Trennungsschmerz II

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Seine Augen wirkten dunkel, als sich seine Lippen wieder näherten und seine Hände sich unter ihren Umhang schoben. Sanft glitten sie über den Stoff des Kleides, über ihre Taille und hinterließen ein Kribbeln, das Liora leise stöhnen ließ. Sie hatte die Hände auf seine Brust gelegt, brachte es jedoch nicht über sich ihn wieder weg zu stoßen. „Siehst du ...", fühlte Harry sich von ihrem Stöhnen bestätigt und noch bevor sie protestieren konnte, verschloss er ihre Lippen wieder mit seinen. Sie ließ es zu ... mehr noch ... diesmal erwiderte sie seinen Kuss tatsächlich und Harry ließ es sich nicht nehmen dieses kleine Zugeständnis ebenfalls mit einem genießerischen Stöhnen zu kommentieren. Ob sie nur so überrumpelt war, oder tatsächlich irgendwas in ihrem Gehirn genau das hier wollte, konnte sie nicht sagen. Alles was sie wusste war, dass es tatsächlich gar nicht so übel war, seit langem mal wieder geküsst zu werden. Sie gab ihre Gegenwehr vorläufig auf und ließ es einfach geschehen. Was war schon dabei? Es war nicht verboten

Sie würden sich nicht mehr sehen nach diesem Abend, niemand beobachtete sie und wenn sie etwas Glück hatte, konnte Harry sich am nächsten Morgen sowieso nicht erinnern. Warum also nicht für einen kurzen Moment einfach nur die Nähe eines anderen Menschen spüren? Warum nicht einfach selbst für einen kurzen Moment ein verletzlicher Mensch mit Bedürfnissen sein? Sie ließ ihn machen. Genoss das Gefühl begehrt zu werden und seine Lippen, die mit ihren spielten. Ungestüm und viel zu hektisch, als ob er Angst hätte etwas zu verpassen oder nicht sein Bestes zu geben. Fast fühlte sie sich wie ein Teenager beim ersten Date. War er wirklich so nervös? Harry drängte sich näher an sie und Liora keuchte erschrocken. Er war nicht nervös! Er war erregt! Wenn das, was sie da an ihrem Bein spürte echt war, dann waren es nicht nur ein paar Küsse, die er heute Nacht von ihr wollte.

Das durfte sie nicht zulassen. Was das anging sollte er sich keine Hoffnung machen, denn das Letzte, das sie empfand war Lust. Sie wandte den Kopf zur Seite und unterbrach den Kuss so abrupt, dass Harry irritiert aussah. „Was ist?", wollte er atemlos wissen und sie schüttelte unwillig den Kopf. „Ich kann das nicht. Das hier geht in eine Richtung, die mir nicht gefällt. Bitte lass mich los. Ich werde jetzt gehen.", erklärte sie knapp und als Harry tatsächlich einen Schritt zurückwich, nutzte sie die Gelegenheit um ihm zu entwischen.

„Aber ... Was hab ich falsch gemacht?! Sag mir, was ich getan habe, dass du plötzlich wieder ausweichst!", forderte er empört und ging, um nach der Flasche mit dem Rest Feuerwhiskey zu greifen. Liora sah zu, wie er sie in einem Zug leerte und dann so achtlos zur Seite stellte, dass sie umfiel und klirrend über den Steinboden rollte. „Du hast nichts falsch gemacht. Nicht bewusst. Wir sollten das hier nur einfach nicht tun und deswegen werde ich jetzt verschwinden.", erklärte Liora möglichst sachlich und er fluchte leise. Der Frust über ihre erneute Ablehnung schien ihn langsam wütend zu machen. Sie sah wie wütend das Gesicht verzog.

„So ein Unsinn! Es gibt keinen Vernünftigen Grund für dich jetzt abzuhauen! Du bist feige, das ist alles!" Harry kam wieder auf sie zu, wobei er kurz wankte, als er vor ihr stehen blieb und sobald er sich wieder gefangen hatte, zog er sie in seine Arme. „Verstehst du denn nicht, was ich dir zu sagen versuche? Ich will dich! Jetzt! Für immer!", flüsterte er noch immer atemlos und versuchte wieder sie zu küssen, doch Liora wich konsequent aus. Sie musste ihm einen Grund liefern ihr nicht mehr so nahe zu kommen und sie hoffte, dass ihr zukünftiger Posten ihr dabei helfen konnte. „Ich kann nicht! Wirklich nicht! Harry, ich darf dir nicht so nah kommen! Es ist verboten. Ich werde zum nächsten Schuljahr eine Stelle als Lehrling an dieser Schule antreten und bin damit deine Lehrerin. Es wäre unschicklich, mich jetzt auf dieses kleine Abenteuer einzulassen.", verriet sie und Harrys Griff um sie lockerte sich sofort. Allerdings hatte es wohl nichts damit zu tun, dass er schockiert war. Es war viel mehr Verwirrung, die sich in seiner Miene abzeichnete. Er sah sie mit offenem Mund an und brauchte einen Moment um diese Information zu verdauen. „Welches Spezialgebiet, hast du dir ausgesucht?", fragte er dann überraschend analytisch und wich ihrem mitfühlenden Blick aus. „Zaubertränke.", antwortete sie sofort und konnte spüren, wie seine Finger sich kurz in den Stoff ihres Umhanges krallten. Das war die Information, die er erwartet hatte und dennoch kochten die Emotionen wieder hoch.

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