Zeit später beim Haupteingang raus um eine Zigarette zu rauchen. Ich hatte die Augen geschlossen und den Kopf gegen eine Wand gelehnt. 'Ich war schuld!' durchzuckte es meine Gedanken wieder. ICH BIN SCHULD!

Kurz bevor ich wieder hinein gehen wollte, schritt ein junger Mann energisch auf mich zu. Er war etwas kleiner als ich, hatte braunes Haar und trug einen blauen Anzug. Er kam gerade wegs auf mich zu und bevor ich überhaupt reagieren konnte, hatte ich schon seine Faust in meinem Gesicht. Ich taumelte schmerzerfüllt zurück. Der junge Mann setzte noch einen nach, direkt in die Rippen. Luftschnappend fiel ich zu Boden. Bevor er ein nächstes mal auf mich einschlagen konnte, hatten ihn bereits zwei Pfleger ergriffen und hielten ihn fest. Ich rappelte mich umständlich auf "Was willst du man?" schrie ich ihn verwirrt an. Er schüttelte die Pfleger ab und strich sein Jackett zurecht. "Wegen dir liegt Selina hier oder nicht?! Du hättest sie in Schutz nehmen sollen, aber nein lieber lässt du sie für dich einen Streit schlichten. Du bist erbärmlich!" Mit einem angewiderten Blick lief der junge Mann an mir vorbei.
Woher wusste er davon? Und wer war er überhaupt? Bevor ich mir weiter darüber Gedanken machen konnte, lief auch schon der erste Paparazzi auf mich zu "Herr Haber stimmt es das ihre Geliebte hier im Krankenhaus liegt? Haben Sie das mit Vivianne also schon verarbeitet? Was wollte der junge Mann von Ihnen?" Ohne einen Kommentar klopfte ich den Dreck von meiner Kleidung. "Haben Sie diese Frau Krankenhausreif geschlagen?" Ich versuchte ohne ihn zu beachten zurück ins Krankenhaus zu laufen, doch bei dieser Frage blieb ich wie angewurzelt stehen. 'Ja ich bin schuld!' schrie es in mir. Den Reporter blinzelte ich böse an. Er musste aufpassen, sonst würde ich ihn gleich Krankenhausreif schlagen.
Die zwei Pfleger die mir zuvor schon zur Hilfe geeilt waren, hielten den Paparazzi davon ab, mir weiter ins Krankenhaus zu folgen. Automatisch ging ich wieder zurück zu Selinas Zimmer. Doch bereits von weitem sah ich den jungen Mann von vorher mit einer Schwester diskutieren. "Sie können jetzt nicht zu ihr, fertig!" beendete die Schwester das hitzige Gespräch und wante sich ab. Erschöpft setzte er sich auf die Sitzreihe neben Selina's Tür. Er stand ihr wohl doch näher als ich dachte. Auch wenn ich Gefahr lief nochmal einen Schlag verpasst zu bekommen, setzte ich mich neben ihn. Eingehend musterte ich ihn. Er war ungefähr so alt wie Selina und an seinem Akzent hatte ich erkannt das er nicht von hier war. Sein Anzug war eindeutig teuer gewesen, also arbeitete er wahrscheinlich bei einer der Banken in Helsinki oder so ähnlich. Er hatte sein Gesicht in seine Hände gestützt und saß gebückt nach vorne. "Es tut mir leid!" flüsterte ich leise. Er hob sein Gesicht und sah mich an. Jedoch konnte ich seinem verachtendem Blick nicht standhalten und starrte gerade aus vor mich hin. "Entschuldigen Sie sich nicht bei mir, Selina ist die, die da drinnen liegt." sagte er und lehnte seinen Kopf zurück an die Wand.
Eine Zeit lang herrschte eine unerträgliche Stille zwischen uns, bis er in einem scharfen Ton herauspresste "Wie ist es passiert?" Ich war verblüfft darüber, ich dachte er wusste alles. Ungeduldig stellte er seine Frage erneut "Wie ist es passiert? Stimmt es das Selina Sie beschützen musste?" Empört schaute ich auf "Nein! Wer behauptet sowas?" "Die Medien. Haben Sie keine Nachrichten geschaut?" fragte er spöttisch. Ich stotterte etwas von wegen ich sei nur hier gewesen, habe mein Handy aus. "Heute morgen ist eine Sonderausgabe der Gloria erschienen. Darin wird berichtet wie Sie mit einer jungen Dame turtelnd nach einem Konzert in Tampere erwischt wurden. Danach wird ein Sanitäter zitiert, der berichtet das Sie sich für den Freund einer jungen Frau ausgeben haben, die in Ihrem Tourbus angeblich gestolpert sei und nun schwer verletzt auf der Intensivstation liegen würde. Weiter wird auch berichtet das die junge Frau für Sie einen Streit schlichten musste und deshalb stürzte. Es war auch ein Bild zu sehen wie Sie blutverschmiert vor einem Krankenwagen stehen. Zudem wird wild spekuliert ob die nächsten Konzerte überhaupt stattfinden." berichtete mir der junge Mann. "Scheiße, verdammt!" entfuhr es mir geschockt. "Das könnte Sie laut sagen." meinte mein Nebensitzer mit sarkastischem Unterton. Sofort zog ich mein Handy heraus und schaltete es ein. Hundert verpasste Anrufe von Mikko, Sami oder Riku, zudem SMS von Raul und Osmo. Ich rief zuerst Mikko zurück. Bevor ich überhaupt etwas sagen konnte, schrie er mich übers Handy an. Ich schaltete meinen Kopf ab, seine Predigen konnte ich mir gerade wirklich nicht anhören. Als es still wurde wartete ich einen Moment und fragte dann "Fertig?" Am anderen Ende hörte ich ein verächtliches schnauben, jedoch fragte Mikko wenigstens wie es Selina ging. Ich erzählte ihm was die letzten Tage passiert war und was die Ärzte gesagt hatten. Er hörte geduldig zu und fragte auch immer wieder wie es mir ging. Bevor er auflegte meinte er abschließend "Samu es tut mir furchtbar leid was passiert ist, aber du kannst nichts dafür. Und wir und du haben eine Verpflichtung gegenüber den Fans, ganz unabhängig von der Strafe die wir zahlen müssten wenn wir jetzt eins der Konzerte absagen würden. Wir fliegen morgen nach Deutschland, ob es dir passt oder nicht." Daraufhin wurde es still und Mikko legte auf. Ich hatte garnicht bemerkt das ich in der Zwischenzeit aufgesprungen war und im Gang auf und ab lief. Der junge Mann musterte mich von oben bis unten. "Lieben Sie Selina?" fragte er unverblümt und ich war etwas verwirrt durch den Themenwechsel und seine direkte Art. "Ich weiß nicht ob es Liebe ist" sagte ich wahrheitsgemäß "Allerdings würde ich alles für Selina tun. Mein Herz schlägt Purzelbäume wenn sie lacht und wenn sie meine Hand nimmt, möchte ich sie nie wieder loslassen." Der junge Mann atmete zweimal tief ein und aus und meinte dann, ohne auf meine Antwort einzugehen "Ich fahre Sie nach Hause, dort packen sie Ihre Sachen und bereiten sich für Ihre Reise vor. Danach schlafen Sie richtig aus um morgen früh fit zu sein wenn ich Sie abhole und zum Flughafen bringe. In Deutschland werden Sie die besten Shows für Ihre Fans geben, denn genau SO hätte Selina es gewollt." bevor ich überhaupt etwas erwidern konnte, stand er auf und lief los. Perplex über seine Ansprache tapste ich ihm hinterher.

Am nächsten Tag verließ ich Finnland mit einem mulmigen Gefühl. Tom, so hieß der junge Mann, hatte mir zwar versprochen sich um Selina zu kümmern in der Zeit in der ich nicht da war, trotzdem fühlte ich mich schuldig Selina gerade jetzt alleine zu lassen.
Trotzdem schlief ich kurze Zeit im Flieger ein und wachte erst wieder auf als der Pilot den Flieger hoppelnd auf der Landebahn zum stehen brachte.

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