Es war mittlerweile Februar und noch immer eisig kalt, doch das störte ihn momentan nicht. Düster drein blickend stand er vor den Toren des Schlosses und wartete. Liora war spät dran, doch das war nicht der einzige Grund hier draußen bereits auf sie zu warten.
In den Wochen nach Weihnachten hatte sie sich gut entwickelt. Ihr Stundenplan war optimiert und sie verwendete sehr viel Zeit darauf zu lernen oder ihm im Labor zur Hand zu gehen. Gerade was Zaubertränke anging, hatte sie noch viel zu lernen und er gab sich alle Mühe ihr den Stoff den sie für die UTZ-Prüfungen benötigte so schnell wie möglich beizubringen. Sie lernte schnell und ausdauernd. Würde sie dieses Tempo noch eine Weile durchhalten, sah er gute Chancen für sie. Noch dazu hatten sie endlich einen guten Draht zueinander gefunden. Im Nachhinein empfand er es als unangemessen, dass er sich an Weihnachten so hatte gehen lassen, doch in diesem Moment hatte er nicht anders können. Liora hatte an diesem Abend wie eine kleine Weihnachtselfe ausgesehen und er war hingerissen gewesen, auch wenn er sich jegliche Gefühle in diese Richtung verbot.
Er war auch hingerissen gewesen von ihrer Wandlung zu treuen Schülerin und er hatte ihr sein Vertrauen geschenkt. Sie hatte ihre Botengänge bis jetzt auch immer zu seiner vollsten Zufriedenheit erledigt und er konnte sich nicht beklagen, was ihre schulischen Leistungen angingen. Sie gab ihm wirklich kaum Grund zur Kritik, was diese Bereiche ihres Lebens anging. Was ihm allerdings Sorgen bereitete waren die Dinge, die sie in der Zeit tat in der er sie hier auf Hogwarts nicht beaufsichtigte. Erst war es nur eine Vermutung gewesen, doch nun hatte sich sein Verdacht bestätigt und ihn aufhorchen lassen. Liora brachte ihn, Snape, und auch sich selbst in unnötige Gefahr, weil sie sich nicht an seine Verbote hielt. Am liebsten hätte er sie sofort erwürgt, als er die alarmierende Nachricht erhalten hatte. Beim Frühstück hatte ihm die Eule eine Rolle Pergament überbracht, die ihm die Laune für den restlichen Tag ordentlich verdorben hatte. Er hatte bis jetzt keine Gelegenheit gehabt sie zur Seite zu nehmen, doch nun, da der Unterricht beendet und Lioras Auftrag erledigt war, würde er sie zur Rede stellen. Schon in wenigen Minuten, würde sie sich wünschen nicht nach Hogwarts zurückgekehrt zu sein.
Liora kam gerade mit eiligen Schritten den Weg zum Schloss hoch. Als sie ihn entdeckte zog sie die Kapuze vom Kopf und lächelte. Ihre Fröhlichkeit wirkte so fehl am Platz, dass Snape die Mundwinkel nach unten zog. Dieses verlogene Miststück! Es lief so gut und sie machte es mit ihrer Sturheit kaputt. Seit Weihnachten hielt sie sich wieder vorbildlich an die Kleidungsregel und auch heute trug sie ihr Haar wieder ordentlich zu einem Knoten geschlungen. Er konnte erkennen, dass sie die kleine silberne Blume im Haar stecken hatte, die er ihr an Weihnachten geschenkt hatte. Ja, die Rolle des braven Lehrlings spielte sie perfekt. Snape schluckte und musste einmal tief durchatmen, als er sich an den Abend erinnerte.
Weihnachten war anstrengend gewesen. Erst das Feedback, dass es nicht leicht werden würde Liora offiziell als Lehrling zu melden, dann die zwei Tage, die er bei den Malfoys verbracht hatte. Es hatte ihm so gereicht. So gerne er Lucius und seine Sippe hatte, sie waren immerhin die einzige Familie, die er noch hatte, das Getue rund um Weihnachten machte ihn wahnsinnig. Etikette und überzogener Luxus. Damit konnte er nichts anfangen, denn bei der Familie Malfoy gab es kein 'Fest der Liebe', sondern nur ein 'Fest das allen zeigen soll, wie reich wir sind'. Zu seiner Schande hatte er sich in diesen Tagen nichts sehnlicher gewünscht, als nach Hogwarts zurück zu kehren und dort in aller Ruhe mit Liora an den Tränken weiter zu arbeiten. Die Ruhe hatte ihm mehr als alles andere gefehlt, und ein wenig auch das Gefühl sie neben sich am Kessel stehen zu wissen.
„Nanu? Holst du mich ab sofort immer hier ab? Dann erwarte ich aber beim nächsten Mal einen roten Teppich!", fragte sie vorwitzig, als sie endlich bei ihm ankam und die kalte Luft tief einatmete. Er war nicht in der Stimmung sich ihrer guten Laune anzuschließen. „Ich wollte nur sicher gehen, dass du auf direktem Weg ins Büro kommst. Wir müssen uns unterhalten. Folge mir.", sagte er nur und wandte sich ohne eine weitere Erklärung von ihr ab, um wieder ins Schloss zu eilen. Liora folgte ihm gut gelaunt und summte sogar leise vor sich hin, während beide die auch für sie mittlerweile vertrauten Gänge zu seinem Büro entlang schritten. Ja, noch ahnte sie nicht, dass er alles andere als gut auf sie zu sprechen war und nachdem er ein paar ernste Worte mit ihr gewechselt haben würde, hätte sich das mit ihrem Lächeln auch erledigt. Es war fast schon schade, denn genau dieses entzückende Lächeln und die von der Kälte geröteten Wangen waren es, die ihm so an ihr gefielen.
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Seelenfänger
FantasyVoldemort glaubt nicht an Liebe und Selbstlosigkeit. Eine Tatsache, die Severus Snape nutzt um ein Leben zu retten. Eine Wette wird abgeschlossen und Severus steht vor einer schweren Aufgabe. Eine Aufgabe mit rotem Haar, blauen Augen und einem anstr...